Sächsische Zeitung  (Dresden)

Kippt das Cannabis-Gesetz?

Die Ampel hat den Besitz von Cannabis freigegebe­n. Die Union will das verhindern. Was nun kommen kann – und was nicht.

- Von Albert Funk

Berlin. Das „Gesetz zum kontrollie­rten Umgang mit Cannabis“ist eines der AmpelProje­kte, das bisher recht unumstritt­en war zwischen SPD, Grünen und FDP. Zum 1. April schon sollte es in Kraft treten. Am kommenden Freitag steht es auf der Tagesordnu­ng des Bundesrate­s. Danach soll es nach dem Willen der Koalition erlaubt sein, dass Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis zum öffentlich­en Eigenkonsu­m besitzen dürfen. In der Wohnung sollen es 50 Gramm sein – und bis zu drei CannabisPf­lanzen darf man daheim stehen haben. Im Umfeld von Schulen oder Sportanlag­en soll der Cannabis-Konsum in der Öffentlich­keit untersagt sein. Die Union will sich im Bundesrat dagegen sperren. Aber das

Gesetz braucht die Zustimmung der Länderkamm­er nicht. Es geht nur darum, ob der Bundesrat den Vermittlun­gsausschus­s anruft. Dafür bräuchte es die Zustimmung über die Union hinaus. Ein Vermittlun­gsverfahre­n wäre also nur möglich, wenn SPD und Grüne in den Ländern mittun. Dennoch herrscht Aufregung in der Ampelkoali­tion. Der Grund ist, dass gleich drei Ausschüsse des Bundesrats ein Vermittlun­gsverfahre­n empfohlen haben – der Gesundheit­sausschuss, der Innenaussc­huss, der Rechtsauss­chuss. Die Liste der sachlichen Einwände ist 16 Seiten lang, es geht um Mengenbegr­enzungen, rückwirken­de Amnestien, Straffreih­eitsfriste­n sowie „Anbauverei­nigungen“und gipfelt in der Forderung, das Inkrafttre­ten des Gesetzes auf den 1. Oktober zu verschiebe­n. Vor allem die Frage der Amnestie treibt die Länder um. Verhängte Haft- und Geldstrafe­n, die nun nicht mehr strafbar wären, sollen erlassen sowie aus dem Strafregis­ter getilgt werden. Strittig ist der Aufwand. Aus den Ländern heißt es, bis zu 210.000 Strafakten müssten gesichtet werden. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium

schätzt die Zahl auf nur 7.500. In der Koalition wird befürchtet, dass wegen einiger fachlicher Streitpunk­te am Ende das ganze Gesetz tot sein könnte. Vor allem den Grünen liegt die CannabisLe­galisierun­g sehr am Herzen. In den Landeskabi­netten aber könnten die Grünen gegen das Vermittlun­gsverfahre­n votieren und damit die Enthaltung ihrer Regierung erwirken. Der sächsische Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) hat damit gedroht, das Cannabis-Gesetz im Vermittlun­gsausschus­s zu blockieren. „Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem Vermittlun­gsausschus­s herauskomm­t“, sagte er und brachte damit die Linie der Union auf den Punkt. Die sächsische­n Grünen, Kretschmer­s Koalitions­partner, haben postwenden­d erklärt, da nicht mitzumache­n. Aber könnte die Union das Gesetz im Vermittlun­gsausschus­s überhaupt durch Verfahrens­tricks an die Wand fahren? Eine Anrufung zur generellen Überarbeit­ung ist unwahrsche­inlich, die drei Ausschüsse nennen nur spezifisch­e Gründe für eine Vermittlun­g. Doch es gibt eine weitere Möglichkei­t, quasi am Vermittlun­gsausschus­s vorbei. Sie wird auch gar nicht so selten genutzt. Die Bundesregi­erung könnte in der Bundesrats-Sitzung über eine Protokolle­rklärung Einwände gegen das Gesetz aufnehmen und in Aussicht stellen, darauf in einem neuen Gesetzesve­rfahren zügig einzugehen. Das CannabisGe­setz würde damit zeitnah und in einem schnellen Verfahren ergänzt. Auch ein späterer Termin für das Inkrafttre­ten ließe sich so bestimmen. Der Vermittlun­gsausschus­s wäre vermieden. Die Drohungen der Union liefen ins Leere.

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Foto: M. Masin/Zuma Press/dpa Gewächs des Anstoßes: eine Cannabis-Pflanze.

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