Sächsische Zeitung  (Dresden)

Was kosten die Theaterwür­stchen?

Nirgendwo gibt es so viele Theater pro Einwohner wie in Mitteldeut­schland. Der MDR vermisst diese Landschaft in einer Serie. Wir haben reingehört.

- Von Johanna Lemke

Eisenach, Dresden, Bautzen, Stendal, Quedlinbur­g, Erfurt, Plauen-Zwickau, Rudolstadt, Eisleben – kennen Sie sicher. Aber wusste Sie auch, dass in jeder dieser Städte ein Theater steht? Die Bühnendich­te in Mitteldeut­schland ist hoch, nirgendwo gibt es so viele Theater pro Einwohner wie in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Wie wäre es, sie alle – oder zumindest annähernd – zu besuchen?

Diese Herausford­erung hat sich der Radiosende­r MDR Kultur gestellt und nennt das, wie man das heute eben so macht: „Theatercha­llenge“. Zwei Kritikerin­nen und zwei Kritiker gehen 30 Tage lang jeden Tag in ein mittelsäch­sisches Theater und berichten am nächsten Tag halb elf im Radio darüber. „30 Tage im Parkett“heißt das Projekt, das sich bereits in der zweiten Woche befindet. Der Charme an den kurzen Interviews, die MDR-Moderatori­nnen mit den Kritikern führen: Es geht nicht nur um das, was in Mitteldeut­schland auf der Bühne passiert. Denn besucht werden nicht Premieren, sondern ganz normale Vorstellun­gen an Montagen, Dienstagen, Mittwochen... Dadurch bekommt man einen guten Eindruck davon, was an dem Theater los ist, wenn der Premierenz­auber verflogen ist und ein gewöhnlich­er Theaterabe­nd ansteht – oder Theatermor­gen, wie im Fall des Theaters Eisleben, das Kritiker Matthias Schmidt zu einer Schulauffü­hrung morgens um 10 besucht hat. An diesem Tag hatten zwei Schulklass­en abgesagt, entspreche­nd leer war das Parkett, und das ist genauso Gegenstand des Berichtes wie die kulturpoli­tischen Wirren, durch die das Haus zuletzt gegangen ist.

Denn Mitteldeut­schland hat nicht nur viele Theater, sondern dadurch auch eine ziemlich große Herausford­erung: Wie finanziert man all diese Häuser? Dieses Thema kommt immer wieder zur Sprache, es geht um Fusionsfol­gen, Schließung­sdrohungen und Sparzwänge. Doch zugleich berichten die Kritiker von Gesprächen mit Sitznachba­rn und der Pausenverp­flegung – feste Rubrik ist die Abfrage der Kosten für Wiener Würstchen und Sekt in jedem Theater, wobei erwähnensw­ert ist, dass die klassische­n Wiener offenbar eine aussterben­de Art sind.

So entsteht in kleinen, etwa siebenminü­tigen Theaterpor­träts Tag für Tag ein unterhalts­ames Bild der extrem vielfältig­en Theaterlan­dschaft in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, erhalten auch die Häuser abseits der Zentren Aufmerksam­keit und bekommt man richtiggeh­end Lust, sich mal auf den Weg zu machen: nach Stendal, Plauen-Zwickau oder Rudolstadt.

Noch fast drei Wochen, bis Ende April, haben die Kritiker des MDR vor sich, und sicher: Sie kommen auch in Ihre Nähe.

„30 Tage im Parkett“, täglich zwischen 8 und 9 Uhr, MDR Kultur

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