So reagieren die Dresdner auf den Test am Blauen Wunder
Stürzt der Radweg über das Blaue Wunder Dresden ins Verkehrschaos oder sind die Wege längst überfällig?
Seit Montag setzt ein Verkehrsversuch einen vor 23 Jahren beschlossenen Plan um – und führt zum ersten Mal Radwege über das Blaue Wunder. Damit sie am Schillerplatz nicht abrupt enden, fällt dort eine von drei Fahrspuren weg. Seither bestimmt der Streit über Sinn und Unsinn der Maßnahme die Diskussionen auch in den Sozialen Medien. Negativer Höhepunkt bisher war eine Morddrohung gegen den verantwortlichen Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Ein Überblick zur Lage:
So ist die Verkehrslage: Weiter Staus am Blauen Wunder
Vor allem am ersten Tag des Verkehrsversuches war es teilweise chaotisch vor Ort. Der Stau auf der Grundstraße reichte an diesem Morgen bis hoch zur Steglichstraße. Um diesen Stau zu umgehen, wichen Radfahrer verbotenerweise am Ende des Radweges auf den Gehweg aus. Die Busse der DVB steckten bis zu 50 Minuten fest.
In den Folgetagen entspannte sich die Lage vor Ort zumindest etwas. Die auch im Schülerverkehr wichtigen Busse standen am Dienstag maximal 25, am Folgetag etwa 20 Minuten in der Spitze im Stau. Mit dem Abebben des Berufsverkehrs entspannte sich die Lage weiter. Allerdings sind die Zahlen noch immer hoch.
Zwei Petitionen fordern Abbruch des Tests
Gleich zwei neue Petitionen sind auf der Homepage der Landeshauptstadt lesbar. Die Unterzeichner fordern den unverzüglichen Stopp des eigentlich bis Mitte Juni geplanten Verkehrsversuchs.
Über 3.900 Mal wurde mittlerweile die erste eingestellte Forderung „Unverzügliche Aufhebung der künstlichen Verkehrsbehinderung am Blauen Wunder“mitgezeichnet. Kritisiert wird der Verkehrsstau und die Abgasbelastung vor Ort. Die Verbesserung für den Radverkehr rechtfertige den Verkehrseingriff aus Sicht der Petenten nicht. Eine zweite Petition hat der Vorsitzende der CDU im Schönfelder Hochland, Felix Stübner, eingereicht. Die von bisher etwa 740 Personen mitgetragene Petition fordert OB Hilbert ebenfalls zum Abbruch des Verkehrsversuches auf; ebenfalls wegen des Staus. Diese seien die Folge „einer ideologiegesteuerten Stadtpolitik“, sagt Stübner.
Steht so ein Abbruch des Verkehrsversuchs zur Debatte?
Obwohl sich OB Dirk Hilbert (FDP) auf keine Zahl festlegen wollte, gelten durch die Staus ausgelöste Wartezeiten von über zehn Minuten als ein möglicher Abbruchgrund für den Versuch. Intern wollen Planer im Rathaus den Versuch aber keinesfalls nach wenigen Tagen abbrechen. Zwei Wochen gelten als Minimum dafür, um einigermaßen tragbare Daten zu erfassen.
Dennoch will die Stadt am Freitag eine erste Analyse vorlegen. Frühestens am Dienstag der Folgewoche soll das Thema dann in der Dienstberatung von OB Hilbert mit seinen Bürgermeistern zum Thema gemacht werden. Eine erste Verkehrszählung liegt vom ADFC vor. Die Rad-Lobbyisten haben am Donnerstagmorgen über 700 Radfahrer gezählt, die zwischen 6.45 und 8.45 Uhr das historische Brückenbauwerk passiert haben. Das entspricht fast einer Verdoppelung des Radverkehrs im Vergleich zu den Vorjahren.
Das kritisieren SZ-Leser am Verkehrsversuch
„Hier wird der Autofahrer provoziert für eine Verkehrswende“, ärgert sich eine Frau auf Facebook. Kata Leen nennt sich dort eine andere. Sie schreibt: „Heute stundenlang gestanden, um auf Arbeit und zurückzukommen. Euer Test kostet wertvolle Lebenszeit.“Ein Blick in die Kommentarspalten zeigt es ganz deutlich: Auf Facebook sind vor allem Gegner der Radspuren aktiv. Vielen Leserinnen und Lesern geht es um den Stau: Sie wollen selber nicht warten, wenn sie mit dem Auto unterwegs sind. Einige führen den Gedanken aber weiter – vor allem in Form von Leserbriefen.
So fragt sich beispielsweise Dietmar Lucas, ob „bei Staus die Durchfahrt von Feuerwehr, Rettungs- und Krankenwagen gewährleistet“ist. Er sehe zudem eine hohe Unfallgefahr an der Stelle, an der Autofahrende die Radspur kreuzen müssen. Einige Gegner nennen auch die Umweltbelastung als Grund gegen den Versuch. Durch die entstehenden Staus, schreibt beispielsweise Dietmar Glos in einem Leserbrief, „steigt die Abgasbelastung erheblich“.
Andere Verkehrsteilnehmer sind vor allem unsicher. „Als Radfahrer stand ich eben auf der Fahrradspur, die dann nur geradeaus weitergeht, neben einer Schlange von Autofahrern links neben mir“, kritisiert Thomas Wallstein. „Ich hatte keinerlei Chance mehr, mich dort zum Linksabbiegen einzuordnen.“
Das gefällt Befürwortern an der Idee des Verkehrstests
Von denjenigen, die dem Verkehrsversuch gegenüber positiv eingestellt sind, plädieren viele dafür, dem Ganzen erst einmal eine Chance zu geben. „Es ist gut, dass die Versuche stattfinden“, schreibt etwa Wolfgang Fröb auf Facebook. So könne eine fundierte Lösung kommen. „Ein realistisches Ergebnis bekommt man nur mit einem realen Versuch“, heißt es in einem anderen Kommentar. Und Felix Be spricht sich gegen eine Vorverurteilung aus. Andere erinnern daran, dass es auch vor dem Start des Verkehrsversuchs bereits Staus gegeben habe, so zum Beispiel Jerome Monroe auf Facebook. Wieder anderen geht es um Situationen, in denen Fußgänger und Radfahrer sich bisher in die Quere gekommen sind – oder Radfahrer und Autofahrer. Durch die Radstreifen „kommen sich Radfahrer und Fußgänger nicht mehr nahe“, schreibt Ingo Wobst.
„Endlich gibt es eine Markierung, die für mehr Verkehrssicherheit sorgt“, schreibt „jfilous“auf Instagram. Eine Person, die auf Facebook Ann Jen heißt, schreibt, dass aus ihrer Sicht Radfahrer im fließenden Verkehr „unglaublich häufig geschnitten, viel zu eng überholt, beim Abbiegen übersehen, beschimpft“werden. Zum Schutz der Radfahrenden sei der Verkehrsversuch sinnvoll. Dazu passt auch der Leserbrief von Tobias Piotrowski. „Unverhältnismäßig ist die selbstverständliche Raumnahme des Kraftverkehrs“, schreibt er. „Es ist engstirnig, rückwärtsgewandt und zukunftsverbauend, nur Autoverkehr als Lösung zu sehen.“
Generell sind die Kommentatoren auf Instagram positiver eingestellt als die auf Facebook. So schreibt etwa „felix.lca“: „Wäre doch viel einfacher, sich auch mal aufs Rad oder in den Bus zu setzen.“