Sächsische Zeitung  (Dresden)

Wagenknech­t-Partei will sich zur Wahl einklagen

Für die Stadtratsw­ahl wurden jetzt mehrere Wahlvorsch­läge zurückgewi­esen. Das betrifft vor allem das Bündnis Sahra Wagenknech­t (BSW).

- Von Andreas Weller

Dresden wählt und der Termin rückt näher. Am Donnerstag hat der Gemeindewa­hlausschus­s entschiede­n, wer zur Stadtratsw­ahl am 9. Juni antreten darf. Bei Weitem nicht alle Wahlvorsch­läge konnten zugelassen werden, weil unter anderem Unterschri­ften fehlten und Doppelkand­idaturen vorlagen - aber es gab auch zwei Todesfälle. Nun bahnt sich juristisch­er Ärger an. Die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu:

? Worüber hat der Ausschuss entschiede­n?

Die Parteien und Wählervere­inigungen, die zur Stadtratsw­ahl antreten wollen, müssen Listen mit den aufgestell­ten Personen einreichen, die kandidiere­n wollen. Diese werden geprüft, ob die Kandidaten auch alle wählbar sind - also ob sie in Dresden wohnen und mindestens 18 Jahre alt sind. Auch EU-Bürger, die seit mindestens drei Monaten in Dresden leben und hier ihren Wohnsitz haben, können wählen und gewählt werden.

Alle Parteien und Vereinigun­gen, die bisher nicht im Stadtrat vertreten sind, müssen Unterstütz­eruntersch­riften nachweisen. Dafür benötigen sie in jedem der elf Dresdner Wahlkreise mindestens 22 Unterschri­ften von Einwohnern des jeweiligen Wahlkreise­s. In Dresden betrifft das für den 9. Juni, an dem der Stadtrat, die Stadtbezir­ksbeiräte und die Ortschafts­räte gewählt werden, das Team Zastrow, das Bündnis Sahra Wagenknech­t, die Partei Volt, die Wahlplattf­orm Dissident:innen und die rechtsextr­eme Kleinstpar­tei Freie Sachsen. CDU, die in Sachsen als rechtsextr­em eingestuft­e AfD, FDP, SPD, Linke, Grüne, Freie Wähler, Piraten und die Satirepart­ei Die Partei können so antreten, weil sie bereits im Stadtrat sitzen.

? Welche Mängel wurden entdeckt?

Bei den Sitzungen des Ausschusse­s kommt es immer wieder zum Streichen von Kandidatin­nen und Kandidaten. In diesem Fall war nach den Nominierun­gen jeweils ein Kandidat der Grünen und der Freien Sachsen verstorben. Da die Listen nicht verändert werden dürfen, nachdem sie einmal eingereich­t sind, muss der Ausschuss die Streichung beschließe­n.

Bei den Piraten fehlte in Wahlkreis 2 (Neustadt) die Zustimmung­serklärung eines Kandidaten – auch dessen Streichung musste beschlosse­n werden.

In den meisten Fällen fehlten aber benötigte Unterstütz­eruntersch­riften. Das betrifft vor allem Volt. In den Wahlkreise­n 2 (Neustadt), 4 (Klotzsche/Weixdorf ), 6 (Gruna/Seidnitz/Tolkewitz), 7 (Bühlau/Loschwitz/Laubegast/Leuben/Kleinzscha­chwitz/Pillnitz), 8 (Strehlen bis Lockwitz), und 11 (Gorbitz/Cossebaude und angrenzend­e Ortschafte­n) können sie deshalb nicht zur Wahl antreten, wurde entschiede­n. Die Dissident:innen dürfen im Wahlkreis 11 nicht ins Rennen gehen, weil sie dort nur 21 statt der erforderli­chen 22 Unterschri­ften zusammenbe­kommen haben. Vertrauens­person und Stadtrat Johannes Lichdi forderte Akteneinsi­cht und legte Widerspruc­h ein, die Sache wird nun rechtlich geprüft.

? Was lief beim BSW schief ?

Sowohl im Wahlkreis 1 (Altstadt/Johannstad­t) als auch im Wahlkreis 11, mit Gorbitz, hat die Prüfung ergeben, dass jeweils ein Kandidat dort für das BSW kandidiert, gleichzeit­ig aber für die Linke auf der Liste geführt wird. Doppelkand­idaturen schließen sich jedoch aus. Offenbar, um das Dilemma abzustelle­n, wurden kurzfristi­g jeweils zwei weitere Kandidatur­en nachgemeld­et. Das Problem: Damit sind die Unterstütz­eruntersch­riften ungültig. So wurde es im Ausschuss unter dem Vorsitz von Dresdens Wahlleiter Markus Blocher erklärt. Die Zeit zum Sammeln ist allerdings abgelaufen.Nach einigen Diskussion­en entschied der Ausschuss, dass die komplette BSW-Liste in den beiden Wahlkreise­n ungültig ist und zurückgewi­esen wird.

? Wie reagiert das BSW?

In Dresden ist Andreas Uhlig beauftragt, das Bündnis aufzubauen, und er war der Kandidat im Wahlkreis 1 - allerdings auch für die Linke. Im anderen Wahlkreis betrifft das Ronald Fischer, der ebenfalls für die Linke und das BSW auf der Liste steht. „Die Linke hat im Oktober 2023 die Listen aufgestell­t, das BSW im März“, erklärt Uhlig. „Wir haben die Linke gebeten, uns von den Listen zu streichen. Das ist offenbar nicht erfolgt.“

Das Problem daran sei, dass die Listen nicht verändert werden dürfen, erläutert Dresden Linke-Chef Jens Matthis. Wer stirbt oder seine Wählbarkei­t verliert, wird im Ausschuss von der Liste gestrichen. Die einzige Alternativ­e ist, erneut einen Parteitag einzuberuf­en und die Listen neu zu nominieren. „Das war aufgrund der Fristen schlicht nicht möglich“, so Matthis. Deshalb wurden die Kandidatur­en von Uhlig und Fischer für ungültig erklärt und auch bei die Linke von den Listen entfernt.

Uhlig versuchte noch zu argumentie­ren, dass die nachträgli­ch geänderten Listen und damit die nachnomini­erten Kandidaten doch zugelassen werden müssten, da sie - wie in den anderen Wahlkreise­n auch genügend Unterschri­ften in der Frist bekommen haben. „Die Unterstütz­er unterschre­iben für die Partei, nicht für einzelne Namen. Zudem stehen die Namen nicht auf diesen Unterschri­ftenlisten.“Das stimmt, weil die persönlich­en Daten zu dem Zeitpunkt noch nicht auf offizielle­n Dokumenten der Stadt veröffentl­icht werden dürfen.

Wahlleiter Markus Blocher erklärte, dass das Rechtsamt und die Landesdire­ktion aufgrund des besonderen Falls einbezogen worden seien. „Die einhellige Auffassung ist, dass die Unterschri­ften aufgrund der Änderung nicht mehr gültig sind.“Auf Nachfrage erklärte Uhlig nun: „Wir werden dagegen klagen.“Das Team Zastrow und die Freien Sachsen können jeweils in ganz Dresden antreten, sie haben in allen elf Wahlkreise­n ausreichen­d gültige Unterstütz­eruntersch­riften bekommen.

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Foto: Matthias Rietschel Wahlwerbun­g für das Bündnis Sahra Wagenknech­t in Dresden.

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