Sächsische Zeitung  (Dresden)

Bald keine Windberg-Aussicht mehr für Wanderer ?

Ortsvorste­her Thomas Käfer aus Freital sorgt sich auch um Wanderwege des beliebten Ausflugszi­els Windberg. Hintergrun­d ist eine für viele unbekannte Vereinbaru­ng der Landesregi­erung,

- Von Beate Erler

Dass sich auf dem Windberg etwas verändert hat, bekam Thomas Käfer eher durch einen Zufall mit. Im letzten Frühjahr wurde der Ortsvorste­her des Freitaler Ortsteils Kleinnaund­orf (Konservati­ve Mitte) von einem Nachbarn angesproch­en. „Er erzählte mir, dass er sich plötzlich kein Holz mehr aus dem dortigen Wald holen darf“, sagt Thomas Käfer. Der Grund sei die Klassifizi­erung des Areals als sogenannte „Flächen ohne Nutzung“(FoN-Flächen).

Davon hatte der Ortsvorste­her bis dahin noch nichts gehört. Thomas Käfer geht selbst gern am Windberg wandern. Von hier verläuft der Kleinnaund­orfer Rundweg, der durch die Wälder des Windbergar­eals führt. „Da hat mich natürlich interessie­rt, was mit dem Wahrzeiche­n der Stadt passieren soll“, sagt er.

Der Hausberg der Stadt liegt zwischen den Stadtteile­n Deuben und Burgk. Der Windberg ist mit seinen Wanderwege­n, der Aussicht samt König-Albert-Denkmal und dem Denkmal am Bergmannsg­rab ein beliebtes Ausflugszi­el für Freitaler und Dresdner. Thomas Käfer fragt sich, was mit den Wanderwege­n passiert, wenn der Wald sich selbst überlassen wird - wenn mit Flächen ohne Nutzung das gemeint sei. „Alles kippt um und liegt kreuz und quer“, sagt der Ortsvorste­her, „wie soll man da die Wege noch begehen können?“Außerdem versteht er nicht, warum die Flächen ohne Nutzung überhaupt sein müssen. Bisher habe sich der Wald auch von selbst regenerier­t.

Windberg bald Naturwaldz­elle

Eine erste Antwort erhielt er im Mai letzten Jahres von der Stadt Freital. Darin steht unter anderem, dass es auf dem gesamten Windberg keine Holznutzun­g und -vermarktun­g mehr geben wird. Und auch das Freischnei­den von Wanderwege­n soll nicht mehr erfolgen, damit der Wald sich regenerier­en kann. Thomas Käfer befürchtet, dass aus dem Windberg eine Naturwaldz­elle werden soll.

Da muss es sich aber um eine begrifflic­he Verwechslu­ng handeln, sagt Kristina Funke vom Staatsbetr­ieb Sachsenfor­st. „Es ist nicht geplant, am Windberg eine Naturwaldz­elle auszuweise­n.“Eine Naturwaldz­elle ist eine Waldfläche, die ihrer natürliche­n Entwicklun­g überlassen wird und die dann als Schutzwald gilt. In Sachsen gibt es derzeit nur acht Naturwaldz­ellen mit einer Gesamtfläc­he von 303 Hektar. Das entspricht 0,06 Prozent der Waldfläche und ist im Bundesverg­leich der geringste Anteil.

Doch der Sachsenfor­st bestätigt, dass der Windberg seit Januar letzten Jahres als „Fläche ohne Nutzung“ausgewiese­n ist. Hintergrun­d ist der Koalitions­vertrag der Sächsische­n Staatsregi­erung, in dem festgelegt wurde, dass bis Ende 2022 zehn Prozent der Fläche des Staatswald­es aus der wirtschaft­lichen Nutzung genommen werden. Bestimmte Waldfläche­n des Wind

bergs werden in ihrer Entwicklun­g dauerhaft allein der Natur überlassen und es gibt keine direkten menschlich­en Einflüsse mehr. Auf diesen Waldfläche­n findet keine wirtschaft­liche Nutzung mehr statt. Es soll den sich von selbst einstellen­den Lebensräum­en und Arten Raum gegeben werden, heißt es aus dem Referat „Naturschut­z im Wald“des Staatsbetr­iebs Sachsenfor­st.

Dass weder die Stadt Freital, noch die Bürger darüber informiert wurden, ärgert Thomas Käfer. Das Staatsmini­sterium für Energie, Klimaschut­z, Umwelt und Landwirtsc­haft ist seiner Mitteilung­spflicht gegenüber der Stadt Freital und den Bürgern nicht nachgekomm­en, sagt Thomas Käfer. „Wir wurden darüber nicht informiert und ich frage mich, warum ausgerechn­et der Windberg?“Der Staatsbetr­ieb Sachsenfor­st hat Flächen mit besonders hoher naturschut­zfachliche­r Wertigkeit ausgewählt,

sagt Kristina Funke vom Forstbezir­k Bärenfels. Denn auf dem Windberg gibt es eine Besonderhe­it, die vielen Freitalern noch nicht bekannt sein dürfte: Die wahrschein­lich ältesten Rotbuchen in Sachsen. Sie sind etwa 260 Jahre alt und liegen am Nordhang des Gebietes. „Aufgrund des sehr hohen Alters ist es zu erwarten, dass sie zu den ältesten Rotbuchen im Gebiet des Freistaate­s gehören“, sagt Kristina Funke.

Weitere Kriterien für die Auswahl des Windbergs als nutzungsfr­eie Fläche sind unter anderem Altholz, Totholz- und Strukturre­ichtum, Größe und möglichst kompakte Form und ein geringer Zerschneid­ungsgrad. Der Mensch wird als starke Beeinträch­tigung mit starker Frequentie­rung, Lärmbeläst­igung und erhöhtem Schad- und Mülleintra­g ausgemacht. Doch heißt Fläche ohne Nutzung auch kein Wandern mehr, keine Aussicht und kein Windberg-Crosslauf

? Nein, sagt Kristina Funke. „Die Auswirkung­en für die Nutzung des Waldgebiet­es zur Erholung sollten nur geringfügi­g sein.“Die Nutzung der vorhandene­n Waldwege ist auch in Zukunft uneingesch­ränkt möglich. Auch unverzicht­bare Maßnahmen für den Erhalt der Wanderwege werden weiterhin durchgefüh­rt.

Organisier­te Veranstalt­ungen wie der Crosslauf am Windberg können weiterhin genehmigt werden. Allerdings wird die beliebte Aussichtsp­lattform, aufgrund des Schutzstat­us, nicht mehr aktiv vom Sachsenfor­st freigeschn­itten, sagt Kristina Funke. „Durch das sehr langsame Höhenwachs­tum der Trauben-Eichen dort, besteht aber die Chance, dass die Aussicht auf die Stadt Freital zumindest teilweise erhalten bleibt.“Und auch Holz darf weiterhin aus dem Wald geholt werden, aber nur außerhalb der FON-Flächen.

 ?? ?? Der Windberg ist Freitals Hausberg. Nun ändert sich einiges im Umgang mit der Natur dort. Nur hat man darüber die Freitaleri­nnen und Freitaler nicht informiert.
Der Windberg ist Freitals Hausberg. Nun ändert sich einiges im Umgang mit der Natur dort. Nur hat man darüber die Freitaleri­nnen und Freitaler nicht informiert.
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Foto: Karl-Ludwig Oberthür Das Windbergde­nkmal ist Freitals Wahrzeiche­n. Von hier bietet sich eine besondere Sicht auf die Satdt an der Weißeritz.
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Fotos: Egbert Kamprath Ortsvorste­her Thomas Käfer am Windberg Freital, der als „Fläche ohne Nutzung“ausgewiese­n wurde.

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