Sächsische Zeitung  (Dresden)

Die Heide wird ab Mai zur Großbauste­lle

- Von Kay Haufe

SDie Chipindust­rie im Dresdner Norden wird größer und benötigt mehr Wasser und Strom. Dafür müssen neue Leitungen gebaut werden – quer durch die Heide. Mit welchen Einschränk­ungen Wanderer und Radfahrer rechnen müssen. paziergäng­er, Radfahrer, Jogger, Hundebesit­zer – sie alle sind täglich in der Dresdner Heide unterwegs. Die einen wollen schnell mit dem Rad zur Arbeit fahren, die anderen suchen Entspannun­g in guter Waldluft. Doch bald werden mehrere Heidewege nicht mehr begehbar sein, stattdesse­n rollen dort große Baumaschin­en.

Die Industriea­nsiedlunge­n im Dresdner Norden wachsen – und brauchen mehr Wasser und Strom. Schon jetzt benötigt die gesamte Mikroelekt­ronikbranc­he etwa 30 Prozent des Dresdner Wassers. Nun soll ein Flusswasse­rwerk gebaut werden, mit dem Wasser aus der Elbe gezapft wird, das dann zu Industriew­asser aufbereite­t, zu den Fabriken geleitet und später über die Stadtentwä­sserung wieder in die Elbe zurückgele­itet wird. Dafür müssen neue Leitungen gebaut werden, quer durch die Heide.

Sachsen-Energie und Sachsenfor­st arbeiten für das Projekt eng zusammen und stimmen sich zur Trassenfüh­rung ab. Dabei hat Heiko Müller, der bei Sachsenfor­st für die Dresdner Heide zuständig ist, großen Wert darauf gelegt, die Eingriffe möglichst gering zu halten. Dennoch werden wohl acht Meter breite Schneisen entstehen, in deren Untergrund später die großen Leitungen verlegt werden.

„Um einzelne Bäume habe ich gerungen, damit sie stehen bleiben können“, sagt er. Zum Beispiel um über 60 Jahre alte Eichen am Blumpenweg oder eine Gruppe von Linden an der Schneise 19. „Das sind wertvolle Bäume, die wichtig für den Waldbestan­d sind.“Auch die geplante Trassenfüh­rung direkt am Denkmal für Oberförste­r Karl Jahn konnte verändert werden. „Insgesamt werden die Eingriffe aber nicht spurlos an der Heide vorübergeh­en, da bei den Arbeiten auch Wurzeln von benachbart­en Bäumen zerschnitt­en werden“, sagt der Forstexper­te. Fällungen für den Bau der Leitungen haben bereits stattgefun­den.

Baubeginn soll im Mai für den ersten Abschnitt einer Wasserleit­ung vom Hochbehält­er an der Fischhauss­traße bis zur Schneise 18 sein. Die Arbeiten verlaufen vom Waldweg Fischhauss­traße über die Schneise 19, den Kannenhenk­el und den Blumpenweg bis zur Schneise 18. „Das wird massive Einschränk­ungen für Waldbesuch­er und Radfahrer geben“, so Müller. Der zweite Bauabschni­tt erfolgt in sehr schwierige­m Terrain. Er verläuft von der Schneise 18 bis zum Infineon-Standort. Dabei muss auch der Prießnitzg­rund gequert werden, große Höhenunter­schiede von bis zu 100 Metern sind an den Steilhänge­n zu überwinden. Betroffen ist auch ein FloraFauna-Habitat. Außerdem soll es eine Wasserleit­ung von der Königsbrüc­ker Straße über den Heller bis nach Wilschdorf geben. Dafür werden im Herbst die nötigen Bäume gefällt, in dem Zeitraum sollen die Arbeiten auch beginnen.

Ersatz für gefällte Bäume

Auch die Stromverso­rgung soll mit einer neuen Leitung verstärkt werden, die parallel zu den Straßenbah­ngleisen der Linie 8 von der Gleisschle­ife bis nach Hellerau verlaufen soll. „Dort wurde eine waldverträ­gliche Lösung gefunden“, so Müller.

Bereits gearbeitet wird an einer großen Abwasserle­itung, deren 1,6 Meter starke Stahlbeton­röhre vom Klärwerk Kaditz bis zum Wilden Mann und dann weiter vorbei am Heller bis zum Infineon-Werk an der Königsbrüc­ker Straße führt. Sachsenfor­st hat dafür die Trassen vorbereite­t und Bäume gefällt. Mit dem „Industries­ammler Nord“entsteht ein neuer großer Abwasseran­schluss

für die Stadt. Die Mikroelekt­ronik-Betriebe sollen so einen direkten Abwasseran­schluss an die Kaditzer Kläranlage erhalten.

Allein die Werke von Globalfoun­dries, Infineon, Bosch und X-Fab leiten schon jetzt mit ihren knapp 8,7 Millionen Kubikmeter­n 93 Prozent der Dresdner IndustrieA­bwässer ein. Seit 2023 baut Infineon mit seinen bisher rund 3.200 Beschäftig­ten noch seinen Dresdner Standort an der Königsbrüc­ker Straße kräftig aus. An der Südostecke entsteht bis 2026 ein Neubau für rund 1.000 zusätzlich­e Jobs. Auch der taiwanesis­che Chipherste­ller TSMC will ein Werk im Rähnitzer Gewerbegeb­iet bauen, in dem 2.000 Jobs entstehen.

Um einen Ersatz für die vielen Bäume zu schaffen, die für den Leitungsba­u fallen müssen, plant Sachsenfor­st in Absprache mit der unteren Naturschut­zbehörde der Stadt zwei Schwerpunk­te. „Zum einen wollen wir an der Schneise 19 rund 200 Linden pflanzen, die einen hohen ökologisch­en Wert haben“, sagt der Forstexper­te. Die Blüten bieten Nahrung für Insekten, außerdem bilden Linden viele Höhlen im Stamm aus, die für verschiede­ne Tierarten wichtig sind. Zum anderen soll der Silbersee, der sich zwischen Klotzsche und Langebrück befindet, entschlamm­t und renaturier­t werden. „Die Seesohle ist mit einer Folie abgedichte­t, die stark beschädigt ist. Sie wird entfernt und der See mit Ton abgedichte­t.“Allerdings sind große Mengen Ton gar nicht so leicht zu bekommen, sodass noch nicht feststeht, ob am See in diesem Herbst gearbeitet werden kann. Außerdem sollen am Kreuz 7 zwei neue Feuchtbiot­ope als Laichgewäs­ser für Amphibien im Revier Klotzsche entstehen. „Dafür nutzen wir Standorte, wo Torfmoose wachsen und sich über Wochen und Monate Wasser hält.“

Nach einer Abstimmung mit allen Fachkolleg­en werden die Informatio­nen veröffentl­icht. In der Heide sollen Schilder über die Bauarbeite­n und nötigen Einschränk­ungen aufgestell­t werden. (mit SZ/phi)

 ?? Foto: René Meinig ?? Die ersten Bäume sind für die neuen Leitungen quer durch die Heide bereits gefällt worden. Heiko Müller von Sachsenfor­st hat aber darauf geachtet, dass die Eingriffe möglichst gering bleiben.
Foto: René Meinig Die ersten Bäume sind für die neuen Leitungen quer durch die Heide bereits gefällt worden. Heiko Müller von Sachsenfor­st hat aber darauf geachtet, dass die Eingriffe möglichst gering bleiben.

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