Ein Systemwechsel ist unnötig
Welche Aufgaben der Staat erledigt und welche privaten Unternehmen vorbehalten bleiben, hängt von politischen Entscheidungen ab, die außerdem historisch begründet sind. Den Bau von Schienen- und Straßennetzen organisieren hierzulande überwiegend die Verwaltungen oder Unternehmen der öffentlichen Hand. Bei Wasser-, Gas-, Strom- und Telekommunikationsleitungen sind dagegen viele Privatfirmen zuständig, allerdings unter einer engen staatlichen Regulierung.
In anderen Staaten kann die Verteilung anders aussehen. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile.
Allerdings existieren fragwürdige Mythen, etwa die angebliche Alltagsweisheit, dass die Privaten schneller, effizienter und billiger bauen würden als der Staat. Gegenbeispiele dafür nämlich gibt es genug. Angesichts der aktuellen Debatte über privates Kapital für öffentliche Infrastruktur sollte man sich dessen stets bewusst sein.
Private Investitionen können, sie müssen aber in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll sein. Ein Zwang für einen Systemwechsel von öffentlicher zu privater Infrastrukturfinanzierung besteht nicht. Lieber sollten die eingeübten Verfahren intelligenter ausgestaltet werden. Die bundeseigene Autobahngesellschaft oder die Deutsche-Bahn-Tochter InfraGo ließen sich so aufstellen, dass sie die Netze vernünftig betreiben, sanieren, ausbauen und auch finanzieren können. Dazu gehört, dass sie sich im betriebswirtschaftlich tragfähigen Rahmen verschulden dürfen. So würde der finanzielle Spielraum des Staates erweitert, ohne die im Grundgesetz festgelegte Schuldenbremse zu verletzen – ein Weg aus der Infrastruktur-Misere. Ob diese Richtung jedoch eingeschlagen wird, ist ebenfalls von politischem Willen abhängig.