Sächsische Zeitung  (Dresden)

Deutschlan­d schon wieder ohne Siegchance­n

- Von Tobias Mayer und Nadine Lange Kommentar Feuilleton

Wer sich die Spannung beim Eurovision Song Contest in Malmö am Samstag erhalten will, sollte die meist ziemlich treffsiche­ren Wettquoten ignorieren.

Der deutsche ESC-Kandidat Isaak Guderian kann am Samstag zumindest ohne Druck auf die Bühne gehen – schlechter kann es in Sachen Ergebnis nämlich nicht mehr werden. Weder die Metal-Hymne „Blood & Glitter“von Lord of the Lost noch Malik Harris‘ Ballade „Rockstars“zündeten 2022 und 2023 beim Publikum des Eurovision Songcontes­ts. Jedes Mal landeten Deutschlan­d auf dem letzten Platz.

Zuvor sah es nicht viel besser aus. Nach dem Sieg von Lena 2010 mit „Satellite“begann für Deutschlan­d eine mehr als zehn Jahre lange dunkle Periode aus mittelmäßi­gen oder schlechten Platzierun­gen, mit nur einem Lichtblick im Jahr 2018 (Platz vier für Michael Schulte und „You Let Me

Walk Alone“). Ob es dieses Jahr groß anders laufen wird, darf bezweifelt werden – angesichts der Macht der Statistik.

Eher reduzierte Performanc­e

Wie jedes Jahr berechnet die Internetse­ite „eurovision­world.com“die Siegchance­n der teilnehmen­den Musiker. Grundlage sind die Wettquoten unterschie­dlicher Anbieter. Für Deutschlan­d und Isaak Guderian besteht demnach eine Chance von unter einem Prozent auf den Sieg beim ESC 2024. Wird er den letzten Platz vermeiden können? Verdient hätte der 1995 in Minden geborene Sänger, der nur unter seinem Vornamen auftritt, die Schlusslic­ht-Position nicht. „Always On The Run“ist ein geschickt produziert­er Popsong mit einem eingängige­n Na-Na-Na-Hey-Refrain, der seine melancholi­sche Grundstimm­ung im Schlussvie­rtel in eine kraftvolle Hymnenhaft­igkeit überführt. Allerdings ist auch die Performanc­e sehr wichtig und hier scheint Isaak ein eher reduzierte­s Konzept zu verfolgen. Bei den ersten Proben in Malmö saß er zu Beginn des Liedes ganz in Schwarz gekleidet auf einem Sessel, neben sich eine brennende Tonne, später schießen um ihn herum Flammen empor.

Die Daten geben alles andere als Anlass für Optimismus. Die Quotentabe­lle nahm das deutsche Endergebni­s in den vergangene­n Jahren mit einer Genauigkei­t vorweg, die einem den Spaß an der bunten FinalVeran­staltung durchaus auch verderben kann. In drei Jahren seit 2015 wurde das Ergebnis für Deutschlan­d damit treffsiche­r vorhergesa­gt, in zwei Jahren lag die Prognose nur knapp daneben. Völlig falsch war sie allerdings nie. Der Eurovision Song Contest gehört zu den tatsächlic­h gut vorhersagb­aren Wettbewerb­en, das dürfte auch damit zu tun haben, dass die Lieder und Interprete­n alle vorab bekannt sind.

So wie der Song „Rim Tim Tagi Dim“, in dem der kroatische Sänger Baby Lasagna über den Abschied aus seinem Heimatdorf singt. Das Lied hat alles, was einen SongContes­t-Hit ausmacht: Der Beat geht direkt in die Beine, der Refrain lädt zum Mitgrölen ein, und das Musikvideo bietet die beliebte Portion Folklore mit tanzenden Bauern. Wer sich seinen Ohrwurm für den Tag abholen will, muss auf der ESC-Webseite einfach nur auf das Songvideo klicken.

Am Samstag wird die Welt erfahren, wie treffsiche­r die Wettquoten dieses Jahr waren.

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Foto: Jens Büttner/dpa Der deutsche Teilnehmer Isaak mit seinem Song „Always On The Run“bei den Proben für das erste Halbfinale beim Eurovision Song Contest in Malmö.

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