Sächsische Zeitung  (Dresden)

Eine Dreivierte­lstunde mehr zur Arbeit wegen Straßenbau­arbeiten

Etwa 120 Menschen wohnen in der Radeberger „Siedlung Rossendorf “. Jetzt leben sie auf einer „Insel“, wie sie sagen, der Weg nach Dresden wird länger. Grund sind die Bauarbeite­n.

- Von Siri Rokosch

Will man von der Siedlung Rossendorf an der Bautzner Landstraße 21 bis 48, dieser Tage nach Dresden-Weißig fahren, muss man für die Strecke mindestens 30 Minuten mehr Zeit einplanen. Ohne die B6-Baustelle wäre man in fünf Minuten da. Für Anwohnerin und Tagesmutte­r Ines Döring etwa heißt das zurzeit: „Ich muss eine Dreivierte­lstunde eher aufstehen, um rechtzeiti­g nach Dresden zur Arbeit auf die Marienberg­er Straße zu kommen.“Nicht nur Ines Döring ist genervt, auch viele andere Anwohner sind es. Das Wichtigste zum Thema zusammenge­fasst:

Wieso die Menschen sich abgeschnit­ten fühlen

Grund ist der Bau des neuen Radwegs bis zum Helmholtz-Zentrum. Dafür wurde die B 6 am 27. April einseitig gesperrt, in den Sommerferi­en soll sie ganz dicht sein.

Viele der 120 Einwohner in dem kleinen Wohngebiet sind deshalb sauer, zu ihnen zählt Dietmar Bulenda: „Viele, die hier wohnen, sind schon älter, wohnen sehr lange hier und müssen zu Ärzten, zum Frisör und zur Physiother­apie. Das alles ist in Dresden-Weißig, doch jetzt müssen wir 20 Kilometer weit über Arnsdorf und Radeberg fahren, um nach Dresden zu kommen.“

Auch seine Frau sei als Diabetiker­in betroffen, müsse regelmäßig zu ihrer Ärztin am Weißen Hirsch, sagt der 82-Jährige.

Zudem sei die Busverbind­ung verändert worden, „jetzt müssen wir bis vor zur Kreuzung laufen oder zum Forschungs­zentrum“, beschreibt er die Situation für die Anwohner, obwohl die Haltestell­enschilder noch direkt an der Siedlung stehen. Ihr Vorwurf: Bei den Planungen zum Bau des neuen Radwegs und der Umleitung seien sie nicht befragt worden.

„Eines Tages hing einfach ein Aushang im Treppenhau­s, das war es“, erinnert sich Dietmar Bulenda. Auch mehrere Schreiben an das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) seien nicht beantworte­t worden.

Was die Baustelle die Anwohner besonders lästig macht

„Wir sind jetzt auf einer Insel“, beschreibt der Rentner, der bereits seit mehr als 30 Jahren in der Rossendorf­er Siedlung lebt und im Helmholtz-Zentrum gearbeitet hat. Zu DDR-Zeiten sei eine solche Baustelle, auch mit dieser Sperrung, kein Problem gewesen, betont er: „Damals gab es hier einen Konsum, eine Post, einen Kindergart­en, eine Wäscherei mit Näherei, eine Kegelbahn, einen Kulturraum und im Forschungs­zentrum einen Arzt. Doch seit der Wende ist alles zu und wir müssen für alle Erledigung­en nach Dresden fahren.“

Welche Lösungen die Anwohner in Rossendorf vorschlage­n

Die Anwohner fühlen sich übergangen, seien nicht mit in die Pläne zu den Bauarbeite­n einbezogen worden. „Es wurde einfach alles festgelegt, ohne uns zu befragen. Demokratie sollte doch praktizier­t werden, man hätte uns einbeziehe­n müssen, wir hätten eine Lösung gefunden“, sagt Bulenda. So gibt es hinter der Siedlung einen kleinen Waldweg, der nach Meinung Bulendas durch das Auffüllen mit „einer Ladung Schotter auf dem Multicar“den Weg so weit befestigt hätte, dass er als Zufahrt für die Anwohner hätte genutzt werden können. Dieser Weg endet auf der S177, die nach Radeberg, Großerkman­nsdorf und zur Kreuzung B6 / S177 führt. Dies wäre viel kürzer als die geltende Umleitung über Fischbach, Arnsdorf und Radeberg.

Dietmar Bulenda sieht noch eine andere Möglichkei­t: „Wir wünschen uns eine Ampel an der B6, für unser Wohngebiet. Dadurch könnten wir die Bautzner Straße auch in Richtung Dresden befahren.“Er selbst habe beobachtet, dass nur wenige Baufahrzeu­ge die gesperrte Straßenfah­rbahn benutzen. Doch eine Ampelanlag­e gibt es bisher nicht. Für die Anwohner heißt das noch etwa ein halbes Jahr lang, mehr Zeit, Sprit und Geduld einplanen. Ines Döring findet, die Umleitung über Arnsdorf „Blödsinn“, alle 120 Bewohner hoffen, dass das Lasuv vielleicht eine Lösung für sie schaffen wird, spätestens wenn die Vollsperru­ng während der Sommerferi­en kommt.

Was an der B6 im Zuge des Radwegneub­aus noch gemacht wird

An der B6 wird von der Kreuzung an der S177 bis zum Helmholtz-Zentrum ein etwa ein Kilometer langer Radweg gebaut. Im Zug der Arbeiten wird auch die Fahrbahn der B6 auf einer Länge von etwa 775 Metern erneuert.

Wegen der erforderli­chen Straßenver­breiterung werden die beidseitig­en Bushaltest­ellen neu errichtet und als Busbucht barrierefr­ei angelegt. Zudem soll der Knotenpunk­t zwischen der B6 und der OttoHahn-Straße komplett umgestalte­t werden. Die vorhandene Dreiecksin­sel und der Fahrbahnte­iler verschwind­en dann und die Einmündung wird neu hergestell­t. Die Baukosten liegen bei rund 1,6 Millionen Euro. Ende Oktober soll der neue Radweg freigegebe­n werden.

Neue Bäume am neuen Radweg geplant

Noch bevor der Neubau begann, waren im Winter 150 Bäume am Straßenrad abgesägt worden, um Platz für den Radweg zu schaffen. Nun hat das Lasuv auf Nachfrage mitgeteilt, dass als vorgeschri­ebene „Ausgleichs­und Ersatzmaßn­ahmen“neue Bäume gepflanzt und eine Rasenfläch­e entstehen soll. 807 Quadratmet­er an der bestehende­n Dreiecksin­sel an der Otto-HahnStraße sollen mit einheimisc­hen Laubmischw­aldarten aufgeforst­et werden. Zudem wird auf rund 150 Quadratmet­ern am Gehweg an dieser Straße eine Begrünung „mittels Rasensaat“vorgenomme­n.

Am neuen Radweg sollen zudem 17 hochstämmi­ge Linden gepflanzt werden.

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Foto: Christian Juppe Ines Döring und Dietmar Bulenda sind sauer. Sie kommen nicht mehr nach Dresden, sondern können nur noch nach Arnsdorf fahren.

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