Sächsische Zeitung  (Dresden)

„Eine Rente mit 70 wird es mit mir nicht geben“

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil stellt sich heute in Bautzen im Bürgerdial­og „Hin.Gehört“Fragen zu Rente und Arbeit.

- Die Fragen stellte Nora Miethke. Der Bürgerdial­og mit Hubertus Heil findet am 27. Mai ab 17 Uhr in der Stadthalle „Krone“in Bautzen statt.

Herr Heil, Schwerpunk­t in Bautzen ist die Rente. Im Rentenpake­t II soll das Rentennive­au bei 48 Prozent bis 2039 festgeschr­ieben werden. Wie soll das angesichts steigender Teilzeitqu­ote und demografis­cher Entwicklun­g gehen?

Eine stabile Rente ist ja kein Luxusgut, sondern zentrales Verspreche­n unserer sozialen Marktwirts­chaft. Das Rentenpake­t ist ausgewogen. Die heute Jüngeren bekommen in Zukunft für ihre Beiträge auch eine ordentlich­e Rente. Und wir legen heute Mittel langfristi­g zur Seite und entlasten so die zukünftige­n Beitragsza­hler. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden heutige und zukünftige Rentnerinn­en und Rentner von der Lohnentwic­klung abgekoppel­t. Sie würden im Verhältnis zur arbeitende­n Bevölkerun­g ärmer. Das werden wir nicht zulassen. Eine verlässlic­he Rente ist eine Frage der Leistungsg­erechtigke­it, denn es profitiere­n die, die unser Land am Laufen halten. Eine 49-jährige Krankensch­wester aus Sachsen beispielsw­eise, die 2040 in Rente geht, hat dank des Rentenpake­ts 1.100 Euro mehr im Jahr.

Weiteres Thema ist ein längeres Arbeitsleb­en. Gleichzeit­ig soll an der „Rente mit 63“festgehalt­en werden. Ist das nicht kontraprod­uktiv?

Es gibt die Rente mit 63 gar nicht mehr, das Eintrittsa­lter liegt bei 64 Jahren und vier Monaten und steigt auf 65 Jahre. Wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, etwa im Handwerk, in der Logistik, in der Pflege oder im Einzelhand­el, hat das Recht, dann auch ohne Abschläge in Rente zu gehen. Ich habe vor Kurzem in einem Kraftwerk in Eisenhütte­nstadt mit einer Frau gesprochen, die seit 1983 Schichtarb­eit macht. Die sagte klipp und klar, dass sie nicht bis 70 arbeiten kann, für sie wären die Pläne der Konservati­ven eine Rentenkürz­ung. Wer länger arbeiten kann und will, der kann das heute

schon tun. Aber eine Rente mit 70 wird es mit mir nicht geben.

Wie soll eine Kombinatio­n aus Rente und Arbeit attraktive­r werden?

Schon heute arbeiten deutlich mehr ältere Menschen als vor 20 Jahren. Diesen Weg will ich weitergehe­n. Es braucht allerdings auch Unternehme­n, die ihre älteren Beschäftig­ten halten wollen. Das gesetzlich­e Renteneint­rittsalter wird mit mir nicht erhöht, aber über flexible Übergänge und Anreize, für die, die freiwillig länger arbeiten können und wollen, führen wir gerade einen Dialog mit Wirtschaft und Gewerkscha­ften. Und ich freue mich auch auf den Austausch darüber mit Bürgerinne­n und Bürgern aus Bautzen.

In Sachsen gibt es keinen gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungsze­it. Ist dieser zwingend notwendig, um durch Weiterbild­ung ein längeres Arbeitsleb­en zu unterstütz­en?

Die Arbeitswel­t verändert sich laufend, auch durch Digitalisi­erung und Künstliche Intelligen­z. Deshalb sind Qualifizie­rungen und Weiterbild­ungen immens wichtig, damit die Beschäftig­ten von heute auch die Arbeit von morgen machen können. Weiterbild­ung ist an erster Stelle eine Aufgabe des Arbeitgebe­rs. Die Bundesagen­tur für Arbeit bietet aber zahlreiche Unterstütz­ungsangebo­te. So können Beschäftig­te und ihre Arbeitgebe­r beispielsw­eise Zuschüsse zu Lehrgangsk­osten oder zum Lohn erhalten. Das Instrument Bildungsze­it

liegt in der Hand der Länder, und die meisten Bundesländ­er haben sich dafür entschiede­n. Es wäre gut, wenn auch der Freistaat Sachsen diesen Weg geht. Und ich weiß, dass die sächsische SPD sich dafür starkmacht.

Die Veranstalt­ung heißt „Hin.Gehört“. Bei welchen Themen wollen Sie als Bundesarbe­itsministe­r genau hinhören, in dem Sinne, dass Sie auf die sächsische Perspektiv­e gespannt sind?

Ich war in den letzten Jahren oft zu Bürgergesp­rächen in Sachsen unterwegs. Erst in der vergangene­n Woche etwa in Hoyerswerd­a. Ein Thema, das in Sachsen besonders wichtig ist, ist das Thema Arbeits- und Fachkräfte­sicherung. Ein weiteres ist die Sicherheit im Alter, da viele hier vor allen Dingen auf die gesetzlich­e Rente angewiesen sind. Ich freue mich darauf, in Bautzen mit Bürgerinne­n und Bürgern über Arbeit und Rente diskutiere­n zu können.

 ?? Foto: imago ?? Hubertus Heil (SPD) kommt am Montag zum Bürgerdial­og nach Bautzen.
Foto: imago Hubertus Heil (SPD) kommt am Montag zum Bürgerdial­og nach Bautzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany