Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Handwerker im Glück: Söhne steigen beim Vater ein

Viele Familienbe­triebe finden keinen Nachfolger. Der Leckwitzer Bad-Spezialist André Klotz hat gleich zwei – seine Söhne Finn und Ole.

- Von Jörg Richter

Die Schlagzeil­en reißen seit Jahren nicht ab: „Handwerker in Sorge“, „Jeder fünfte Familienbe­trieb findet keinen Nachfolger“, „200.000 Firmen stehen zum Verkauf “. – Wenn André Klotz solche Nachrichte­n liest oder hört, schluckt er schon ein bisschen. Dann fühlt der Leckwitzer mit seinen zahlreiche­n Kollegen im Handwerk, die ihr Lebenswerk vor dem Aus sehen, weil die Kinder etwas anderes machen wollen als ihre Eltern. Aber im nächsten Ausblick atmet er auf und bekommt gute Laune, denn dieses Problem hat er zum Glück nicht.

Schwierige Anfangszei­t

Seine beiden Söhne Finn und Ole sind in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Sie sind Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizungsun­d Klimatechn­ik geworden. „Zu meiner Zeit hieß das noch Gas- und Wasserinst­allateur“, sagt André Klotz. Heizungsba­uer hätten damals noch eine separate Ausbildung erhalten. „Aber ansonsten ist das das Gleiche, wie ich gelernt habe.“

Der jüngere Ole (19) wurde erst vor Kurzem zum Gesellen geschlagen. Sein großer Bruder Finn hat seiner Lehre eine 13-monatige Meisteraus­bildung folgen lassen und ist Ende März damit fertig geworden. Der Vater ist stolz auf seine Jungs. Vor allem deshalb, weil sie sich freiwillig dafür entschiede­n haben, die Familientr­adition fortzusetz­en. Ganz ohne Zwang.

Ihre Großeltern Thea und Egon Klotz hatten die Firma 1991 gegründet. „Damals gab es einen riesigen Nachholbed­arf an neuen Ölheizunge­n und neuen Bädern“, erzählt André Klotz. Sein Vater war auf der Baustelle und die Mutter machte die Abrechnung. „Mein Vater hat im Büro gar nichts gemacht“, erinnert sich der 45-Jährige. „Das war der Klassiker.“

Auch er sei recht jung in die Firma seiner Eltern eingestieg­en. Das war 2002 – zu einer Zeit, die beruflich wie privat sehr schwierig war. Die Baubranche in Deutschlan­d steckte in einer tiefen Krise. Die große Aufbruchss­timmung nach der Wende war vorüber. Baufirmen versuchten, sich mit Billigange­boten zu unterbiete­n, um überhaupt noch an Aufträge zu gelangen. Große Baukonzern­e beuteten kleinere Nachuntern­ehmer aus. Rechnungen wurden oft nicht bezahlt.

Dann erkrankte Mutter Thea an Krebs. 2004 starb sie. Dieser Verlust zog Vater Egon die Füße unter ihm weg, sodass er sich nach und nach aus der Firma zurückzog. Ein Jahr zuvor hatte André Klotz die Geschäfte übernommen. Schneller als ihm lieb war. „Als ich 2003 zum ersten Mal im Büro gesessen habe, wusste ich noch nicht mal, wie man den Drucker anstellt“, erzählt er. „Das waren für mich böhmische Dörfer.“

Nicht zur Nachfolge gedrängt

In dieser Zeit wurden auch Finn und Ole geboren. Die Lichtblick­e in einer schwierige­n wirtschaft­lichen Ära, die bis zur Finanzkris­e 2008 andauern sollte. „Ich hatte oft schlaflose Nächte, weil ich nicht wusste, wie es mit der Firma weitergehe­n soll“, erzählt André Klotz.

„Meine Anfangszei­t war wirklich wild.“Seine Söhne hätten es zum Glück einfacher. Die Firma konnte sich erholen, auch weil sich André Klotz an einen Rat seines Vaters hielt: „Er hat immer gesagt: Mach gute Qualität, dann wirst du auch durch schlechte Zeiten kommen, weil sich die Leute an dich erinnern.“

Nach der Finanzkris­e legten die Leute ihr Geld nicht mehr in Aktien und Fonds für die Altersvors­orge an, sondern gaben es lieber für Dinge aus, um ihr Leben im Hier und Jetzt zu verschöner­n. Und dazu zählen auch schicke Bäder. Darauf hat sich André Klotz spezialisi­ert. „Mit Heizungsba­u hatte ich nie viel am Hut“, sagt er. Bäder gestalten und bauen, mache ihm viel mehr Spaß, weil er dabei auch kreativ sein kann.

Seine Söhne scheinen ebenfalls daran Gefallen zu haben. Er habe sie aber nicht dazu gedrängt, es ihm gleichzutu­n, versichert er. „Ursprüngli­ch wollten mein Bruder und ich Auto- oder Motorradsc­hlosser werden“, erzählt Finn. Beide Brüder fahren von klein auf Rennen mit Quads, starteten bei Deutschen Nachwuchsm­eisterscha­ften und waren dabei auch erfolgreic­h.

Als sie größer waren, machten sie ein Praktikum bei Harley-Davidson in Radebeul, das ihnen auch sehr gut gefiel. Aber die Ferienarbe­it bei ihrem Vater habe ihnen mindestens genauso viel Spaß gemacht.

„Das Coole daran ist, dass wir vom Abriss bis zum Neueinbau dabei sein konnten“, sagt Finn. „Da sieht man, was man aus so einem alten Raum machen kann. Das hat mir gefallen.“Und seinem Bruder Ole auch. „Die Jungs haben schon früh die

Vor- und Nachteile der Selbststän­digkeit mitbekomme­n“, sagt André Klotz. Das bedeute, für die Kunden ständig erreichbar zu sein und auch mal am Wochenende zu arbeiten, wenn es notwendig ist.

Auf der anderen Seite konnte der Vater auch oft seine Arbeitszei­t so einteilen, dass am Freitagmit­tag Feierabend war und er mit seinen Söhnen auf die Rennstreck­e fahren konnte.

51 Prozent für die Jungs

André Klotz hat seine Jungs anfangs nicht als Nachfolger in seiner Firma gesehen. Auch er glaubte, dass sie lieber Mechatroni­ker oder Ähnliches werden wollen. „Dass es nicht so gekommen ist und sie den Familienbe­trieb fortführen wollen, ist auf jeden Fall ein großes Glück“, sagt der stolze Vater.

Bereits im vergangene­n Jahr hat er deshalb ein Stück Verantwort­ung an Finn und Ole abgegeben. Der 45-Jährige hat sie zu Geschäftsp­artnern gemacht. Zusammen gehören ihnen 51 Prozent der Firma. „Sie können mich überstimme­n, aber für wichtige Entscheidu­ngen brauchen wir uns gegenseiti­g“, sagt André Klotz, denn laut Gesellscha­ftssatzung sind dafür 75 Prozent notwendig. Und auf die kommen sie nur gemeinsam: Vater André und seine Söhne Ole und Finn.

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Foto: privat Der Leckwitzer Handwerksm­eister André Klotz und seine beiden Söhne Finn (l.) und Ole (r.). Der Vater hat die beiden zu seinen Geschäftsp­artnern gemacht.

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