Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Stars als Festivalretter
Im Kulturpalast lösen sich bei einem Benefizkonzert für die Dresdner Jazztage Dutzende Künstler auf der Bühne ab. Und das Publikum ist gratis dabei.
Zuletzt hatte Kilian Forster meist schlechte Nachrichten zu verkünden. Der Intendant der Dresdner Jazztage zog nach dem 2023er Jahrgang des Festivals eine ernüchternde Bilanz, verwies trotz beachtlicher Publikumsresonanz auf hohe Finanzierungslücken. Die aus seiner Sicht zu geringe Förderung und eine 40-prozentige Kostensteigerung ließen ihn daher die Reißleine ziehen: Er strich das Festival für den Herbst dieses Jahres auf eine Mini-Variante zusammen. Doch jetzt zeigt er sich überaus euphorisch. „Wir sind völlig überwältigt von der Unterstützungsbereitschaft sehr vieler Künstler“, sagt er. „Um den Jazztagen zu helfen, treten sie alle am Dienstag bei einem Benefizkonzert im Dresdner Kulturpalast honorarfrei auf.“Und der besondere Clou fürs potenzielle Publikum: Man braucht zwar ein Ticket, doch das kostet exakt null Euro, dient allein zur Sitzplatzreservierung. Allerdings hoffen die Macher und Akteure, dass reichlich gespendet wird.
Denn auch das Angebot auf der Bühne ist ausgesprochen üppig. Neben Forster und seiner eigenen Band Klazz Brothers & Cuba Percussion sind der Vocal-ConcertChor Dresden und die Dresden Bigband zu erleben. Letztere breitet wiederum den jeweils passenden Klangteppich für Solisten wie Swing-Star Tom Gaebel, die weltweit gefeierte Barockmusik-Expertin Simone Kermes, für Rebekka Bakken, Dirk Zöllner, Maria Markesini und David Hermlin aus. Zudem mischen die Profi-Breakdancer der Saxonz sowie Alpin Drums, KontraPiano, Helena Forster, 2Hot, Michael Winkler und Peter Flache mit.
Kilian Forster: „Es ist eine absolute Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen. Aber das bekommen wir hin und bieten so an diesem Abend ein Programm, das so kurzweilig und abwechslungsreich ist, wie es auch die Jazztage bislang stets waren.“Dass auch diese wieder zu alter Größe zurückkehren werden, hofft Forster. Das Benefizkonzert soll einen ersten
Schritt dahin möglich machen. Toni Bartl, Chef des irrwitzigen Trommler-Quartetts Alpin Drums, kommt genau deshalb nach Dresden. „Weil Jazz eine überaus lebendige Musizierkunst ist, wir bei den Jazztagen immer wieder schöne, aufregende sowie interessante Erlebnisse hatten, wollen wir dieses einzigartige Projekt jetzt unbedingt unterstützen.“
Die griechische Sängerin und Pianistin Maria Markesini geht sogar noch weiter. Sie erklärt: „Die Jazztage sind mittlerweile ein Teil meines Lebens geworden, so oft wie ich hier aufgetreten bin. Ganz ehrlich: Ich kann mir Dresden einfach gar nicht ohne die Jazztage vorstellen.“Sie rechnet damit, dass das Konzert am Dienstag zu einer Party wird. Toni Bartl ergänzt mit Blick auf die für jeden eher knappe Auftrittszeit: „Es ist unsere Spezialität, in Kürze unsere ganze Vielfalt zu zeigen.“
Auch die mittlerweile in der Lausitz lebende Sopranistin Simone Kermes trat bereits bei den Jazztagen auf, im November als Solistin beim Crossover-Spektakel „Messias Superstar“, das Klassik, Pop und Jazz vereinte. „Ich fand es klasse, meinen musikalischen Horizont zu erweitern“, sagt Simone Kermes. Sie habe dabei selbst erlebt, dass Jazz Ausdruck von höchster musikalischer Freiheit wie Inspiration sei. „Und nein, ich habe kein Problem damit, jetzt selbst nur ein Stück zu singen. Das kenne ich etwa von der Aids-Gala in Berlin.“Da stehe sie auch immer nur für eine Nummer auf der Bühne. „Die muss dann aber im Moment perfekt sitzen. Das ist die Herausforderung, zugleich jedoch der besondere Kick.“
Sie schwärmt von der langen Tradition der Jazztage. „Sehr gute Qualität, super Künstler, familiäre Stimmung, große Herzen und Seelen, verrückte Leute und tiefe Momente der Musik auf allen Ebenen.“Dass es für das Festival eine Zukunft gibt, dafür will sie sich nun ebenso wie viele Kollegen engagieren. „Ich finde es wichtig, die Jazztage zu unterstützen, wo immer es geht. Damit es weitergeht – in Dresden, Sachsen und überall auf der Welt.“Für das Publikum macht sie noch eine spezielle Ansage auf Sächsisch: „Da kannste viellei ooch mal bläägn oder ofm Stuhl huppen vor Freide.“