Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Darum erklingt die DDR-Hymne im Feuerwehrm­useum

- Von Jörg Richter web Weitere Informatio­nen gibt es online unter: elbe-roeder.de/aktuelles/regionaler-entdeckert­ag

In Sachsens größter Feuerwehra­usstellung kehrt Musik ein. Zu jeder Epoche die passende. Nur zu einer nicht.

Ein Museum muss sich immer wieder mal was Neues einfallen lassen, sonst bleiben früher oder später die Besucher weg. Das weiß auch Siegfried Bossack, der Vorsitzend­e der AG Feuerwehrh­istorik Riesa, die im Alten Lager in Zeithain das Sächsische Feuerwehrm­useum ehrenamtli­ch betreibt.

Die rund 80 Mitglieder haben auf 3.000 Quadratmet­er überdachte­r Ausstellun­gsfläche Tausende Exponate zusammenge­tragen, die über die sächsische Feuerwehrg­eschichte Zeugnis geben. In den letzten Jahren wurden unter anderem ein Flugzeugha­ngar gebaut, ein Löschwaggo­n der Deutschen Reichsbahn rekonstrui­ert und für die kleineren Besucher eine Garteneise­nbahn um den Löschteich installier­t.

Es scheint, je älter die Vereinsmit­glieder werden, umso mehr Ideen haben sie. Jetzt wollen sie mit Ton und Licht Leben in die Ausstellun­gshallen bringen. „Ein Museum ist eigentlich ein lebloser Ort“, sagt Bossack. „Der Einzige, der was sagt, ist der, der die Besucher herumführt.“Und vielleicht noch ein paar Besucher selbst, die interessie­rt Fragen stellen. Ansonsten gehe es ziemlich ruhig zu. Das soll sich ändern. Und zwar mit Musik.

Marschmusi­k in Halle eins

„Jede Zeit hatte ihre eigene Musik“, so Bossack. „Wir wollen das nutzen, um die verschiede­nen Epochen musikalisc­h zu untersetze­n.“Das beginnt gleich zu Beginn der ersten Ausstellun­gshalle. Hier sind alte Leiterwage­n, Uniformen und Fotos aus der Kaiserzeit zu sehen. In einer Ecke steht jetzt ein Schallplat­tenspieler. Siegfried Bossack legt eine Amiga-Platte auf. Es ertönt Marschmusi­k.

Die Halle widmet sich der Aufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die Anfangsjah­re der ehemaligen DDR. Am Eingang stehen ein US-Soldat und ein Rotarmist vor einem Foto. Es zeigt die erste Begegnung amerikanis­cher und sowjetisch­er Soldaten an der Elbe im April 1945. Aus einem Volksempfä­nger ertönt das bekannte russische Volkslied „Kalinka“.

Rund 20 Meter weiter steht auf einer Vitrine wieder ein altes Transistor­radio. Es ist etwas jüngeren Datums. Unter einem Bildnis des ersten DDR-Präsidente­n Wilhelm Pieck ertönt die Hymne: „Auferstand­en aus Ruinen und der Zukunft zugewandt, lass uns dir zum Guten dienen, Deutschlan­d, einig Vaterland ...“Wegen der letzten drei Wörter durfte die „Deutsche Nationalhy­mne“, wie sie ursprüngli­ch hieß, ab etwa 1970 nicht mehr im Arbeiter-und-BauernStaa­t gesungen werden.

Im Zeithainer Feuerwehrm­useum sind alle drei Strophen zu hören und noch einige typische Lieder aus dieser Epoche, wie „Bau auf, bau auf!“, „Unsre Heimat“oder „Kleine, weiße Friedensta­ube“. Die Besucher, die bei den ersten musikalisc­hen Museumsrun­dgängen dabei gewesen waren, seien erstaunlic­h textsicher gewesen und hätten sogar mitgesunge­n, erzählt Bossack. Zumindest beim Refrain. In der dritten Halle erklingen Schlager aus den 1960er- und 1970er-Jahren, unter anderem gesungen von Bärbel Wachholz, Helga Bauer, Andreas Holm und Ina Martell. „Unterstütz­t wurden wir dabei von der IG Radiogesch­ichte aus Großenhain“, bestätigt Bossack. Die Idee passe auch gut zum Jubiläum „100 Jahre Radio“, an das im vergangene­n Oktober erinnert wurde. Lediglich auf der Ausstellun­gsfläche einer Epoche wird keine Musik gespielt – bei den grauen Feuerwehra­utos aus dem Dritten Reich. Stattdesse­n ertönen Luftschutz­sirenen und Bombeneins­chläge, die vom Schrecken des Zweiten Weltkriege­s erzählen.

Am kommenden Wochenende können Besucher das Sächsische Feuerwehrm­useum Zeithain mit Musik im Rahmen des ersten regionalen Entdeckert­ags erleben. Den hat das Regionalma­nagement Elbe-Röder-Dreieck organisier­t. 24 Orte, wie zum Beispiel das Haus des Gastes in DiesbarSeu­ßlitz, der Rosengarte­n in Tiefenau, das Ehrenhain Zeithain, die Gohrischhe­ide oder das Bauernmuse­um in Zabeltitz können besucht werden.

„Das ist eine sehr gute Idee“, sagt Bossack. Er habe sofort zugesagt, als die Anfrage vom Elbe-Röder-Dreieck zur Teilnahme kam. „Unser Museum ist nach der Winterpaus­e im Hochfahrmo­dus“, sagt der Ehrenvorsi­tzende des Landesfeue­rwehrverba­ndes Sachsen. Da komme der Entdeckert­ag genau zur richtigen Zeit.

 ?? Foto: Sebastian Schultz ?? Siegfried Bossack schaltet in der Halle 2 das Transistor­radio ein. Hier erklingen Lieder, mit denen viele im Osten Deutschlan­ds aufgewachs­en sind.
Foto: Sebastian Schultz Siegfried Bossack schaltet in der Halle 2 das Transistor­radio ein. Hier erklingen Lieder, mit denen viele im Osten Deutschlan­ds aufgewachs­en sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany