Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Gefahrensituationen im Minutentakt
Seit Wochenbeginn ist der Zebrastreifen am Elbecenter in Meißen verschwunden. Seitdem gibt es eine Petition und mehrere Beinaheunfälle.
Freitagvormittag. Im Elbecenter werden die Einkäufe für das Wochenende erledigt. Gut hat es, wer mit seinem Auto auf den Kundenparkplatz fahren kann. Fußgänger leben da schon gefährlicher, vor allem wenn sie die Niederauer Straße überqueren müssen. Dort wurde zu Wochenbeginn der Fußgängerüberweg zurückgebaut. Es verschwanden die großen blauen Schilder, die auf den Überweg hinweisen inklusive der weißen Zebrastreifen. Die sind weg, aber eben nicht ganz. Und das ist nur ein Problem des Rückbaus, der neben Behindertenverbänden nun auch zahlreiche Eltern, die Direktorin der Arita-Grundschule und die Leiterin des Elbecenters auf den Plan ruft. Letztere berichtet von vielen Kunden, die sich über den zurückgebauten Überweg beschwert haben. „Wie sollen wir jetzt noch sicher von einer auf die andere Straßenseite kommen?“, so die bange Frage unter anderem auch Senioren, die eben ohne Auto unterwegs sind.
Entsprechend klingelten beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr die Telefone. Allein, das Landesamt ist zwar Baulastträger für die S 80, veranlasst hat den Rückbau aber die Stadt Meißen, die damit einer Empfehlung der Unfallkommission folgt. Der Überweg fand sich ungewöhnlich häufig in der Unfallstatistik. Es waren vor allem Auffahrunfälle vermerkt, die durch das plötzliche Abbremsen von vorausfahrenden Autos zustande kamen. Sie hielten, aber vielfach nicht für Fußgänger, sondern für Radfahrer, die den Zebrastreifen ohne abzusteigen nutzen, um auf die andere Straßenseite zu kommen, wo der Radweg stadteinwärts fortgeführt wird.
Das tun sie immer noch, und zwar, ohne zu schauen, wie eine Recherche ergab. Keine zwei Minuten vor Ort und schon Quietschen das erste Mal die Bremsen. Der schwarze BMW mit dem nordrhein-westfälischen Kennzeichen kommt gerade noch rechtzeitig vor dem Radfahrer zum Stehen. Der ältere Herr will sich einen kleinen Mittagsimbiss holen. Das tut er öfter, bei schönem Wetter mit dem Rad und ja, es sei natürlich nicht in Ordnung, fahrend den Zebrastreifen zu queren. Aber der Autofahrer müsse ihn doch gesehen haben und hier sei schließlich ein Überweg.
War ein Überweg, wäre richtiger und dass es den nicht mehr gibt, haben längst noch nicht alle Nutzer mitbekommen. Auch nicht der junge Mann, der mit Kopfhörern im Ohr ohne nach links oder rechts zu schauen, einfach losmarschiert. Ein einheimischer Kleinbus lässt ihn passieren, bekommt dafür aber ein kostenloses Hupkonzert von seinem Hintermann zu hören, der offenbar wenig Verständnis für die gegenseitige Rücksichtnahme hat.
Nur Minuten später taucht eine Gruppe von drei Arbeitskollegen auf, auch sie haben Mittagspause. Artig bleiben sie am Straßenrand stehen und lassen die Autos vorüberziehen. Erst als in beide Richtung frei ist, laufen sie los. Irritierend finden sie nach dem Rückbau die grau schimmernden Überreste des Zebrastreifens. „Das wirkt so, also soll hier neue Farbe aufgebracht werden, wie im Bau“, sagt einer der Männer und fügt an „das wiegt die Leute in falscher Sicherheit“. Man habe die weiße Farbe bis auf Höhe der Fahrbahn abgeschliffen, heißt es aus dem Landesamt für Straßenbau. Tiefer zu gehen, würde bedeuten, dass man mit der Fräse die Asphaltdecke beschädigt. Jetzt wolle man in den kommenden Monaten erst einmal beobachten, ob die Reifen der Autos die verbliebenen Farbreste abfahren. Passiert das nicht, seien Asphaltarbeiten geplant, allerdings erst im kommenden Jahr.
Bei den Eltern zahlreicher Kinder, die auch die Arita-Grundschule besuchen, löst das Kopfschütteln aus. Eine Mutter ist Stefanie Uhlmann. Sie hat auf der Plattform change.org eine Petition gestartet. Die Bitte „Errichten Sie einen sicheren Fußgängerüberweg
in Meißen“richtet sich zunächst an die Stadträte und die diskutierten das Thema schon in ihrer jüngsten Sitzung am Mittwoch dieser Woche.
Das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen. Und bis dahin soll die Querungshilfe, also eine kleine Insel in der Straßenmitte, den Fußgängern helfen, da sie die viel befahrene Straße so in zwei Etappen überwinden können. Zusätzlich wurden das Verkehrszeichen „Kinder“nur provisorisch aufgestellt. Am Freitagvormittag tauschte es die Straßenmeisterei Meißen gegen zwei dauerhafte, stationäre Schilder aus.
Geländer für rüde Radfahrer?
130 Unterschriften hat Stefanie Uhlmann schon eingesammelt, mindestens 200 sollen es werden. Die jetzige Situation, sie ist unbefriedigend, weil missverständlich. Wie sichere Fußgängerüberwege aussehen, kann man übrigens keine 20 Meter Luftlinie weiter sehen. Vor dem Eingang des Einkaufszentrums wurden an einem Sonntag, dem 7. April, die Zebrastreifen erneuert und leuchten nun in strahlendem Weiß. Die Centerleitung wäre im Interesse ihrer Kunden froh, wenn die Verkehrsbehörde zurückrudert und den Überweg wieder reaktiviert. Dass Fußgänger für das Fehlverhalten einiger Radfahrer bestraft würden, sei nicht nachvollziehbar, heißt es auch von anderer Seite. Und um zu erfahren, wie man rüde Biker ausbremst, muss man nur nach Radebeul schauen. Dort gibt es im unmittelbaren Umfeld der Überwege Geländer, die die Radler regelrecht zum Absteigen zwingen.