Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Wirkliche Profis brauchen keine Proben
Mit originellem Elektro-Pop hat sich das Dresdner Duo Ätna längst einen Namen gemacht. Im Kulturpalast teilen sich die beiden jetzt die Bühne mit Jan Vogler und den Kapellsolisten.
Vorhersehbares ist nicht das, was die Macher der Dresdner Musikfestspiele interessiert. Und so steht jetzt ein Konzert mit reinen Dresdner Akteuren an, die dennoch in dieser Konstellation nie zuvor aufgetreten sind und zudem musikalisch etliche Weltpremieren bieten werden. Klassik trifft dabei Elektro-Pop, Jan Vogler und die
Die SZ berichtet vom Festival
Kapellsolisten vereinen sich mit dem Duo Ätna zu einem Ensemble, das sich in gar keine Genre-Schublade mehr stecken lässt.
Inéz Schaefer studierte an der Dresdner Musikhochschule Gesang, Demian Kappenstein ließ sich hier zum Schlagzeuger ausbilden, beide fassten zunächst Fuß in der Jazz-Szene. Vor gut acht Jahren taten sie sich zusammen, gründeten Ätna, brachten bislang zwei Alben heraus und kombinieren erfolgreich verrückte Soundideen mit eingängigen musikalischen Mitteln; ihr beatlastiger Pop eckt bewusst an, lässt sich jedoch mühelos ins Programm etwas ambitionierterer Radiosender integrieren.
„Im Oktober bringen wir unser drittes Album heraus“, kündigt Demian Kappenstein an. „Weil wir aber das Bedürfnis haben, andere schon jetzt in unseren aktuellen Schaffensprozess reinschauen zu lassen, spielen wir im anstehenden Konzert schon ein paar nagelneue Songs.“Doch nicht nur dieser Fakt untermauert den Weltpremieren-Anspruch. Auch ältere Stücke wurden völlig umgekrempelt, sind so erstmals zu hören.
Kappenstein: „Der australische Komponist Gordon Hamilton war uns durch die ,Machiavelli Sessions’, bei denen er für die ARD Hip-Hop mit Klassik zusammenbrachte, ein Begriff. Jetzt hat er für uns und die Kapellsolisten neue Arrangements geschrieben, die einfach der Hammer sind.“
Die Zusammenarbeit mit einem Orchester ist für Ätna allerdings schon gut trainiert. Die beiden spielten bereits mit der NDR-Bigband zusammen und im vergangenen Jahr mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks beim PulsFestival. „Und da haben wir gemerkt, dass die Kombination echt Freude macht“, so Kappenstein. Im Februar 2023 hatten Ätna Jan Vogler bei der Verleihung des Dresdner Friedenspreises an Daniel Libeskind in der Semperoper getroffen. „Er hatte da ebenso einen Auftritt wie wir, wir kamen uns musikalisch näher und schnell auf die Idee, mal etwas gemeinsam für die Musikfestspiele zu machen.“
Man spiele nun ausschließlich Stücke von Ätna, bei denen die Kapellsolisten für die nagelneuen Streicherparts zuständig sind, Cellist Jan Vogt klinkt sich zudem einige Male als Solist mit ein. „Fans von uns werden häufig überrascht sein, wie sich aus einem filmmusikartigen Klangteppich plötzlich einer unserer Songs herausschält, welche Metamorphosen möglich sind“, vermutet Demian Kappenstein, der zugleich spannende Entdeckungen verspricht. „Wahrscheinlich wird das Konzert fürs typische Abonnentenpublikum der
Musikfestspiele eher herausfordernd, weil es natürlich oft knalliger und lauter als in der Klassik üblich zugeht. Doch wir haben da schon viele gute Erfahrungen gemacht.“So sei die sehr gemischte Zuhörerschaft beim Ätna-Auftritt mit der NDR-Bigband in der Hamburger Elbphilharmonie einhellig aus dem Häuschen gewesen.
Wie das Ganze im neuen Arrangement klingt, weiß Kappenstein selbst nicht, es gab keine gemeinsamen Proben. „Natürlich wäre es schön, alles bei ein paar Gläsern alkoholfreien Sekts durchzuspielen, doch dafür fehlen Zeit und Räume. Jeder übt seinen Part – und kurz vorm Konzert wird im Kulturpalast alles kurz getestet.“Entscheidend sei, dass sich alle 30 Leute auf der Bühne wechselseitig gut hören könnten. Alles andere ist für Profis, die genau wissen, was sie zu tun haben, kein Problem. Auch nicht für den Lichttechniker, der die Show zu einem visuellen Ereignis machen soll. „Wir setzen keine Videos ein“, erklärt Demian Kappenstein. „Doch wir schaffen durch Abgrenzung oder präzises Ausleuchten künstliche wie künstlerische Räume, bringen mittels Lichtes eine große Portion an schneller Bewegung und an Euphorie rein. Ja, auch das wird knalliger, als es Standard im Kulturpalast ist.“
Dass man nahezu ohne Proben auf die Bühne gehe, hat einen Nebeneffekt, den Kappenstein sehr zu schätzen weiß. „Wir werden alle etwas aufgeregt sein, und das finde ich grundsätzlich sehr, sehr erstrebenswert.“Statt Routine das Prickeln wie vor einem ersten Date. „Ich liebe das. Wenn die eigene Aufregung deutlich zu spüren ist und sich mit der aufkochenden Vorfreude und Neugier des Publikums mischt, entsteht eine herrliche Energie. Die macht ein Konzert erst einzigartig.“
Dresdner Musikfestspiele ▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪▪