Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Der aufgeblähte Staat
Sachsens Kenia-Koalition schafft seit 2019 Tausende neue Stellen im Landesdienst. Und künftig sollen es noch viel mehr werden.
Die Wunschliste wird mit jedem neuen Landeshaushalt länger – und vor allem teurer. Bereits unmittelbar nach dem Start der Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD wurde mehr Landespersonal eingestellt – zur Absicherung der Arbeitsfähigkeit des neuen Regierungsbündnisses, wie es lapidar hieß. Später kam es mit dem Doppelhaushalt 2021/2022 zu einem erneuten Aufwuchs um rund 2.200 Stellen und die Koalition feierte sich damit noch als bescheiden. Tatsächlich waren in der damaligen Etatvorlage sogar 6.800 neue Stellen im Staatsdienst gefordert worden.
Die Folgen dieser ausufernden Personalpolitik sorgen mittlerweile dafür, dass der Landesrechnungshof mit seinen Warnungen nicht mehr hinterherkommt. So wurde das einst unter Ex-Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ausgegebene Sparziel von maximal 70.000 Stellen im sächsischen Landesdienst nie erreicht, im Gegenteil. Mit absehbar bald 96.000 Stellen sorgt der Freistaat jetzt für eine neue Rekordzahl bei den Staatsbeschäftigten. Und das hat Folgen: So gibt das Land Sachsen bereits mehr als 40 Prozent seines Jahresetats nur für Personalkosten aus – Tendenz steigend.
Trotzdem droht der rasante Personalaufwuchs unvermindert weiterzugehen, wie jetzt eine interne Tischvorlage von Finanzminister Hartmut Vorjohahnn (CDU) zur Aufstellung des neuen Doppelhaushaltes 2025/2026 zeigt. Demnach fordern seine Ministerkollegen für die kommende Legislaturperiode nunmehr sogar 6.965 zusätzliche Stellen, während im Gegenzug lediglich 805 vorhandene Stellen wegfallen sollen. Der Minister bemerkte dazu süffisant in dem Papier, es sei schon „in besonderem Maße erstaunlich “, dass ein Teil des Stellenplus allein der Ausweitung der Ministerialbürokratie dienen soll.
Tarifrunde kostet über eine Milliarde
Tatsächlich verweisen die Befürworter von so vielen neuen Stellen öffentlich oft nur auf wichtige Schwerpunktbereiche, in denen das Landespersonal derart stark aufgestockt werden soll. Aktuell betrifft das die Forderungen nach 1.627 zusätzlichen Stellen für Lehrer, 1.063 für Schulassistenten, 242 für den Bereich Innere Sicherheit und weitere 165 für die Justiz. Dass auf den Planungslisten allerdings auch 486 neue Verwaltungsstellen direkt in den einzelnen Ministerien stehen, hört man dagegen kaum. Auch für die Landesdirektion Sachsen sind aktuell noch einmal 489 zusätzliche Stellen angemeldet.
Die Gefahr, dass die Regierungskoalition früher oder später einem beachtlichen Teil dieser internen neuen Verwaltungsstellen zustimmt, ist groß. Immerhin war das bei den vergangenen Landeshaushalten
stets der Fall. Daran dürfte auch nichts ändern, dass sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Vorfeld der Landtagswahl massiv gegen eine solch gravierende Erhöhung stemmt.
Bei einem kürzlichen Kabinettsbesuch in der Sächsischen Schweiz von der SZ zu diesen Plänen befragt, erklärte er kategorisch: „Es wird keine 6.000 zusätzliche Stellen geben.“Wie viele genau es am Ende tatsächlich sind, entscheidet allerdings erst im Frühjahr 2025 eine dann neugewählte Landesregierung sowie ein neuer Landtag.
Sachsens Steuerzahlerbund warnt jedenfalls genau wie der Rechnungshof massiv vor einem weiteren Anstieg der Stellenzahl im öffentlichen Dienst. Das Personal des Freistaates wird nämlich nicht nur immer mehr – während die Bevölkerungszahl in Sachsen stetig sinkt – die Staatsdiener werden auch immer teurer. Allein der letzte Tarifabschluss Ende 2023 für die Beschäftigten der Bundesländer sorgt nun dafür, dass für die sächsische Landeskasse 2024 Mehrkosten von 200 Millionen Euro anfallen. Im nächsten Jahr steigen die zusätzlich erforderlichen Personalkosten noch einmal um 390 Millionen Euro.
Doch damit nicht genug. Weil die Tarifabschlüsse der Angestellten in Sachsen nahezu routinemäßig später auch auf die Landesbeamten übertragen werden, sind für dieses und nächstes Jahr weitere Mehrkosten von insgesamt ungefähr 548 Millionen Euro absehbar – in der Summe also weit mehr als eine Milliarde. Und das nur für das bereits vorhandene Landespersonal.