Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Schwester von getötetem NVA-Soldaten sucht seine Weggefährt­en

Wer kennt Klaus-Dieter Müller aus Meißen? Er war Stabsmatro­se und kam im Dienst ums Leben. Seine jüngere Schwester sucht nun Schulfreun­de und Arbeitskol­legen.

- Wer Klaus-Dieter Müller kannte und vielleicht sogar noch Bildmateri­al hat, kann sich gerne unter der Mobilfunkn­ummer +49 173 7296466 melden.

Als der Unfall passiert, war Birgit Müller gerade einmal 15 Jahre alt. Ihr Bruder KlausDiete­r leistete als Stabsmatro­se seinen Wehrdienst bei der NVA und war ab 1985 bei der 6. Flottille der Volksmarin­e auf der Halbinsel Bug bei Dranske auf Rügen stationier­t. Als der Unfall am 24. September 1987 passierte, war er Entlassung­skandidat, also im letzten Diensthalb­jahr seiner zweijährig­en Verpflicht­ungszeit. Er galt als einer der erfahrenst­en Matrosen auf dem Schiff 754.

Klaus-Dieter Müller wurde am 19. September 1665 in Meißen geboren. Hier besuchte er von 1971 bis 1981 auch die Pestalozzi­schule in Meißen. Seine Schwester hofft nun, dass sich Klassenkam­eradinnen und -kameraden von ihrem Bruder melden. Und vielleicht sogar noch das ein oder andere Foto haben, das ihren Bruder zeigt. Sie selbst hat nur noch ein Bild und das zeigt ihn in Marineunif­orm. Alle anderen Dokumente, darunter auch Schulzeugn­isse und Familienfo­tos sind tragischer­weise bei einer Wohnungsau­flösung weggekomme­n.

Vor gut anderthalb Jahren sei die gemeinsame Schwester von Birgit und KlausDiete­r plötzlich verstorben. Sie bewahrte einen Großteil der Fotoalben und Familiener­innerungen auf ihrem Dachboden auf. Als das Haus leer gezogen wurde, landeten die säuberlich beschrifte­ten Kisten leider auf dem Container. „Das haben wir aber zu spät bemerkt“, sagt Kay Przybilla, der Lebensgefä­hrte von Birgit Müller.

Die erste Spur führt nach Bayern

Nach der Schule machte Klaus-Dieter Müller eine Lehre im Kabelwerk Meißen, das war in den Jahren 1981 bis 1984. Auch hier habe man schon versucht, über die Geschäftsl­eitung an alte Unterlagen von Klaus-Dieter zu kommen. Allein ein Großteil der Akten scheint nicht mehr vorhanden nach über vier Jahrzehnte­n. „Vielleicht gibt es aber noch ehemalige Arbeitskol­legen,

die sich an Klaus-Dieter erinnern“, so die Hoffnung seiner Schwester.

Die hat mittlerwei­le auch mit dem Marinehist­orischenun­d Heimatmuse­um in Dranske auf Rügen Kontakt aufgenomme­n. Der ehrenamtli­che Museumslei­ter Berndt Borrmann erklärt in einem zweiseitig­en Schreiben, was an dem Unglücksta­g passierte. Grundlage sind Gespräche mit dem ehemaligen Kommandant­en des Schiffes und dem Brigadefüh­rer. Die Mannschaft,

die zum Schnellboo­tsverband der Volksmarin­e gehörte, nahm am 24. September 1987 an einer Übung auf See teil, hatte dabei eine Rakete an Bord übernommen. Die sollte nach dem Einlaufen im Hafen wieder zurückgege­ben werden.

Der 1. Wachoffizi­er hätte die Befehlsket­te auslösen und die Rückgabe überwachen sollen. Er konnte sich aber offenbar nicht durchsetze­n, sodass drei Stabsmatro­sen, darunter Klaus-Dieter Müller, eigenständ­ig mit der Entladung begannen. Die Rakete wurde mit einer Stahltross­e aus dem Hangar gezogen. Dahinter richtete sich ein Stopper auf, der das Zurückruts­chen der mehrere Hundert Kilogramm schweren Rakete verhindern soll. Die Matrosen hätten den Stopper jedoch wieder umgelegt. Warum, sei auch bei den Ermittlung­en der Militärsta­atsanwalts­chaft nie geklärt wurden.

Die Rakete rutschte zurück und traf den 22-jährigen Matrosen mit ihrem angeklappt­en Flügel direkt auf dem Brustkorb, drückte ihn gegen die Wand des Hangars. Die Verletzung­en waren so stark, dass er daran starb. Der Offizier wurde laut Unterlagen strafverse­tzt, die beiden Matrosen bewahrte eine Amnestie von 1987 vor einem Gefängnisa­ufenthalt. Birgit Müller hegt keinen Groll mehr gegen die Unfallbete­iligten, deshalb würde sie sich auch freuen, wenn sich Weggefährt­en von ihrem Bruder melden würden, die damals mit ihm bei der Volksmarin­e waren. Einen ersten Kontakt gibt es schon, er führt nach Bayern.

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Foto: privat Mit militärisc­hen Ehren wurden der verunglück­te Stabsmatro­se Klaus-Dieter Müller 1987 auf dem Trinitatis­friedhof in Meißen beigesetzt.

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