Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Stern-Combo Meißen: Ein Geburtstagsgeschenk von Freunden
Zum 60. Geburtstag der Stern-Combo Meißen gab es aus Meißen ein ganz besonderes Geschenk. Überreicht wurde es in Weimar.
Es ist Ende April. Der Meißner Tischler Lars Moschke und sein Vorgänger Wolfgang Brendel sind zum Fototermin auf den Meißner Markt gekommen. Mitgebracht haben sie eine lange Schachtel. Drinnen schlummert – sicher verwahrt – ein filigranes Geburtstagsgeschenk. Es ist für die Stern-Combo Meißen gedacht, und soll am 11. Mai in Weimar übergeben werden. Da es eine Überraschung ist, macht es Sinn, dass der Beitrag dazu erst nach der Übergabe im Köstritzer Spiegelzelt erscheint. Die Band feierte dort am Sonnabend den Auftakt ihrer Jubiläumstournee. Titel: Der weite Weg.
Orgelpfeife aus Meissener Porzellan
Inzwischen dürfte der Inhalt der Schachtel bekannt sein: Es handelt sich um eine Orgelpfeife aus Meissener Porzellan, die in einer hölzernen Halterung steckt. Das Chassis ist schlicht gehalten und besitzt 60 Kerben. „Eine für jedes Jahr einer unglaublichen Karriere“, sagt sein Urheber Lars Moschke, Chef der Tischlerei Brendel. Hinten drauf ist zu lesen: „Die aus Meissener Porzellan gefertigte Orgelpfeife soll symbolisch der Verschmelzung von Kunst, Kunsthandwerk, Geschichte und epochalen Musikinszenierungen dienen. Sie ist ein Auszug des Projektes Historische Orgelpfeifen treffen auf Weißes Gold aus der Restaurierung der Orgel der Frauenkirche Meißen. Als Zeichen besonderer Wertschätzung und anlässlich des 60. Geburtstages der ArtRock-Legende wird dieser Preis überreicht durch besondere Freunde.“
Die Idee für den Preis hatte Kunstsammler Roland Schneider aus Erfurt. Er stammt ursprünglich aus Meißen, und ist Stern-Combo Meißen-Fan. Zusammen mit den „Weibo-Manufakturen“aus Weimar trat er an die Manufaktur Meissen heran. Sie fertigte die Porzellan-Pfeife. Die Tischlerei Brendel übernahm den Part mit der Pfeifen-Halterung. Der Handwerksbetrieb auf der Zscheilaer Straße und die Band hatten enge Beziehungen.
„Ich kannte Norbert Jäger und Martin Schreier. Wir haben uns hin und wieder besucht“, erzählt Wolfgang Brendel, dem die Tischlerei bis Ende 2015 gehörte. Dem Bruder von Martin Schreier ist es zu verdanken, dass Brendel überhaupt eine Tischlerei eröffnen konnte. „Peter und ich haben unzählige Abende im Sächsischen Hof verbracht, über Gott und die Welt geredet. Eines Abends sagte er völlig aus der Kalten: Du übernimmst die Tischlerei von Kremtz“, erinnert sich Brendel. Otto Kremtz stand damals kurz vor dem Ruhestand. Seine Tischlerei befand sich hinter der heutigen Sparkasse in der Neugasse. Peter Schreier machte einen Termin. „Das war wirklich eine urige Tischlerei. Otto Kremtz zog damals seine Lampe an einem Seil durch den Betrieb zu seinem Platz am Spänehaufen“, schmunzelt Wolfgang Brendel.
Allerdings hatte der Standort des Betriebs keine Zukunft. Aufgrund von Baumaßnahmen am Mühlgraben musste die Tischlerei weichen. Zur selben Zeit zog die HO-Tischlerei aus den Räumlichkeiten auf der Zscheilaer Straße aus. Brendel kaufte
Maschinen und zog ein. „Aus heutiger Sicht war es unglaublich schwer, alle Genehmigungen dafür zu bekommen“, erinnert sich der Ruheständler. 1983 hielt er schließlich die Gewerbeerlaubnis in den Händen – ausgestellt durch den Rat des Kreises. In Sachen Equipment griff Stern Meissen gern auf die Fähigkeiten der Tischlerei zurück. Wolfgang Brendel baute eine Vielzahl an Boxen für die Musikformation. „Große Dinger aus Sperrholz für die Konzertbühne“, erinnert er sich. Als Vorlage dafür dienten Bauanleitungen aus dem Westen. „Gedacht waren diese Anleitungen eigentlich für Bands in der BRD, die nicht viel Geld hatten“, erinnert sich Brendel. Nur über Umwege kam er an die Zeichnungen.
Erster Auftritt der Band 1964
„Wir waren selbst Stern-Meissen-Fans. Sind mit dem Moped ihren Auftritten hinterhergefahren“, erzählt er weiter. Als im Jahr 2015 der Ruhestand kam, gab es keinen Nachfolger. „Wolfgang wollte die Tischlerei dichtmachen. Das wäre schade gewesen“, erzählt Lars Moschke. Der Produktionsdesigner übernahm den Betrieb und macht seither u. a. mit den tollen Leistungen seiner Azubis auf sich aufmerksam.
Persönlich konnte keiner von den Beiden bei der Übergabe des Preises in Weimar dabei sein. „In Gedanken aber schon“, schmunzelt Wolfgang Brendel. Wie zu hören war, sei der Tournee-Auftakt „mega“gewesen. Die Stern-Combo Meißen gehört zu den dienstältesten Rockbands Deutschlands. Gründungsmitglied Martin Schreier ist nach wie vor dabei. Der erste Auftritt der Band geht auf das Jahr 1964 zurück. Sie gab damals ein Konzert für Rentner im „Luftbad Meißen-Spaar“.