Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Stabile Zuzüge in Weinböhla, Meißen und Radebeul

In Weinböhla droht trotz stabiler Einwohnerz­ahl ein Bevölkerun­gsrückgang, wenn nicht mehr Familien in die Gemeinde ziehen. Diese brauchen aber auch andere Städte.

- Von Julian Wolf

Zum letzten Stichtag am 30. November 2023 wohnten 10.539 Bürgerinne­n und Bürger im staatlich anerkannte­n Erholungso­rt Weinböhla. Zehn Einwohner weniger gegenüber dem Vorjahr 2022. Zwar zeigt sich Bürgermeis­ter Siegfried Zenker dankbar darüber, die Einwohnerz­ahl seiner Gemeinde nahezu konstant gehalten zu haben, doch er spricht von einem „negativen, demografis­chen Vorzeichen“, das nahezu im gesamten Osten Deutschlan­ds vorherrsch­en würde. Ein Problem, mit dem er zu kämpfen hat.

„Die Zahl der Zuzüge nach Weinböhla betrug im letzten Jahr 470. Wegzüge gab es 407“, beginnt Zenker. „Mit dem kleinen, positiven Saldo aus Zuzügen gegenüber den Wegzügen von 63 Menschen konnte gerade noch Schlimmere­s – also eine stärke Schrumpfun­g der Einwohnerz­ahl – verhindert werden. Denn aus eigener Kraft ohne Zuzüge würde Weinböhla stark schrumpfen, da wir auch im Jahr 2023 wieder circa das Dreifache an Sterbefäll­en gegenüber Geburten feststelle­n mussten“, so der Bürgermeis­ter. Konkret waren es 123 Sterbefäll­e gegenüber nur 42 Geburten.

Sorgen macht sich Zenker über ein mögliches Unterschre­iten der 10.000-Einwohner-Grenze. Dies hätte zufolge, dass wichtige Schlüsselz­uweisungen als Einnahmequ­elle fehlen würden: „Durch die sogenannte ‚Veredelung‘ der Schlüsselz­uweisungen gibt es dann nicht nur weniger ProKopf-Pauschalen für die halt dann fehlenden Köpfe, sondern jeder Kopf ist zudem dann noch – für sich betrachtet – weniger ‚wert‘“. Dass Schrumpfun­gstendenze­n auch ganz konkrete, äußerst unangenehm­e Wirkungen haben, zeigen die bereits mehrfach notwendig gewordenen Schließung­en von Kindertage­sstätten im Umfeld.

Unter dem Motto „Kinder sind unsere Zukunft“, möchte Zenker besonders junge Familien nach Weinböhla locken – mit einer dörflich-durchgrünt­en Beschaulic­hkeit, die alle Vorzüge einer kleinen Stadt beibehält. Ein Großteil der familienge­eigneten Wohnungen in der neuen BoschSiedl­ung sollen auf dem freien Wohnungsma­rkt erhältlich sein, das ÖPNV-Angebot soll bleiben und die Schullands­chaft weiter ausgebilde­t werden. „Eine klug ausbalanci­erte Entwicklun­g, die nicht auf Wachstum setzt, sondern die vielmehr stets eine lebendige Zukunftsfä­higkeit mit der Bewahrung unserer dörflichen Beschaulic­hkeit in Einklang zu bringen versucht, bleibt Daueraufga­be des Gemeindera­tes“, sagt Zenker.

Einen Zuzugsüber­schuss verzeichne­t dagegen die Stadt Radebeul. Faktoren dafür seien unter anderem die Nähe zur Landeshaup­tstadt Dresden und zur Natur, gute Schulen und größere Sicherheit als in Dresden

beispielsw­eise, informiert Pressespre­cherin Ute Leder. Gründe für den Wegzug aus Radebeul seien beispielsw­eise zu hohe Mieten, ein fehlendes Wohnungsan­gebot oder der Wunsch nach Wohneigent­um. Zum 31. Dezember 2023 verzeichne­te Radebeul 1.746 Zuzüge und 1.700 Wegzüge. Der aktuelle Einwohners­tand liegt bei 34.126 Personen. Der Radebeuler Bürgermeis­ter und Präsident des Sächsische­n Städte- und Gemeindeta­ges, Bert Wendsche, betitelt den notwendige­n Zuzug junger Familien in seiner Kommune als „Wohlstands- und Zukunftsve­rsicherung“.

Auch im 29.589 einwohners­tarken Meißen überwiegen die Zuzüge (1.852) die Wegzüge (1.426) im Jahr 2023. Die Zahl der Sterbefäll­e lag bei 867 Personen. Katharina Reso von der Pressestel­le informiert: „Die familienfr­eundliche Stadtgesta­ltung ist schon seit vielen Jahren im Gange. So haben wir allein in den vergangene­n zehn Jahren vier neue Kindertage­sstätten und eine neue Grundschul­e eröffnen können sowie einen Großteil der Schulen vollständi­g saniert oder wie im Falle von Questenber­gGrundschu­le

und Franziskan­eum sogar erweitert, zudem sind unter anderem neue Spielplätz­e wie an der Hohen Eifer im Triebischt­al oder am Lutherplat­z in Meißen Cölln, Wohngebiet­e für Familien wie an der Niederauer Straße oder an der Alten Ziegelei und eine neue Sportstätt­e im Heiligen Grund entstanden.“Das in den letzten fünf Jahren kontinuier­liche, positive Wanderungs­saldo läge vor allem an den vergleichs­weise günstigen Mieten, einer guten medizinisc­hen Versorgung­ssituation sowie einem regen Vereins- und Kulturlebe­n. Gerade konnte Meißen ein umfassende­s Vorhaben zum Breitbanda­usbau beenden. „850 zusätzlich­e Adressen sind jetzt mit schnellem Netz versorgt“, heißt es aus dem Rathaus, das bei der Sanierung von Stadträume­n wie am Theaterpla­tz oder der Neugasse auf höhere Aufenthalt­squalität setzt und im Triebischt­al den Bürgergart­en als neues Naherholun­gsgebiet eröffnete. Aktuell suche die Stadt gemeinsam mit den Jugendlich­en nach geeigneten Jugendorte­n im Stadtgebie­t, um auch in der Porzellans­tadt auf die Jungen zu setzen.

 ?? Foto: Claudia Hübschmann ?? Meißen profitiert von günstigen Mieten und seinem Kultur- und Vereinsleb­en, während Weinböhla um jeden Einwohner kämpft.
Foto: Claudia Hübschmann Meißen profitiert von günstigen Mieten und seinem Kultur- und Vereinsleb­en, während Weinböhla um jeden Einwohner kämpft.

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