Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Der Sanierer, nicht nur der Finanzen
Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche wird an diesem Freitag 60 Jahre alt. In einem Kleidungsstück wird man ihn niemals sehen.
Was würden Sie gern in Radebeul verändern? Das wurde Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) von Emily in der Kinderspielstadt im Evangelischen Schulzentrum diese Woche gefragt. „Da gibt es Vieles, zum Beispiel würde ich gern, wenn ich genug Geld zur Verfügung hätte, Schulen sanieren. Das wäre gut“, ist die Antwort des Stadtoberhauptes.
Im Schulbereich ist einiges passiert
Seit fast 23 Jahren steht Oberbürgermeister Wendsche an der Stadtspitze. 2001 wählten die Radebeuler ihn in das Amt. Anfang Juni 2022 haben sie ihn mit 74,6 Prozent in dieser Position erneut bestätigt. Bei diesem Zustimmungswert nach fast einem Viertel Jahrhundert als Chef der Verwaltung müssen viele Entscheidungen und Projekte, die umgesetzt wurden, von Bürgern als richtig und gut für die Entwicklung der Stadt wahrgenommen werden. Auch wenn man es sicher nicht jedem recht machen kann. „Bei Grundsatzentscheidungen schlafe ich erst eine Nacht darüber“, sagt OB Wendsche im Podcast „Radebeul im Ohr“.
Auch wenn beispielsweise die Grundschulen Kötzschenbroda und Niederlößnitz noch auf die Sanierung warten, und die Sehnsucht der Oberschüler in Radebeul-West nach einem Neubau wegen der baulichen Missstände in ihrem Schulhaus groß ist, sollte man nicht vergessen, dass im Schulbereich bereits viel passiert ist. Die Grundschulen Friedrich Schiller und Naundorf sind saniert, ebenso die Oberschule in Mitte und das Pestalozzihaus. Am Luisenstift stehen die Bauarbeiten im Altbau vor dem Abschluss. Ebenso werden die Klassenzimmer im Lößnitzgymnasium brandschutztechnisch auf Vordermann gebracht. Eine Kämmerin in einer Stadt weiter elbaufwärts pflegte immer zu sagen, wenn es um den städtischen Haushalt ging: „Wir können als Kommune vieles, aber nicht alles auf einmal.“
In der Kämmerei liegen auch die Anfänge von OB Wendsche in der Radebeuler Stadtverwaltung. 1995 fing der gebürtige Dresdner dort zu arbeiten an. Studiert hatte er ursprünglich Pädagogik in Halle. „Seit der ersten Klasse wollte ich Lehrer werden“, berichtet Wendsche wiederholt. Doch mit Wende und Wiedervereinigung und den damit verbundenen Umbrüchen musste er sich beruflich neu orientieren, machte ein zweites Diplom als Verwaltungswirt in Meißen.
„Das Glas ist halbvoll“
Wenn er genügend Geld zur Verfügung hätte, dann würde er Schulen sanieren, sagt das Stadtoberhaupt, wie bereits erwähnt, zu den Schülern. Als er das Amt des Oberbürgermeisters antrat, stand die Lößnitzstadt mit rund 55 Millionen Euro bei Banken in der Kreide. Sie hatte die Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit erreicht. Seither wird der Schuldenberg kontinuierlich abgetragen. Am Ende dieses Jahrzehnts wird die Stadt schuldenfrei sein - ein Verdienst, den sich Wendsche ans Revers heften kann. Trotz der Tilgungsleistungen wurde investiert, nicht nur im Schulbereich. Für jedes Radebeuler Kind wurden ein Kita-Platz geschaffen. Straßen sind saniert, auch wenn viele im Nebenstraßennetz noch auf neuen Asphalt warten.
OB Wendsches Devise ist zu sagen: „Das Glas ist halbvoll.“Mit einer positiven Grundstimmung möchte er durch das Leben gehen, anstatt die Mundwinkel nach unten hängenzulassen und in einem Jammertal zu versinken. Kaum ein Jahr im Amt kam eine große Bewährungsprobe: das Elbehochwasser im August 2002.
Trauben für den Ziegenwein
„14 Tage unter Dauerstress, kaum geschlafen“, erinnert sich OB Wendsche im Podcast an diese Zeit. Als es darum ging Häuser vor den Fluten zu retten, stand plötzlich ein Fürstenhainer in seinem Büro und wollte, dass seine Katze von einem Baum geholt wird, auf dem diese gefangen saß. In diesem Moment war der Rathauschef kurz davor, seine Fassung zu verlieren. Sonst pflegt er einen respektvollen Umgang. Ein gutes zwischenmenschliches Klima und Respekt sind ihm wichtig. In Jogginghosen wird man ihn wohl nie auf Radebeuls Straßen sehen. „Das ist nicht mein Kleidungsstil“, sagt er.
Sein Arbeitstag beginnt werktags um 8 Uhr und endet gegen 20 und 21 Uhr abends. Hinzu kommen Termine am Wochenende. Eine Auszeit vom Berufsalltag und einen Ausgleich zum Job am Schreibtisch findet er im Weinberg. 1.000 Weinstöcke bewirtschaftet er mit seiner Ehefrau. Trauben von Grauburgunder und Scheurebe bauen sie an, aber selber nicht aus. In der Marke Ziegenwein aus Wahnsdorf steckt Wendsches Wein drin. Vielleicht stößt er mit einem Glas dieses Tropfens an seinem Ehrentag auf sein Wohl und die Gesundheit an.