Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Aarhus wagt den Aufbruch
Dänemarks zweitgrößte Stadt ist hyggelig und jung – und lockt Gäste mit mutiger Architektur an.
Hyggelig, also gemütlich – daran hat sich Christian schon gewöhnt. „Die Dänen leben entspannter als wir daheim“, meint der 21-jährige Student aus Kiel. Und Aarhus (ausgesprochen wie „Ohus“) sieht er als ideale Kombination: Mit knapp 300.000 Einwohnern pulsierend lebendig und nahezu intim übersichtlich. Rund 50.000 Studenten finden in der jütländischen Hafenstadt eine Wohlfühlatmosphäre.
Die nächste Studienvorlesung wartet. Christian studiert Kunst. „Das ARoS-Museum dürft Ihr nicht verpassen“, lautet sein Tipp, bevor er sich in den Strom der Radfahrer einschwingt. ARoS ist ein Magnet für Kunstfreunde und ein neues Wahrzeichen für Aarhus. Das verdankt die Stadt dem Rainbow-Panorama des Künstlers Olafur Eliasson.
Auf dem Dach des Kubus aus rotem Backstein hat Eliasson einen verglasten etwa 150 Meter langen Rundgang aus Scheiben installiert, die in den bunten Farben des Regenbogens getönt sind. Wie ein Ufo scheint der Ring über dem zehnstöckigen Gebäude zu schweben. Innen findet Dänemarks zweitgrößte Kunstsammlung eine attraktive Heimat. Highlight ist die etwa 4,5 Meter große Skulptur „boy“eines kauernden Jungen des australischen Künstlers Ron Mück.
Mutige Architektur gilt als Markenzeichen für Dänemark. So soll auch der neue Stadtteil Aarhus Ø für den Aufbruch der Stadt und ihre Offenheit stehen. Aarhus Ø grenzt direkt an den riesigen Hafen und fordert mit den zackigen Gebäudeskulpturen, die einem Eisberg ähneln, Beifall und Widerspruch heraus. Für ein Drittel der neu entstandenen Wohnfläche ist eine Mietobergrenze festgelegt worden. Zielsetzung: die soziale Durchmischung. Opfer der gewagten Architektur sind aber viele Wohnungen, die von der Sonne total abgeschnitten sind.
Aarhus Ø hat die City zur Ostsee geöffnet. Da Skandinavier kühle Wassertemperaturen nicht scheuen, findet das Meeresschwimmbad mit holzgerahmten Becken plus Promenadendeck ebenso Anklang wie das Angebot, per Seilwinde Wasserskirunden durch das Hafenbecken zu drehen.
Dänemarks zweitgrößte Stadt verdankt ihre Gründung den Wikingern im Jahr 770.
Das prähistorische Museum Moesgaard – futuristisch mit begehbarem Dach – und das Wikingermuseum am Platz Clemens Torv erzählen die Geschichte des Landes.
Wer in die jüngere Vergangenheit Dänemarks eintauchen möchte, kommt an einem Besuch in der Gamle By, der alten Stadt, nicht vorbei. Gamle By ist ein anregend gestaltetes Freiluft-Museum, in dem sich Menschen wie in alten Zeiten kleiden, arbeiten und bewegen. Die bunten Fachwerkhäuser, idyllische Dorfplätze und die Begegnung mit alten Handwerken, Oldtimer-Autos
oder Geschäften, wecken bei Besuchern die perfekte Illusion einer Kleinstadt in der Stadt.
Das Latiner-Viertel hatte uns Christian, der Student aus Kiel, für einen RestaurantBummel am Abend empfohlen. Der älteste Stadtteil vergleicht sich gern mit dem Quartier Latin in Paris. In der Tat verströmen die kleinen Gassen mit Kopfsteinpflaster und die farbenfrohen Häuser den Charme, der Aarhus so anziehend macht. Die futuristische Eisberg-Architektur am Hafen findet hier ihren sanften Kontrast.