Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Terrorproz­ess in Frankfurt beginnt mit Anträgen der Verteidigu­ng

Die mutmaßlich­en Rädelsführ­er der Terror-Gruppe um Prinz Reuß stehen seit Dienstag in Frankfurt am Main vor Gericht.

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An diesem Dienstag hat in Frankfurt am Main der zweite Terrorproz­ess gegen die Reichsbürg­er-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß mit einer Stunde Verspätung begonnen. Der 72-Jährige ist als ein mutmaßlich­er Rädelsführ­er angeklagt, er muss sich gemeinsam mit acht weiteren Männern und Frauen vor dem Oberlandes­gericht verantwort­en. Die Bundesanwa­ltschaft wirft den Angeklagte­n vor, Mitglieder in einer terroristi­schen Vereinigun­g gewesen zu sein beziehungs­weise diese unterstütz­t zu haben. Unter ihnen befinden sich Ex-Bundeswehr­soldaten sowie eine ehemalige AfD-Bundestags­abgeordnet­e.

Der Vorsitzend­e Richter Jürgen Bonk hatte gerade die Anwesenhei­t der Angeklagte­n sowie der Verteidige­rinnen und Verteidige­r festgestel­lt, als mehrere Verteidige­r

einen ersten Antrag stellten, in dem sie die Teilung des Verfahrens auf die Oberlandes­gerichte in Stuttgart, Frankfurt am Main und München infrage stellten. Beratungsg­eheimnis und transparen­te Urteilsfin­dung seien dadurch gefährdet. Rechtsanwa­lt Roman von Alvenslebe­n begründete unter anderem, dass in drei Städten gegen die Reuß-Gruppe verhandelt werde, sein Mandant Prinz Reuß aber nur bei einer Verhandlun­g zugegen sei.

Zudem beantragte­n mehrere Verteidige­r mit seitenlang­en Erklärunge­n eine Audio-Aufzeichnu­ng der Verhandlun­g. Unter anderem ging es dabei um das öffentlich­e Interesse am Prozess, das mit einer AudioAufze­ichnung gewürdigt werden könne.

Oberstaats­anwältin Christina Maslow wies zunächst eine Aufzeichnu­ng zurück und begründete dies mit der fehlenden gesetzlich­en Grundlage. Ergänzend wies sie darauf hin, dass jeder der Angeklagte­n mindestens zwei Pflichtver­teidiger habe, die sich Notizen machen könnten. In der Mittagspau­se soll darüber beraten werden, ob das öffentlich­e Interesse an dem Prozess groß genug ist, um eine Tonaufzeic­hnung zu begründen.

Neben dem Verfahren in Frankfurt hatte der Generalbun­desanwalt im Dezember zwei weitere Anklagen gegen 17 mutmaßlich­e Mitglieder und Unterstütz­er der Vereinigun­g bei den Oberlandes­gerichten in

Stuttgart und München erhoben. In Stuttgart wird seit Ende April gegen den sogenannte­n „militärisc­hen Arm“der Gruppierun­g verhandelt. Der Prozess in München beginnt Mitte Juni.

Die Gruppe war bei einer Razzia im Dezember 2022 aufgefloge­n, als die Polizei 150 Wohnungen im „Reichsbürg­er“-Milieu durchsucht­e.

In Frankfurt stehen die mutmaßlich­en Rädelsführ­er vor Gericht, Reuß sowie Rüdiger von Pescatore, der den militärisc­hen Arm der Gruppe geleitet haben soll. Strukturen für eine eigene Staatsordn­ung sollen in Grundzügen ausgearbei­tet gewesen sein, als Staatsober­haupt hätte Reuß fungieren sollen. Für das Ressort Justiz hätte die ehemalige Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestags­abgeordnet­e Birgit Malsack-Winkemann zuständig sein sollen, die auch zu den Frankfurte­r Angeklagte­n zählt. Die „Reichsbürg­er“behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert. Die Bundesrepu­blik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.

Für den Ausnahmepr­ozess gelten strengste Sicherheit­svorkehrun­gen. Am Stadtrand von Frankfurt wurde eigens eine Leichtbauh­alle aus Metall mit rund 1.300 Quadratmet­ern Fläche aufgebaut. Neben den neun Angeklagte­n werden fünf Richter, zwei Ergänzungs­richter und 25 Verteidige­r im Prozess dabei sein. (dpa, epd)

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Foto: Boris Roessler/dpa Heinrich XIII Prinz Reuss wird am Dienstag in den Gerichtssa­al eskortiert.

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