Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Stahlbauer schicken Eisenbahnbrücke auf Reisen
Die 100-Tonnen-Brücke wird einst in Weida stehen. Sie ist das bisher schwerste Produkt, dass den Stahlbaubetrieb Graf in Meißen verlässt. Dort sucht man personelle Verstärkung.
27,5 Meter lang, 5,2 Meter breit und rund 100 Tonnen schwer. Das sind die Maße der Eisenbahnbrücke, die in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die Stahl- und Maschinenbau GmbH Graf in Meißen verlassen wird. „So ein schweres Bauteil ist hier noch nie vom Hof gerollt“, sagt der Geschäftsführer des Traditionsunternehmens Matthias Graf. Die Eisenbahnbrücke soll im thüringischen Weida ein Bauwerk ersetzen, das gut einhundert Jahre alt ist. Der Montagetermin wird gerade vereinbart, sagt Stephan Skale. Er hat das gesamte Projekt betreut.
Auftraggeber und späterer Nutzer der Brücke ist die Deutsche Bahn. Von der Ausschreibung bis zur Auslieferung des stählernen Riesen ist fast ein Jahr vergangen. Er lagerte am Dienstagnachmittag noch auf dem Unternehmensgelände. Ein Stahlgigant, der nach seinem viele Hundert Stunden dauernden Zusammenbau nun Korrosionsschutz und Farbe erhalten soll. Das geschieht im vogtländischen Reichenbach. Dahin führte auch der Weg des Schwertransports, der am Dienstagabend Punkt 22 Uhr in Meißen startet.
Doch allein das Verladen der Brücke dauert mehrere Stunden. Der Riese wird dazu nicht angehoben, stattdessen fährt der Schwerlasttransporter unter die Konstruktion, die dann noch aufwendig gesichert werden muss. Das Stahlbauunternehmen mit Sitz in Weinböhla und Meißen ist einer der wenigen Hersteller von Eisenbahnbrücken in Deutschland, die besonders strenge Sicherheits-, sprich DIN-Vorschriften erfüllen müssen. Bei dem Transport ist die Länge von 27,5 Metern eine besondere Herausforderung. Vorboten der gewichtigen Lieferung sind schon seit Tagen auf der Ziegelstraße zu sehen. Parkverbotsschilder sorgen dafür, dass bei der Ausfahrt keine Pkw im Weg stehen. Nach Thüringen geht es dann über die Autobahn 4 gen Westen. Der Weg zum Autobahnzubringer fordert den Projektplaner und Fahrer. Der ist nicht allein unterwegs. Eine Vorhut dreht Ampeln weg und legt kurzerhand manches
Verkehrszeichen um, damit genügend Platz ist für den Giganten. „Wir haben über die Jahre viel Erfahrung gesammelt und trotzdem bleibt es immer wieder spannend“, so Geschäftsführer Graf. Auf der Bundesstraße 101 sei es bis Krögis noch relativ entspannt. Kummer bereite allerdings immer aus Neue die scharfe Rechtskurve im Ortsteil Soppen, der zur Gemeinde Käbschütztal gehört. Da ist neben fahrerischem Können auch gute planerische Vorarbeit gefragt.
Die Produkte der Meißner Stahlbauer, sie sind für die Ewigkeit gedacht – zumindest fast. Die Standzeit von 100 Jahr soll die neue Stahlbrücke toppen, sagt Stephan Skale. Und wer Lust hat, an so einem Projekt mitzuarbeiten, der kann sich bei dem Unternehmen gerne bewerben, auch für das neue Ausbildungsjahr. „Gut ein Drittel unserer Belegschaft hat hier im Unternehmen gelernt und senkt auch entsprechend den Altersdurchschnitt“, sagt Firmenchef Graf. Was er nicht sagt, was aber ein Schild neben dem Eingang zum Firmengebäude verrät, ist die Tatsache, dass die Stahl- und Maschinenbau GmbH Graf von der Industrieund Handelskammer als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet wurde, auch weil das familiengeführte Unternehmen Weiterbildungen und Möglichkeiten zur Spezialisierung anbietet. Hier kann man lernen, wie geschweißt, gerichtet und gebogen wird, um Geländer, Überdachungen, Tanks, Fahrstühle oder eben Brücken zu bauen. Weiterführende Infos gibt es unter: www.stahlbau-graf.de/ausbildung.
Wann die ersten Züge über die in Meißen geschraubte und geschweißte Bahnbrücke in Weida fahren, steht noch nicht fest. Aber es wird noch in diesem Jahr sein, ist Projektleiter Skale zuversichtlich.