Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Schrauben statt Schule: Weinböhlaer Schüler bringen Schwalbe zum Laufen
Vier Jugendliche in Weinböhla machen ein Moped aus Einzelteilen wieder fahrtüchtig. Ein erfahrener Kfz-Meister zeigt ihnen, wie faszinierend Handwerkskunst sein kann.
Blaugrauer Rauch füllt eine ehemalige Scheune in Weinböhla. Der Geruch von verbranntem Öl und Benzin steigt sofort in die Nase. Und die Augen der vier Jungs Nevio, Anton, Brian und Leopold leuchten. Seit Oktober 2023 haben sie sich gefunden, um gemeinsam in einer AG der Oberschule Weinböhla zu schrauben und zu werkeln. Sie haben es unter Anleitung von Knut Zwar geschafft, ein in Einzelteile zerlegtes Moped der Marke Simsons Schwalbe wieder so in Schuss zu setzen, dass sie läuft. Sichtlich stolz erzählen sie von ihrem Projekt.
Alle sind froh, dass es dieses Angebot an der Schule gibt. Denn sie waren oft schon in anderen AGs und empfanden diese, bis auf die Sportangebote, zu theoretisch. Zum Beispiel Leopold, der sich eher für Informatik interessiert und sogar Kurse am Rechenzentrum der TU Dresden absolviert. „Ich wollte das Schrauben aber einfach mal ausprobieren“, sagt der 13-Jährige, der als einziger noch die achte Klasse besucht. Brian ist von einem anderen Kaliber. Der 15-jährige Neuntklässler hat im Alleingang schon mehrere S51-Modelle repariert und zum
Laufen gebracht. Wenn er die Schule beendet hat, möchte er gern Kfz-Mechaniker werden. Genauso wie der 14-jährige Nevio, der in seiner Freizeit wiederum an Motocross-Maschinen schraubt. Auch Anton hat ein Faible für Kraftfahrzeuge – doch seine Leidenschaft gilt dem Aufmotzen von Autos. Ein Kumpel seines Vaters hat schließlich auch die Schwalbe zur Verfügung gestellt.
Wertschätzung für Jugendliche
„Es war schön, dass Knut von Anfang an auf unserer Wünsche eingegangen ist. Wir wollten gern an einem Moped herumschrauben, er machte es möglich“, sagt Brian. Knut Zwar gibt im Gegenzug an, dass er genau das wollte. „Ich wollte gern den Jugendlichen das Handwerk näherbringen und sie sollten Spaß haben“, sagt der KfzMeister, der in Coswig eine eigene Werkstatt betreibt. „Wir haben erst einen Hyundai-Motor zerlegt und das dazugehörige Getriebe.“Der Motor hatte schon fast 300.000 Kilometer Strecke hinter sich und lief nicht mehr. Einer seiner Kunden hat ihn der Schrauber-AG gespendet. „Am Motor haben wir uns angeschaut, was kaputt sein könnte“, sagt er. Dafür hat er ein kleines Schaubild in der Scheune erstellt, wie so eine Maschine funktioniert. Anton hatte das kurz Sorgen gemacht, aber theoretischer wurde es nicht mehr.
Denn die Jungs fingen schon im Januar an, an der Schwalbe herumzudoktern. Neben dem stückweise Zusammensetzen der Schwalbe waren die Oberschüler besonders begeistert vom Schweißen, genauer vom Gasschmelzschweißen mit richtiger Flamme. Sie haben viel gelernt und hätten das gar nicht so erwartet, als sie von dem Angebot erfuhren. Als im vergangenen Jahr Ende September die Oberschule ihr 125-jähriges Jubiläum feiert, stellte Knut Zwar die „Kfz – Werkeln und Schrauben“zum Tag der offenen Tür vor.
Noch wissen sie nicht, ob sie sich auch nach den Sommerferien mit Knut Zwar jeden Freitag im Rahmen des Ganztagsangebots der Oberschule Weinböhla weiter treffen können. Die Finanzierung ist bislang nicht geklärt. „Ich selbst verlange kein Honorar, aber wir brauchen verschiedenes Material“, sagt Knut Zwar. In den vergangenen Monaten habe er zum Beispiel einen Schrank mit ordentlichem Werkzeug angeschafft. „Falls es darüber nicht klappt, finden wir andere Wege.“Denn das nächste Projekt wartet schon. Und es kommt wieder von demjenigen, der auch die Schwalbe gesponsert hat.
„Wir erhalten einen alten Trabi, den wir instand setzen können“, sagt Zwar. Jetzt leuchten nicht nur die Augen der Jugendlichen, sondern auch die des Kfz-Meisters. Hier merkt man gleich, dass er seinen Beruf leidenschaftlich ausübt und gern den Jugendlichen etwas beibringt. Diese haben wiederum Spaß daran und lernen nebenbei etwas von seiner Handwerkskunst. Mehr als sechs Personen traue sich Knut Zwar aber nicht zu. Dann werde die Scheune zu voll, der Platz zum Werkeln reiche nicht aus. Aber er möchte noch etwas betonen: „Unsere AG ist auch für Mädels offen, die Lust am Schrauben haben.“