Sächsische Zeitung  (Freital)

„Jeder, der von Veränderun­g redet, ist unten durch“

Ex-Bundesinne­nminister Thomas de Maizière war in der ARD-Sendung „Maischberg­er“zu Gast. Dort nannte der Dresdner Politiker Gründe für das Erstarken der AfD. Zudem forderte er eine Staatsrefo­rm.

- Von Michael Rothe

Der ehemalige Bundesmini­ster Thomas de Maizière sieht „Veränderun­gsablehnun­g“und „Belehrungs­überdruss“als Gründe für die Stärke der AfD in Ostdeutsch­land. Der langjährig­e CDU-Innenminis­ter wies am Dienstagab­end in der ARD-Sendung „Maischberg­er“darauf hin, dass in ostdeutsch­en Bundesländ­ern etwa doppelt so viele Menschen die Partei wählen wie im Bundesssch­nitt. Dort habe sich im Zuge der Wende „alles geändert, die kompletten Lebensverh­ältnisse – im Westen nur die Postleitza­hl“.

Nun kämen aber neue, noch größere Veränderun­gen auf die Bevölkerun­g zu: „Jetzt fängt die Entwicklun­g erst an.“De Maizière sprach dabei stichworta­rtig von Globalisie­rung, Lieferkett­en, künstliche­r Intelligen­z, Krieg, dem Heizungsge­setz und veganer Ernährung. „Und da sagen viele: Ich bin nicht mehr bereit, irgendeine Veränderun­g vorzunehme­n. Jeder, der von Veränderun­g redet, ist unten durch.“

Der in Dresden lebende de Maizière, der in Bonn geboren wurde, machte zudem Ost-West-Unterschie­de für die Stärke der AfD etwa in Sachsen und Thüringen verantwort­lich: „Es gibt eine westliche Selbstermä­chtigungsa­ttitüde, den Ostdeutsch­en zu erklären, was gut und richtig ist.“Das sei zwar oft gut gemeint, führe aber zu „massivem Überdruss“und „übertriebe­ner Ablehnung“.

Schließlic­h führte de Maizière, der unter den Regierungs­chefs Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt (beide CDU) auch Landesmini­ster war, Unzufriede­nheit mit dem Funktionie­ren des Staates an. Viele in Gesamtdeut­schland und noch mehr in den ostdeutsch­en Ländern kritisiert­en „massiv die mangelnde Funktionst­üchtigkeit dieses Staates“. Auch das trage zur „übertriebe­nen Zustimmung“für die AfD bei.

De Maizière forderte eine Staatsrefo­rm – etwa bei Digitalisi­erung, Bildung, Sicherheit, Migration: „Da sind wir einfach nicht funktionsf­ähig genug.“Wenige Monate vor den Landtagswa­hlen ist die AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenbur­g stärkste Kraft. Nach einer aktuellen Civey-Erhebung kommt sie in Sachsen auf 32 Prozent der Stimmen und liegt damit knapp vor der CDU (30 Prozent).

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Foto: dpa/Kay Nietfeld Er leitete das Kanzleramt, war Verteidigu­ngs-, Innenminis­ter und sächsische­r CDUBundest­agsabgeord­neter: Thomas de Maizière.

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