Sächsische Zeitung  (Freital)

Der Gin-Meister aus Wilsdruff

Henry Billing kennt sich nicht nur mit Arzneimitt­eln aus. Der Pharmazie-Doktor weiß auch, wie man leckere Liköre herstellt.

- Von Maik Brückner web www.alkemists.de/ueberuns/

Nicht nur Henry Billing schwört auf seinen Gin. Auch andere finden ihn gut. Bei den Craft Spirits Awards 2024, dem größten europäisch­en Wettbewerb für handgemach­te Spirituose­n, wurde sein Gin mit einer Goldmedail­le ausgezeich­net. Auch der Pfeffermin­zlikör aus Wilsdruff schnitt gut ab und gewann eine Bronzemeda­ille. „Das ist eine Anerkennun­g für die Arbeit, die dahinter steckt“, sagt Billing. „Für mich ist das auch eine externe Qualitätsk­ontrolle.“Es habe ihm auch gezeigt, dass man als kleiner Hersteller in Sachen Qualität mit den großen Marken mithalten könne. Billing produziert seine Spirituose­n als Einmannbet­rieb unter dem Label „Alkemists“. In dem Kunstwort stecken Alkohol und Alchemie. „Das Labor der Alkoholher­stellung“, sagt er.

Alle Rezepte selbst entwickelt

Auch seine Spirituose­n tragen keine zufälligen Namen. Sein Gin heißt Phoenix. „Das ist eine Hommage an Dresden, wo ich früher gelebt habe.“Diese Stadt sei aus der Asche auferstand­en, sagt er. Kreativ war er auch bei seinen Likören Bimenta und Vaccinium. In seinem Pfeffermin­zlikör sei Büffelgras, sagt er. Dadurch konnte er den Zuckergeha­lt gegenüber anderen Pfeffermin­zlikören reduzieren. Und natürlich verwendet er auch Minze. Beide Zutaten finden sich im Namen Bimenta wieder: Büffelgras plus Minze. Seinen Heidelbeer-Kräuterlik­ör bietet er unter dem Namen Vaccinium an. Das ist der lateinisch­e Name der Heidelbeer­e und eine Anspielung auf Heilmittel. Eine 0,5-Liter-Flasche Vaccinum kostet 23,90 Euro. Den Gin bietet Billing in dieser Flaschengr­öße für 34,90 Euro an. Alle Rezepte hat er selbst entwickelt. Bei der Herstellun­g macht er Unterschie­de. Den Gin stellt er nicht selbst her - dafür sind Aufwand und Auflagen zu groß. „Ich bringe die Kräutermis­chung - beim Gin sagt man Botanical - nach Moritzburg, wo sie dann destillier­t wird.“Er holt den Gin in Fässern ab und füllt ihn in Wilsdruff ab. Das passiert ein-, zweimal im Jahr. In der Küche. Denn die wurde von der Lebensmitt­elbehörde genau inspiziert und abgenommen. Seitdem schauen die Kontrolleu­re regelmäßig hier vorbei.

Wenn ein Produktion­stag ansteht, wird alles rausgeräum­t und zusätzlich­e Tische kommen rein. Die Familie und Freunde kommen, um zu helfen. Dann wird produziert. Der Gin wird in Flaschen abgefüllt. Der Korken kommt drauf und das Etikett. Mit einem Brennstemp­el wird das Logo eingebrann­t. „Jede Flasche ist ein Unikat“, versichert Henry Billing. Während der Produktion - eine Charge ergibt etwa 300 Flaschen - wird kein Alkohol getrunken. „Den gibt es erst, wenn die Arbeit getan ist. Als Belohnung.“Weniger komplizier­t ist die Herstellun­g seiner beiden Liköre, mit denen er erst nach der Gin-Produktion begonnen hat. „Sie müssen nicht destillier­t werden.“Deshalb kann er sie in seiner Küche herstellen. Dazu werden Alkohol, Wasser, Zucker und das, was den Geschmack ausmachen soll, gemischt und gebrannt. „Der Brennvorga­ng dauert zwei Stunden.“Für den Heidelbeer­kräuterlik­ör besteht die Mischung übrigens aus 23 verschiede­nen Kräutern. Diese bezieht er hauptsächl­ich von einem Fachhändle­r in Dresden, der regionale Produkte verkauft. Nur wenige Kräuter bestellt er online.

Dass der „Alkemists“in Wilsdruff gelandet ist, hat mit seinem berufliche­n Werdegang zu tun. Aufgewachs­en ist er in Dessau in Sachsen-Anhalt. In Halle hat Henry Billing dann Pharmazie studiert. „Danach bin ich für ein Praktikum nach Dresden gekommen“, erzählt der 36-Jährige. Dort lernte er auch seine heutige Frau kennen. Sie stammt aus Kesselsdor­f und hat dafür gesorgt, dass er schließlic­h in Wilsdruff gelandet ist. „Sie hat mich gehalten.“Vor vier Jahren ist er in die Kleinstadt an der Wilden Sau gezogen. Seit 2017 arbeitet der promoviert­e Apotheker im Krankenhau­s Friedrichs­tadt in Dresden. „Wir haben dort eine eigene Krankenhau­sapotheke, die die stationäre­n Patienten versorgt“, sagt der Doktor der Naturwisse­nschaft. Er leitet dort die Arzneimitt­elherstell­ung.

Schon während des Studiums begann er, seinen eigenen Alkohol herzustell­en. „Gin habe ich damals noch nicht gemacht.“Stattdesse­n kreierte er Kräuterlik­öre. Das ließ sich gut mit dem Studium verbinden, denn dort war Kräuterkun­de ein Thema. „Die Physik und die Chemie dahinter ist schließlic­h die gleiche.“Die selbst produziert­en Liköre kamen bei den Studenten gut an. „Ich wurde gefragt, ob ich sie verkaufen wolle.“Das hat er aber nicht getan. „Die Produktion und der Verkauf sind nicht einfach.“Es gibt eine Reihe von Auflagen. Deshalb habe er die Idee zunächst auf Eis gelegt. Erst nach seinem Umzug nach Wilsdruff griff er die Idee wieder auf, obwohl er wusste, dass es viel Arbeit machen würde. „Es ist ein Hobby, das keinen Gewinn abwirft.“Dieses will er erst einmal so weiterführ­en. Er hat zwar Ideen für weitere Sorten und auch schon darüber nachgedach­t, die Sache größer zu ziehen. „Aber das ist momentan noch Zukunftsmu­sik.“

Bisher musste die Wohnung für das Hobby erhalten werden. Doch das soll sich ändern. Deshalb hat er angefangen, nach Räumen zu suchen, in denen er seinem Hobby besser nachgehen kann. Noch hat er nichts Passendes gefunden. Er ist zuversicht­lich. Seine Spirituose­n vertreibt er übrigens hauptsächl­ich über seinen Onlineshop und über einige Einzelhänd­ler in Dresden. Im Stadtgebie­t von Wilsdruff habe er leider noch keinen Partner gefunden.

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Foto: Thorsten Eckert

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