Der Gin-Meister aus Wilsdruff
Henry Billing kennt sich nicht nur mit Arzneimitteln aus. Der Pharmazie-Doktor weiß auch, wie man leckere Liköre herstellt.
Nicht nur Henry Billing schwört auf seinen Gin. Auch andere finden ihn gut. Bei den Craft Spirits Awards 2024, dem größten europäischen Wettbewerb für handgemachte Spirituosen, wurde sein Gin mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Auch der Pfefferminzlikör aus Wilsdruff schnitt gut ab und gewann eine Bronzemedaille. „Das ist eine Anerkennung für die Arbeit, die dahinter steckt“, sagt Billing. „Für mich ist das auch eine externe Qualitätskontrolle.“Es habe ihm auch gezeigt, dass man als kleiner Hersteller in Sachen Qualität mit den großen Marken mithalten könne. Billing produziert seine Spirituosen als Einmannbetrieb unter dem Label „Alkemists“. In dem Kunstwort stecken Alkohol und Alchemie. „Das Labor der Alkoholherstellung“, sagt er.
Alle Rezepte selbst entwickelt
Auch seine Spirituosen tragen keine zufälligen Namen. Sein Gin heißt Phoenix. „Das ist eine Hommage an Dresden, wo ich früher gelebt habe.“Diese Stadt sei aus der Asche auferstanden, sagt er. Kreativ war er auch bei seinen Likören Bimenta und Vaccinium. In seinem Pfefferminzlikör sei Büffelgras, sagt er. Dadurch konnte er den Zuckergehalt gegenüber anderen Pfefferminzlikören reduzieren. Und natürlich verwendet er auch Minze. Beide Zutaten finden sich im Namen Bimenta wieder: Büffelgras plus Minze. Seinen Heidelbeer-Kräuterlikör bietet er unter dem Namen Vaccinium an. Das ist der lateinische Name der Heidelbeere und eine Anspielung auf Heilmittel. Eine 0,5-Liter-Flasche Vaccinum kostet 23,90 Euro. Den Gin bietet Billing in dieser Flaschengröße für 34,90 Euro an. Alle Rezepte hat er selbst entwickelt. Bei der Herstellung macht er Unterschiede. Den Gin stellt er nicht selbst her - dafür sind Aufwand und Auflagen zu groß. „Ich bringe die Kräutermischung - beim Gin sagt man Botanical - nach Moritzburg, wo sie dann destilliert wird.“Er holt den Gin in Fässern ab und füllt ihn in Wilsdruff ab. Das passiert ein-, zweimal im Jahr. In der Küche. Denn die wurde von der Lebensmittelbehörde genau inspiziert und abgenommen. Seitdem schauen die Kontrolleure regelmäßig hier vorbei.
Wenn ein Produktionstag ansteht, wird alles rausgeräumt und zusätzliche Tische kommen rein. Die Familie und Freunde kommen, um zu helfen. Dann wird produziert. Der Gin wird in Flaschen abgefüllt. Der Korken kommt drauf und das Etikett. Mit einem Brennstempel wird das Logo eingebrannt. „Jede Flasche ist ein Unikat“, versichert Henry Billing. Während der Produktion - eine Charge ergibt etwa 300 Flaschen - wird kein Alkohol getrunken. „Den gibt es erst, wenn die Arbeit getan ist. Als Belohnung.“Weniger kompliziert ist die Herstellung seiner beiden Liköre, mit denen er erst nach der Gin-Produktion begonnen hat. „Sie müssen nicht destilliert werden.“Deshalb kann er sie in seiner Küche herstellen. Dazu werden Alkohol, Wasser, Zucker und das, was den Geschmack ausmachen soll, gemischt und gebrannt. „Der Brennvorgang dauert zwei Stunden.“Für den Heidelbeerkräuterlikör besteht die Mischung übrigens aus 23 verschiedenen Kräutern. Diese bezieht er hauptsächlich von einem Fachhändler in Dresden, der regionale Produkte verkauft. Nur wenige Kräuter bestellt er online.
Dass der „Alkemists“in Wilsdruff gelandet ist, hat mit seinem beruflichen Werdegang zu tun. Aufgewachsen ist er in Dessau in Sachsen-Anhalt. In Halle hat Henry Billing dann Pharmazie studiert. „Danach bin ich für ein Praktikum nach Dresden gekommen“, erzählt der 36-Jährige. Dort lernte er auch seine heutige Frau kennen. Sie stammt aus Kesselsdorf und hat dafür gesorgt, dass er schließlich in Wilsdruff gelandet ist. „Sie hat mich gehalten.“Vor vier Jahren ist er in die Kleinstadt an der Wilden Sau gezogen. Seit 2017 arbeitet der promovierte Apotheker im Krankenhaus Friedrichstadt in Dresden. „Wir haben dort eine eigene Krankenhausapotheke, die die stationären Patienten versorgt“, sagt der Doktor der Naturwissenschaft. Er leitet dort die Arzneimittelherstellung.
Schon während des Studiums begann er, seinen eigenen Alkohol herzustellen. „Gin habe ich damals noch nicht gemacht.“Stattdessen kreierte er Kräuterliköre. Das ließ sich gut mit dem Studium verbinden, denn dort war Kräuterkunde ein Thema. „Die Physik und die Chemie dahinter ist schließlich die gleiche.“Die selbst produzierten Liköre kamen bei den Studenten gut an. „Ich wurde gefragt, ob ich sie verkaufen wolle.“Das hat er aber nicht getan. „Die Produktion und der Verkauf sind nicht einfach.“Es gibt eine Reihe von Auflagen. Deshalb habe er die Idee zunächst auf Eis gelegt. Erst nach seinem Umzug nach Wilsdruff griff er die Idee wieder auf, obwohl er wusste, dass es viel Arbeit machen würde. „Es ist ein Hobby, das keinen Gewinn abwirft.“Dieses will er erst einmal so weiterführen. Er hat zwar Ideen für weitere Sorten und auch schon darüber nachgedacht, die Sache größer zu ziehen. „Aber das ist momentan noch Zukunftsmusik.“
Bisher musste die Wohnung für das Hobby erhalten werden. Doch das soll sich ändern. Deshalb hat er angefangen, nach Räumen zu suchen, in denen er seinem Hobby besser nachgehen kann. Noch hat er nichts Passendes gefunden. Er ist zuversichtlich. Seine Spirituosen vertreibt er übrigens hauptsächlich über seinen Onlineshop und über einige Einzelhändler in Dresden. Im Stadtgebiet von Wilsdruff habe er leider noch keinen Partner gefunden.
Wann:
Kosten:
Partner: