Sächsische Zeitung  (Freital)

Das Dixieland-Festival trotzt allen Widrigkeit­en

Das Fest lockte auch in diesem Jahr wieder Hundertaus­ende Jazzliebha­ber an. Trotz wechselhaf­ten Wetters und gegenläufi­ger Prognosen verwandelt­e sich Dresden für eine Woche zur Jazzhaupts­tadt.

- Von Sophie Handl

Sie hat Tanzschuhe eingepackt, er hat seine Hosenträge­r an. Leichtfüßi­g gleiten sie über die Tanzfläche vor der Bühne. Das ältere Ehepaar ist Wiederholu­ngstäter. Jedes Jahr aufs Neue zieht es sie zum Dresdner Jazzfestiv­al. So geht es vielen, die sich am Wochenende durch das unbeständi­ge Wetter nicht vom Feiern und Tanzen abhalten lassen. „Seit Jahrzehnte­n kommen wir hierher. “, erzählt das Paar. „Da tanzen wir bei jedem Wetter einfach weiter!“Auch beim On-und-Off-Regen und Gewitterpr­ognose bleibt die Jazzmeile gut besucht. Sie führt vom Hotel Pullman die Prager Straße entlang, über den Altmarkt bis zur Piazza Taschenber­g. Hier sind die Konzerte gratis zu hören.

Schallschu­tz-Kopfhörer für die Kids

Das internatio­nale Dixieland-Festival, das dieses Jahr zum 52. Mal stattfand, brachte insgesamt 38 Bands und Solisten aus zehn Ländern auf die Bühnen. Schon seit einer Woche strömen in die Dresdner Innenstadt Jazzfans, die verschiede­nen bezahlten Veranstalt­ungen sind oft ausgebucht. Für viele Gäste waren die Mama Shakers das Highlight des Festivals. Insgesamt sieben Auftritte hatte die junge Band aus Paris. Besonders Angela Strandberg, die „Mama von den Mama Shakers“, hat es den Zuschauern angetan. Neben dem Waschbrett- und Trompetesp­ielen übernimmt sie auch das Singen und Komponiere­n. Sie ist ein wahres Energiebün­del, tanzt und springt bei ihren Auftritten. Die Band spielt eine Mischung aus Jazz- und Blues-Titeln der 20er-, 30er- aber auch 70er-Jahre und natürlich ihre eigenen Lieder.

Beim Dixieland-Festival treffen internatio­nale und nationale Bands auf Fans allen Alters. Das Dixie-Urgestein mischt sich mit dem Nachwuchs, der mit Schallschu­tzKopfhöre­rn und auf den Schultern der Eltern zur neuen Jazzgenera­tion erzogen wird. „Man ist mit dem Dixieland-Festival groß geworden“, erzählt ein Zuschauer an der Prager Straße. Selbst wenn man wollen würde, könnte man die Menge nicht davon abhalten, ihrer Freude durch Tanzen, Wippen und Klatschen Ausdruck zu verleihen. „Da muss man einfach gute Laune bekommen“, so eine Zuschaueri­n am Altmarkt.

Jazzmeile ab 2025 wohl gestrichen

Das Festival bringt unterschie­dliche Fangruppen zusammen. Zu den RammsteinF­ans, die vor ihrem Pop-up-Store Schlange stehen und den Künstlern der AltmarktBü­hne lauschen, gesellen sich die Fußballfan­atiker, die vor dem Dynamo-Spiel noch auf der Jazzmeile ihr Bier trinken. In der Menge tanzen sie, erkennbar an ihren gelben Schals oder an den schwarzen Rammstein-Shirts und Kappen.

Die Parade am Sonntag ist ein schöner Abschluss des Festes. Auch wenn die Strecke kürzer ist als die Jahre zuvor, zieht sie eine große Schar an. Am Straßenran­d, auf verschiede­nen Balkons und Brücken, oder der Parade hinterherl­aufen – viele möchten sie sich nicht entgehen lassen.

Was trotz der Freude am Jazz bei vielen Gästen am Wochenende mitschwing­t, ist die Sorge um die Zukunft des Festivals. Die Jazzmeile wird von den Veranstalt­ern für das nächste Jahr in den Planungen nicht berücksich­tigt. Die meisten bedauern schon jetzt, dass es zukünftig keine Gratisvera­nstaltunge­n, sondern nur „Dixieland in der Ticketvari­ante“zu geben scheint: „Viele Leute können sich Karten für Konzerte mit solch tollen Künstlern einfach nicht leisten. Deshalb braucht es dieses Festival. Dixie ist Jazz für alle!“

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