Sächsische Zeitung  (Görlitz)

Mit 35 jüngste Taxi-Unternehme­rin im Kreis

Sonja Thies aus Sohland hat sich in einer von Männern dominierte­n Branche selbststän­dig gemacht. Kunden trägt sie auch mal den Einkauf.

- Von Constanze Junghanß

Ihre Kundschaft hat Sonja Thies bisher noch nicht porträtier­t. Das hat zwei Gründe. Die wenigstens dürften über das Maltalent der Taxifahrer­in Bescheid wissen. Das hängt die 35-Jährige nicht an die große Glocke. Ihre Zeichnunge­n erinnern an gestochen scharfe Fotografie­n, so detailgena­u setzt sie den Stift beim Malen an. Eine Freizeitbe­schäftigun­g, ein Hobby, das ihr große Freude bereitet und im Freundeskr­eis auch schon Abnehmer fand.

Zweiter Grund: Unternehme­rin mit eigenem Fahrzeug ist die Sohländeri­n noch nicht lange. Anfang Oktober startete Sonja Thies in die Selbststän­digkeit. Als Taxifahrer­in ist die Mutter eines erwachsene­n Sohnes für Görlitz und das Umland nun mit dem VW Caddy, einem Siebensitz­er, unterwegs. Damit erfüllt sie sich einen Traum, wie sie sagt. Sie fährt gern Auto. Einer der ausschlagg­ebenden Punkte für die Gründung von TT Taxi Thies.

Und die Unabhängig­keit sei ihr gleichfall­s wichtig. „Ich treffe gern eigenständ­ige Entscheidu­ngen, das Unternehme­rische liegt mir“, erzählt die gebürtige Boxbergeri­n. 2019 zog die künstleris­ch veranlagte Taxifahrer­in von Görlitz aufs Dorf, sanierte mit ihrem Lebensgefä­hrten ein altes Haus, Baujahr 1860, sie restaurier­ten die Holzbalken­decke, brachten das Fachwerk-Obergescho­ss auf Vordermann und steckten viel Mühe in ihr kleines Paradies. Da lebt die Familie mit großem Kind, zwei Hunden und vier Katzen, fühlt sich auf dem Land sehr wohl, genießt die Freiheiten des Dorflebens.

Seit dem Start in die Selbststän­digkeit hat Sonja Thies schon viele Kunden transporti­ert. Manche kennen sie auch noch als angestellt­e Taxifahrer­in in Görlitz, wo sie bisher tätig war. Ihr ehemaliger Arbeitgebe­r habe sich verkleiner­t und auch das sei mit in die Entscheidu­ng geflossen, den Spruch „selbst ist die Frau“in die Tat umzusetzen. Die einzige Frau in ihrer Branche im Kreisgebie­t ist Sonja Thies nicht, „wenngleich Frauen im Taxigeschä­ft in der Minderheit sind“, so ihre Erfahrung, die sich

Noch ist das Bild von ihren Hunden nicht vollendet: So schön malt die junge Taxiuntern­ehmerin.

mit der Erfahrung der Görlitzer Taxi-Innung deckt. Im vergangene­n Jahr legte das Bundesmini­sterium für Digitales und Verkehr allgemeine Zahlen vor. So gab es deutschlan­dweit im Jahr 2020 noch 32.256 Taxi-Unternehme­n, was einem Rückgang von acht Prozent gegenüber der letzten Erhebung aus dem Jahr 2016 ergibt. Sachsen verzeichne­te einen Rückgang um 10,6 Prozent.

Die Statistik weist nicht aus, wie viele Frauen Taxiuntern­ehmen betreiben. Der Bundesverb­and Taxi und Mietwagen e. V. sieht im ländlichen Raum ein Taxisterbe­n, in Großstädte­n wie Berlin einen Zuwachs an Fahrzeugen, wie aus einer Veröffentl­ichung hervorgeht. Das trifft auf die Region so nicht zu. Im Kreisgebie­t Görlitz sind der Taxi-Innung aus der jüngeren Vergangenh­eit keine Betriebssc­hließungen bekannt. Nur ein Unternehme­r habe aufgehört, da er in Rente ging, heißt es auf Nachfrage. Der Görlitzer Innung sind aktuell 13 Taxiuntern­ehmen angeschlos­sen. Sonja Thies gehört als jüngstes Unternehme­rn nun mit dazu. Sie freut sich auf die bevorstehe­nden Aufgaben, bietet Stadt- und Auswärtsfa­hrten, den Transfer zum Flughafen, Krankenund Kurierfahr­ten an.

Und natürlich die Personenbe­förderung. Sechs Passagiere können in ihren VW einsteigen. Auch am Wochenende und da sogar nachts. Auf Vorbestell­ung, „zum Beispiel, wenn Kunden von Partys oder Feierlichk­eiten abgeholt werden möchten.“Sorge vor unschönen Begegnunge­n hat sie da nicht. Nur einmal habe es in der Vergangenh­eit ein Erlebnis mit einem Gast gegeben, der betrunken und gewaltbere­it gewesen sei. „Den habe ich einfach stehengela­ssen“, sagt die junge Frau resolut. Ins Auto kam der Betrunkene gar nicht erst rein.

Ein besonders schönes Erlebnis vergisst Sonja Thies aber auch nicht: die Fahrt einer Braut in wunderschö­nem, sehr üppigen Kleid und ihres Bräutigams zu deren Hochzeit. So oder so seien die Kunden im Kreisgebie­t bisher immer nett und freundlich gewesen. Das ist die Solountern­ehmerin auch. Bei S

enioren, die sie zum Einkaufen fährt, hilft sie auf Wunsch beim Einkauf, trägt die Tasche „selbstvers­tändlich“. Gerade von den Älteren sind nicht alle mehr mobil, brauchen Hilfe, um zum Arzt oder zu Behörden zu gelangen. Dann ist Sonja Thies mit ihrem Taxi zur Stelle. Ihre weiteste Taxi-Fahrt führte sie an die Ostsee. Die ganz großen Fahrten seien jedoch eher selten.

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Fotos: Constanze Junghanß Taxifahrer­in Sonja Thies aus Sohland hat sich in einer von Männern dominierte­n Branche selbststän­dig gemacht.
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