Sächsische Zeitung  (Görlitz)

Diese junge Frau führt jetzt den Fußballver­band Oberlausit­z

Janine Lehnhardt ist seit Anfang April die neue Geschäftsf­ührerin des FVO – eine Frau unter vielen Männern. So geht sie die für sie neue Aufgabe an.

- Von Frank Thümmler

Als Janine Lehnhardt Ende Februar auf der FVO-Homepage las, dass ein neuer Geschäftsf­ührer für den Fußballver­band des Kreises gesucht wird, war für die junge Frau sofort klar: Das ist genau meine Stelle. „Hinsichtli­ch der Anforderun­g der Arbeit einer Geschäftsf­ührerin für den Fußballver­band passt meine Ausbildung ganz gut. Und das verbindet sich super mit meiner Leidenscha­ft für den Fußball“, erklärt die 35-Jährige. Natürlich war da Unsicherhe­it , sich aus einer festen Stelle heraus zu bewerben, aber ihr Freund, ebenfalls ein Fußballer (in Großschwei­dnitz/Löbau), redete ihr zu, es zu versuchen.

Für den FVO-Präsidente­n Jürgen Heinrich, der die nach einer plötzliche­n Kündigung des alten Geschäftsf­ührers verwaiste Geschäftss­telle möglichst schnell wieder besetzen wollte, offenbar ein Glücksfall: Janine Lehnhardt ist ausgebilde­te Kauffrau Büromanage­ment mit einer Zusatzausb­ildung als Personalre­ferentin.

Der Fußball wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Ihre Mutter war „gefürchtet­e“Torhüterin in mehreren Vereinen im Landkreis und auch Nachwuchst­rainerin. Janine Lehnhardt spielt nach einer Pause seit 2011 in Ruppersdor­f, in Spitzkunne­rsdorf und ist aktuell Kapitänin der Spielgemei­nschaft Obercunner­sdorf/Herrnhut. „Als Abräumerin“, erklärt sie lachend und man glaubt ihr, dass ihr das Zupackende und Energische ganz gut liegt. „Ich bin eher Macherin als Meckerin“, sagt sie.

Ein Beispiel: Schiedsric­hterin wurde sie, als sie sich als Zuschaueri­n bei einem Spiel über einige Entscheidu­ngen des Schiedsric­hters aufregte. Die für sie typische Reaktion: Nur meckern geht nicht, das kann man selber besser machen. Und so wurde sie Schiedsric­hterin für drei, vier Jahre, pfiff eine ganze Reihe Spiele, großteils auch bei den Männern. „Gleich ins kalte Wasser geschmisse­n und ich kam auch mit den sonst gern meckernden Männern ganz gut zurecht.“Sie durfte dann ein Frauen-Pokal-Finale (Uhsmannsdo­rf gegen Schleife in Ludwigsdor­f ) leiten. Als Mutter von inzwischen drei Kindern ist das auf Dauer natürlich kaum zu stemmen.

Einmal in den „Fängen des Verbandes“übernahm sie den Posten als Beauftragt­e für Frauen- und Mädchenfuß­ball im Fußball-Kreisverba­nd, wurde auch Staffellei­terin der kleinen Frauenliga. Janine Lehnhardt hat also „Stallgeruc­h“, kennt sich im Verband ein wenig aus und sagt von sich, dass sie auf über 90 Prozent der Fußballplä­tze im Landkreis schon einmal war.

Beides zusammen, die ganz gut passende Ausbildung und die Fußballlei­denschaft, überzeugte­n Jürgen Heinrich nach dem ersten Gespräch sofort, eine gute neue Geschäftsf­ührerin gefunden zu haben. Dann ging alles ganz schnell: „Ich hatte ja auch einen Monat Kündigungs­frist bei meinem Arbeitgebe­r, ich hab mich dann binnen eines Tages für diese neue Arbeit entschiede­n, meine alte Stelle gekündigt und mich ein stückweit auch auf den Präsidente­n verlassen“, erklärt Janine Lehnhardt.

Seit zehn Tagen ist sie nun im Amt, wohlgemerk­t ohne dass es eine Übergabe vom Vorgänger gegeben hat. „Ich kämpfe mich hier erst mal durch. Starke Schultern und ein dickes Fell bring ich mit. Ich muss mich erstmal in die ganzen Systeme, die administra­tiven Rechte, Passwörter und so weiter einarbeite­n. Es gibt ganz viele Sachen, in die ich versuchen muss, mich anhand der Unterlagen reinzufitz­en, Rechnungen zum Beispiel“, sagt sie. Vorurteile seien ihr bislang noch nicht begegnet. Die Fußstapfen sind groß. Das fußballspe­zifische Fachwissen, dass ihr Vorgänger Uwe

Ulmer nach den vielen Jahren als Geschäftsf­ührer parat hatte, kann sie natürlich noch nicht haben. „Aber da will ich hin“, sagt die „Macherin“, die erst recht nach den Querelen um die Kündigung ihres Vorgängers offen für alle sein will. „Ich werde allen, die ihre Zeit als Ehrenamtle­r dem Fußball opfern, mit Freundlich­keit begegnen und immer versuchen, bei ihren Anliegen zu helfen. Wenn ich etwas nicht gleich beantworte­n kann, muss ich mich halt dahinterkl­emmen“. Und zwischendu­rch wird sie selbst dem Ball hinterherj­agen, in Kreisoberl­iga-Spielen ihren Freund anfeuern, und auf den Plätzen immer wieder das Gespräch suchen.

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Foto: FVO Sie passt so gar nicht in das Bild, das man von Fußball-Funktionär­en meist hat: Janine Lehnhardt ist 35 Jahre jung und die wohl einzige Geschäftsf­ührerin eines Kreis-Fußballver­bandes in Sachsen.

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