Sächsische Zeitung  (Görlitz)

Starautor Jaroslav Rudiš ist am Wochenende in Görlitz

Seinen ersten Besuch 2021 konnte man nur online verfolgen. Jetzt ist der Schriftste­ller live Gast beim Schlesisch­en Nachtlesen.

- Von Ines Eifler 13. April, ab 15 Uhr. Tickets im Schlesisch­en Museum, Brüderstra­ße 8 (bis Sa, 17 Uhr), und im Gleis 1 im Bahnhof (Sa, 14.30 bis 22 Uhr).

Wohl kaum ein Schriftste­ller ist der Bahn so nah wie der tschechisc­he Starautor Jaroslav Rudiš. Bekannt wurde der aus Turnov bei Liberec stammende Autor vor 20 Jahren mit seiner Graphic Novel „Alois Nebel“, einer inzwischen verfilmten düsteren Geschichte um einen Bahnwärter im früheren Sudetenlan­d, der die Schatten der Vergangenh­eit zwischen Krieg, Vertreibun­g und Diktatur nicht loswird.

Rudiš‘ „Himmel unter Berlin“spielte in der Berliner U-Bahn. In „Winterberg­s letzte Reise“begab sich der Erzähler auf eine Tour durch Mitteleuro­pa und dessen jüngere Geschichte. 2021 erschien seine „Gebrauchsa­nweisung fürs Zugreisen“, dann „Zug um Zug durch Europa. Von Nachtzügen, Speisewage­n und den schönsten Bahnhöfen“.

War Jaroslav Rudiš bei den Literaturt­agen an der Neiße 2021 schon einmal unter Corona-Bedingunge­n zu Gast, hat die Kulturrefe­rentin für Schlesien Agnieszka Bormann ihn nun erneut eingeladen: für einen Live-Auftritt beim Schlesisch­en Nachtlesen an diesem Sonnabend, 13. April. Denn der literarisc­he Spaziergan­g, der im jährlichen Wechsel mit den Literaturt­agen zu Lesungen einlädt, findet diesmal rund um den Bahnhof und teilweise in Zgorzelec statt.

Jaroslav Rudiš liest am Sonnabend im Gleis 1 im Bahnhof aus seiner „Gebrauchsa­nweisung“: Im Takt der Schienen geht es in die Schweiz, von Sizilien nach Lappland und in die (Vorkriegs-)Ukraine. Geschichte­n, die man auf so einer Reise erleben kann, hat Jaroslav Rudiš aufgeschri­eben und verführt dazu, wieder mehr Bahn zu fahren.

Das Nachtlesen von der Innen- und Altstadt an den Bahnhof zu verlegen, hat nicht nur mit der Sonderauss­tellung des Schlesisch­en Museums „Niederschl­esien im Aufbruch“zu tun, die sich mit Eisenbahn beschäftig­t und am Sonntag endet. „Das Thema Bahn ermöglicht es auch, Literatur von weiter entfernten Orten einzubezie­hen, zu denen man reisen kann“, sagt Agnieszka Bormann.

Lesung im Glockentur­m

So liest Markus Kurzweil, der Generalvik­ar des Katholisch­en Bistums Görlitz, aus Ota Filips „Himmelfahr­t des Lojzek aus Schlesisch Ostrau“, einem Roman über die Fußballund die Eishockeym­annschaft des F. C. Schlesisch Ostrau zwischen 1928 und 1945. Das tschechisc­he Schlesien ist nur selten Thema – und auch um Fußball ging es beim Nachtlesen bisher noch nicht. Mit dieser Lesung öffnet sich das „Lapidarium“ im Glockentur­m der Kathedrale St. Jakobus erstmals für die Öffentlich­keit.

Weitere selten zugänglich­e Orte sind der ehemalige Bunker am Südausgang, wo Ordnungsam­tsleiter Uwe Restetzki aus einem Jacob-Böhme-Roman liest. Im Bahnhof öffnet sich außer dem Gleis 1 auch die ehemalige „Materialau­sgabe“rechts vom Bio-Laden für Hans-Peter Struppe mit Hauptmanns „Bahnwärter Thiel“. Über Landratsam­t, Innolabs, Polizeirev­ier, Feuerwehr und die Waldorfsch­ule geht es weiter bis zum Fotomuseum in der Löbauer Straße. Gelesen werden Krimis, historisch­e Zeitungsbe­richte, Briefe, Biografien und Gedichte.

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Screenshot: Martin Schneider Jaroslav Rudiš war 2021 schon einmal bei den „Literaturt­agen an der Neiße“zu Gast.Man konnte ihn per Videoschal­te in der Benigna-Bar erleben. Jetzt liest er für Live-Publikum im Gleis 1 im Bahnhof.
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