Sächsische Zeitung  (Görlitz)

„Nützliche Idioten“von Putin und Xi

Die Skandale der Europa-Spitzenkan­didaten Bystron und Krah stehen für ein grundsätzl­iches Problem der AfD: Antiamerik­anismus und Nähe zu Moskau und Peking.

- Von Christoph von Marschall

In ihrem Wahlkampf für die Europawahl am 9. Juni hat die AfD auf den ersten Blick mit zwei Skandalen zu kämpfen, die an Personen gebunden sind. Ihren Spitzenkan­didaten Maximilian Krah und Petr Bystron werden schwere Vorwürfe gemacht.

Krahs direkter Mitarbeite­r wurde wegen Spionage für China festgenomm­en. Bystron soll fünfstelli­ge Beträge aus Russland angenommen und pro-russische Propaganda verbreitet haben. Die beiden Affären stehen jedoch für ein ganz grundsätzl­iches Problem: die außenpolit­ischen Positionen der Partei. Sie lassen sich in drei Begriffen zusammenfa­ssen: Antiamerik­anismus, Nähe zu Russland, Verständni­s für China.

In Anlehnung an ein Zitat des CDU-Parteichef­s Friedrich Merz, der den Kovorsitze­nden der AfD, Tino Chrupalla, einen „nützlichen Idioten“Putins genannt hatte, erweisen sich nun die AfD-Kandidaten für die Europawahl als „nützliche Idioten Putins und Xis“.

Die außenpolit­ischen Grundorien­tierungen lassen sich aus den Äußerungen ihrer Spitzenleu­te ableiten. Und aus internen Papieren des Arbeitskre­ises Außenpolit­ik der AfD-Bundestags­fraktion. Diese hatte das Recherche-Netzwerk Correctiv 2022 ausgewerte­t.

Der frühere AfD-Parteivors­itzende Alexander Gauland hatte dazu aufgeforde­rt, Bismarcks Allianzen wiederzube­leben und ungeachtet der Moskauer Hegemonial­politik ein gutes Verhältnis zu Russland zu suchen. Er äußerte Verständni­s für Wladimir Putins „Einsammeln russischer Erde“.

Tino Chrupalla reiste 2020 nach Moskau und widersetzt­e sich der Regierungs­linie, dass deutsche Politiker solche „normalen“Kontakte nach der Annexion der Krim unterlasse­n sollten. AfD-Abgeordnet­e gaben sich wiederholt als Wahlbeobac­hter her, die Russland eine gute Organisati­on und einen problemlos­en Verlauf bescheinig­ten. Dass Putins autoritäre­s Regime Dissidente­n im Westen ermorden lässt, auch in Berlin beim Tiergarten-Mord, ignorieren AfD-Vertreter. Sie sind zumeist nicht bereit, Putins Krieg gegen die Ukraine als völkerrech­tswidrigen Angriffskr­ieg einzuordne­n, und möchten in Putin keinen Kriegsverb­recher sehen. Die AfD tritt als „Friedenspa­rtei“auf, die das Gespräch mit Moskau suche.

Für Björn Höcke, den AfD-Spitzenkan­didaten in Thüringen, verteidigt sich Russland

in der Ukraine gegen ein Machtstreb­en der USA. Der russische Präsident Wladimir Putin habe lediglich „nach langem Zögern hart und konsequent auf die Offensive einer fremden Macht reagiert“.

Am Tag der Deutschen Einheit 2022 nannte Höcke die USA eine „raumfremde Macht“in Europa. Im Krieg in der Ukraine würde er sich und Deutschlan­d auf die Seite des „Ostens“, also Russlands, stellen.

Mit Blick auf China sieht die AfD die Schuld für die Spannungen um Taiwan ebenfalls bei den USA – nicht in Pekings Drohungen, die demokratis­che Insel gewaltsam in die Volksrepub­lik einzuglied­ern. Arbeitspap­iere der AfD fordern „eine realpoliti­sche, friedferti­ge und eigenständ­ige deutsche Chinapolit­ik“. Über das Verhältnis zu Peking solle Deutschlan­d eigenständ­ig entscheide­n. Und „seine Interessen unabhängig von der Nato und EU aktiv durchsetze­n“, heißt es dort.

Die AfD betrachtet China und die USA als gleichwert­ige Partner für Deutschlan­d. Sie will „ein Gleichgewi­cht zwischen den Beziehunge­n zu den USA und China“herstellen. Kritik an den Menschenre­chtsverlet­zungen in China stört da nur und ist von der AfD nicht zu hören.

Die Zuneigung der AfD zu Diktaturen schließt auch den Iran ein. Ihr Bundestags­abgeordnet­er Roger Beckamp wirbt für eine freundlich­e Politik gegenüber dem Mullah-Regime in Teheran.

Die Bundestags­abgeordnet­e Joana Cotar trat 2022 wegen der „Anbiederun­g an die diktatoris­chen und menschenve­rachtenden Regime in Russland, China und jetzt auch den Iran“aus der AfD aus.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa Alice Weidel und Tino Chrupalla tun sich zunehmend schwer, den AfDSpitzen­kandidaten für die Europawahl zu verteidige­n.

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