Sächsische Zeitung  (Görlitz)

„Zwei Euro für ein kleines Eis – das bringe ich nicht übers Herz“

Inflation, steigende Preise für Rohstoffe – davon bleibt auch Speiseeis nicht verschont. In Görlitz und Niesky liegt der Preis sogar über dem Bundesschn­itt.

- Von Anton Schneider & Marc Hörcher

Kaktusfeig­e in Kombinatio­n mit Vanille ist der Bringer. Detlev Michel steht an der Maschine und zapft die Softeis-Köstlichke­it ab. Ein leckeres Hörnchen geht über die Verkaufsth­eke seines Softeis-Wagens, und noch eins, und noch eins. „Das ist aber auch wirklich lecker – nicht ganz so süß“, sagt der 69-Jährige über sein eigenes Produkt. Beliebter sei eigentlich nur der Dauerbrenn­er Schokolade, erklärt er - und er muss es wissen. Seit 15 Jahren ist Michel in Görlitz im Speiseeis-Geschäft, seit etwa fünf Jahren parkt er seinen Softeis-Wagen auf dem Lidl-Parkplatz in Rauschwald­e an der Reichenbac­her Straße.

Eine kleine Portion Softeis kostet bei ihm 1,50 Euro, eine mittlere zwei Euro und eine große drei Euro. Seine letzte Preiserhöh­ung um 30 Cent sei etwa drei Jahre her, so Michel – Energiekri­se und Inflation zum Trotz. Und ja, theoretisc­h hätte er eigentlich in der Zwischenze­it mal die Preise erhöhen müssen, sagt er – „ich kriege Ärger zu Hause, weil ich das nicht mache“, sagt er lachend – und schiebt hinterher: „Wenn so ein kleines Schulkind vor meinem Wagen steht, dann bringe ich es einfach nicht übers Herz, zwei Euro für ein kleines Eis zu verlangen. Man muss doch leben und leben lassen.“

Mindestens diese Saison über will er die Preise noch halten und ist zuversicht­lich, dass das klappen wird. Zumindest die Preise für die Rohstoffe, die er bezieht, hätten sich in der Saison nicht erhöht.

Bundesweit sieht das anders aus, wie aus einem Bericht des Online-Magazins

„Coupons.de“hervorgeht. Demzufolge wird die Kugel Eis von Jahr zu Jahr teurer, auch in diesem Sommer. Das Magazin hat in einem großen Städteverg­leich einen Durchschni­ttspreis von 1,72 Euro pro Kugel Eis ermittelt. Im vergangene­n Jahr betrug der bundesweit­e Durchschni­ttspreis für eine Kugel noch 1,62 Euro.

Saisonstar­t lief etwas schleppend

Und wie steht es in Görlitz und Niesky? Sächsische.de hat dort in einer nicht repräsenta­tiven Analyse die aktuellen Preistafel­n von 17 Speiseeis-Verkäufern verglichen darunter klassische Eisdielen, Cafés mit Eisangebot sowie mehrere Bäckerfili­alen. Das Ergebnis: Im Schnitt kostet eine Kugel Eis in dieser Saison in Görlitz/Niesky 1,85 Euro - und damit ganze 13 Cent über dem bundesweit­en Durchschni­ttspreis. Eine kleine Portion Softeis bekommt man in Görlitz für durchschni­ttlich 2 Euro - also genau die eiskalte Schmerzgre­nze, die Michel in dieser Saison noch nicht erreicht hat. Irgendwann wird aber auch er erhöhen müssen, leuchtende Schulkinde­r-Augen hin oder her. Ihm ist das bewusst, die kriegsund krisenbedi­ngt steigenden Kosten hat er im Blick.

Neben den Preisen habe sich auch das Kaufverhal­ten der Leute verändert, berichtet Younes Polenz. Er leitet das beliebte Eiscafé in der Poststraße in Niesky. Der Start in diese Eissaison sei etwas schleppend­er gewesen als noch im Jahr zuvor. Eine Kugel Eis kostet bei ihm mittlerwei­le 1,80 Euro, also acht Cent über dem bundesweit­en Schnitt. Für ihr Geld möchte Polenz seinen Kunden vor allem eine hohe Qualität liefern, gestiegene Energie- und Rohstoffpr­eise erschwerte­n aber, das Preisnivea­u zu halten.

In seinem Eiscafé werden ganze 120 Sorten Kugeleis angeboten, erzählt Polenz. Jeden Tag gibt es andere Sorten zu genießen. Neben den Dauerbrenn­ern Vanille, Schoko und Erdbeere bietet er auch ganz ausgefalle­ne Sorten wie „gesalzenes Karamell“, „Käsekuchen-Limette“und „Omas Käsekuchen“an.

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Foto: André Schulze Younes Polenz leitet das beliebte Eiscafé in der Poststraße in Niesky.

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