Spenden für Heinz Hoenig – gut so, oder selbst schuld?
Der kranke, aber nicht versicherte Schauspieler, erfährt viel Solidarität der Bevölkerung. Aber er erntet auch Kritik.
Die schwere Operation an der Speiseröhre ist offenbar gelungen. Soweit die jüngsten Nachrichten zum Fall Heinz Hoenig, der plötzlich heiß diskutiertes Thema ist. Der bekannte Schauspieler ist allerdings nicht nur wegen seiner Krankheit in die Schlagzeilen geraten, sondern weil er zudem nicht krankenversichert ist. Um die Operation bezahlen zu können, wurde deshalb um Spenden geworben.
Das Echo auf diese Aktion war zweigeteilt: Es gab jene, die sofort helfen wollten, und jene, die darauf verwiesen, dass Heinz Hoenig sich seine Situation doch wohl selbst zuzuschreiben habe. Mitleid sei daher nur begrenzt angemessen. Wer liegt mit seiner Sicht richtig?
Die Fraktion der eher Hartherzigen wirft dem heute 72-Jährigen vor, dass er zwischendurch viel verdient habe und mit dem Geld hätte vernünftiger umgehen können. In ihre Reaktionen lässt sich ein grundsätzliches Unbehagen an allem, was nicht regelkonform ist und Unordnung auslöst, hineinlesen. Schließlich könnte Heinz Hoenig heute regulär krankenversichert sein, wenn er nur seinen Papierkram in seinem Leben immer ordnungsgemäß erledigt hätte.
Laut seinem Management konnte Hoenig die Privatversicherungsbeiträge mangels Rollenangeboten irgendwann nicht mehr bezahlen, war damals aber zu alt für die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung. Auch Hoenigs Familie widerspricht nicht. „Er hat früher gutes Geld verdient und hätte Vorsorge treffen können, ja“, sagte seine Ehefrau Annika Hoenig am Sonntag im Fernsehsender RTL.
Soll er Privatinsolvenz anmelden!
Hätte, ja, hat er aber nicht. Dann solle er doch beim Sozialamt vorstellig werden, Privatinsolvenz anmelden oder sich sonst wie auffangen lassen. So wird es unter anderem in den Onlinekommentaren bei Tagesspiegel.de angeregt. Daneben gibt es auch die „Kein Grund zur Häme, aber“Fraktion.
Und es gibt diejenigen, die sich über das Zustandekommen der Notsituation weniger Gedanken machen als über die Notsituation an sich. Hier findet sich die Bereitschaft zur Solidarität ohne Bedingungen, die „Brüderlichkeit der Tat“. Sie lässt sich auch als Mahnung ans Krankenversicherungswesen lesen, dessen Solidaritätsprinzip nicht zuletzt durch die Aufspaltung in private und gesetzliche Kassen demoliert wurde.
Solidarische Stimmen finden sich auf der Spendenplattform „Gofundme“, auf der nach einem Aufruf unter dem Titel „Heinz Hoenig: Operations- und Klinikkosten“bisher mehr als die 150.000 Euro zusammengekommen sind. Diese Zahl wurde ursprünglich als Zielsumme genannt.
Spenden ab fünf Euro
Die einzelnen Spenden reichen von fünf Euro bis 2.000 Euro. Die Spenderinnen und Spender haben in einer Kommentarspalte Genesungswünsche hinterlassen und sich für die schönen Momente bedankt, die Hoenig ihnen in seinen zahlreichen Fernsehrollen
beschert habe. Sei es im 1980erJahre-Straßenfeger „Das Boot“oder in 1990er-Jahre-Erfolgsmehrteilern wie „Der große Bellheim“, „Der Schattenmann“und „Der König von St. Pauli“. „Er machte uns mit seinen Rollen auch immer glücklich, nun können wir auch mal helfen!“, schreibt etwa ein Fünf-Euro-Spender.
Und wenn die Summe auch klein sein mag, ist die Widmung doch groß. Denn sie umgeht die Hierarchie, die mitleidigen Gesten, wie sie der Spende oft zugeschrieben werden. Zudem können sich die Spender auf den Dichter Gotthold Ephraim Lessing (1729 bis 1781) berufen, der mitleidige Menschen für „besser und tugendhafter“als die anderen erklärte. Das gilt schließlich auch dann, wenn die Notlage selbstverschuldet ist.