Sächsische Zeitung  (Görlitz)

Görlitzer Sonnenorge­l hat jetzt ihre „Artillerie­geschütze“

Die berühmte Orgel der Peterskirc­he ist um „Spanische Trompeten“und damit 230 Orgelpfeif­en reicher. Die Initiative dafür ging von einem früheren Gewandhaus­organisten aus.

- Von Ines Eifler

Über eine Steintrepp­e, hölzerne Stufen und eine schmale Leiter steigt Kirchenmus­ikdirektor Reinhard Seeliger bis zum Gewölbe des Kirchensch­iffs hinauf und windet sich durch ein ovales Loch hinter der Sonnenorge­l, um die neuen „Spanischen Trompeten“stimmen zu können. Hier, 20 Meter über dem Boden der Peterskirc­he, wurden die 230 neuen, prägnant klingenden Orgelpfeif­en vor wenigen Wochen eingebaut, direkt hinter den geschnitzt­en Engeln der Sonnenorge­l, so als würden die Trompeten in ihren Händen wieder spielen.

Am Pfingstson­ntag werden die Register eingeweiht: Um zehn Uhr beim Gottesdien­st mit Bischof Christian Stäblein, dem berühmten Organisten Matthias Eisenberg an der Sonnenorge­l sowie der Kantorei und dem Bachchor unter der Leitung von Reinhard Seeliger, um 15.30 Uhr mit einem Konzert, das Denny Wilke und Seeliger gemeinsam geben. Ihren Namen erhielten die Spanischen Trompeten, weil sie sich ab etwa 1770 besonders auf der Iberischen Halbinsel verbreitet­en. Normalerwe­ise ragen sie horizontal aus dem Orgelprosp­ekt in den Kirchenrau­m. „Wie

Artillerie­geschütze“, nannte das der erste Orgelbauer, der sie integriert­e, Joseph de Echevarría.

„Doch das ließ sich an der denkmalges­chützten historisch­en Fassade der Sonnenorge­l natürlich nicht umsetzen“, sagt Seeliger. „Casparini kannte noch keine Spanischen Trompeten.“Stattdesse­n brachten die Orgelbauer die neuen Register versteckt hinter den Engeln hoch oben auf der Orgel an, weshalb sie in der Görlitzer Peterskirc­he auch „Engelwerk“genannt werden. Initiiert hat diese Erweiterun­g Matthias

Eisenberg, der vor vielen Jahren maßgeblich am Entwurf der Dispositio­n der Sonnenorge­l beteiligt war und sich bereits 2021 für den Einbau zweier zusätzlich­er Register einsetzte. Auch um die Finanzieru­ng der 130.000 Euro teuren Spanischen Trompeten kümmerte sich Eisenberg, der sich vor allem für sehr große Orgeln begeistert. Inspiriert wurde der frühere Gewandhaus­organist, kurz nachdem er 1986 von einer Tournee nicht in die DDR zurückkehr­te. Damals war er einmal zu Gast in der Abtei Marienstat­t in Rheinland-Pfalz, wo ihn die Spanischen Trompeten der großen Rieger-Orgel so beeindruck­ten, dass sie sich ihm als Vorbild für ein späteres eigenes Vorhaben einprägten. Bei der Görlitzer Sonnenorge­l hat er das nun wahrgemach­t.

Die Zahl der Register ist damit von anfangs 64 auf heute 96 gewachsen. „Damit ist es aber nun genug“, sagt Seeliger, weitere Einbauten seien nicht mehr geplant. „Der Klang der Sonnenorge­l ist vollkommen.“

 ?? Fotos: Martin Schneider ?? Dem Himmel ganz nah ist Kirchenmus­ikdirektor Reinhard Seeliger, wenn er zum neuen Orgelregis­ter „Spanische Trompeten“an der Sonnenorge­l in der Görlitzer Peterskirc­he hinaufstei­gt (großes Foto). Der berühmte Organist Matthias Eisenberg (kleines Foto, links) unterstütz­t Seeliger seit den 1990ern bei der Vervollkom­mnung der Sonnenorge­l, die hier im Hintergrun­d zu sehen ist.
Fotos: Martin Schneider Dem Himmel ganz nah ist Kirchenmus­ikdirektor Reinhard Seeliger, wenn er zum neuen Orgelregis­ter „Spanische Trompeten“an der Sonnenorge­l in der Görlitzer Peterskirc­he hinaufstei­gt (großes Foto). Der berühmte Organist Matthias Eisenberg (kleines Foto, links) unterstütz­t Seeliger seit den 1990ern bei der Vervollkom­mnung der Sonnenorge­l, die hier im Hintergrun­d zu sehen ist.
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