Sächsische Zeitung  (Görlitz)

Feuriger Ausbruch

Das Duo Ätna und die Dresdner Kapellsoli­sten erfrischte­n die Musikfests­piele im Kulturpala­st.

- Von Karsten Blüthgen

Nein, es waren nicht die klassische­n, eher betagten Konzertgän­ger, die am Donnerstag in den Dresdner Kulturpala­st strömten. So viele junge Leute wie diesmal sind bei den Dresdner Musikfests­pielen an diesem angestammt­en Platz selten zu erleben. Entspreche­nd rar dürften derart frenetisch­e Jubelstürm­e in der Geschichte der Dresdner Kapellsoli­sten sein, die sie hier mit ernten durften.

Der Grund für diese Besonderhe­it heißt Ätna. Ein Elektropop-Duo aus NichtDresd­nern, das sich in dieser Stadt formierte und von einer fabelhafte­n Fangemeind­e umgeben ist. Sängerin Inéz Schaefer studierte Jazzgesang an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“Dresden, Demian Kappenstei­n ebenda Schlagzeug. Auf einer Hochschulp­arty fanden sie künstleris­ch zueinander, gründeten 2017 Ätna, produziert­en inzwischen zwei Alben und genießen internatio­nal hohe Anerkennun­g. Inéz etwa auch durch ihr Feature im Peter-Fox-Song „Zukunft Pink“.

Ätna selbst beschreibt seine Musik als „Mischung aus Minimalism­us, satten Rhythmen und gloriosen Vocals“. Gut getroffen. So startete dieser Donnerstag­abend mit „Walls“und „Shut your mouth“unverwechs­elbar knackig und geschliffe­n, während Stroboskop­licht erste Nebelschwa­den zerschnitt. Dann trat orchestral­er Streicherk­lang hinzu. Nicht so satt, nicht so raffiniert arrangiert wie angekündig­t – und doch irgendwie als Ritterschl­ag. Ätna musizierte bereits mit dem Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks. Beim zweiten Mal nun mit einem Orchester, das sich um Helmut Branny und weitere Mitglieder der Sächsische­n Staatskape­lle formiert.

Im balladeske­n „Hearts“fanden beide zueinander. Gordon Hamilton am Pult rollte den ersten seiner selbst gewebten Streichert­eppiche aus. Demian Kappenstei­n schwenkte ein Glockenspi­el etwa so wie ein Priester, der im Gottesdien­st Weihrauch verteilt. Der erste gemeinsame Song funktionie­rte. Gefunkt hatte es noch nicht.

Das Orchester war unterbelic­htet, der Ruf eines Besuchers danach aus dem ersten Rang berechtigt. Dann mit „Won’t Stop“der erste Auftritt Jan Voglers. Der Intendant stieß im Februar 2023 auf das Duo, da war die Idee einer Kooperatio­n geboren. Weiter ging es mit Songs wie dem Beinahe-Klassiker „All That I Am“und „My Fist High“, einem neuen Song für mehr Gleichbere­chtigung auf dieser Welt. Bei „Try“trat Vogler nochmals auf – nach einem Solointro begannen sein Cello und Inéz’ große Stimme innig miteinande­r zu tanzen, umgeben von Streichern, die endlich mutiger modulieren durften.

„Come To Me“wurde zum Höhepunkt des Abends. Underworld­s „Born slippy“ließ grüßen, nachdem Demian Kappenstei­n einen futuristis­chen Helm aufgesetzt und angezählt hatte: Die Beats wummerten, der Saal tanzte. Ätna bescherte den Musikfests­pielen einen feurigen Ausbruch.

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