Sächsische Zeitung (Großenhain)
Tausende Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen An wen wenden, wenn es schiefgegangen ist? So wird Einstieg nach Urlaub leichter Neue Funktion jetzt auch für iphones Im Alter schrumpft der Mensch
In Sachsen hat sich jeder dritte Verdachtsfall bestätigt. Doch die Dunkelziffer ist hoch. Der Medizinische Dienst zeigt, in welchen Bereichen im vorigen Jahr am meisten schief lief.
Die alte Dame hatte keine Bedenken, als sie sich zum zweiten Mal für ein neues Hüftgelenk entschied. Denn auf der linken Seite hat sie die OP gut vertragen. Doch rechts lief dann alles nicht so glatt. Das Gewebe infizierte sich. Die 73-Jährige musste nachoperiert werden. Sie hat Schmerzen und kann bis heute nicht richtig gehen. Aus ihrer Sicht ein Behandlungsfehler.
Ob es tatsächlich einer ist, muss der Medizinische Dienst bewerten. 13.059 Fälle hat er im vergangenen Jahr untersucht – davon 645 aus Sachsen. Noch nicht mitgerechnet sind Behandlungsfehler, die bei den Schlichtungsstellen der Landesärztekammern angezeigt werden.
Bundesweit hat sich in jedem vierten Fall der Verdacht auf einen Behandlungsfehler bestätigt, in Sachsen sogar bei jedem dritten Fall. Die meisten Geschädigten waren zwischen 50 und 70 Jahre alt. Das entspricht laut des am Donnerstag vorgestellten Jahresberichts des Medizinischen Dienstes auch dem Alter, in dem am häufigsten operiert wird. Infektionen und Komplikationen bei Implantationen wie bei der alten Dame gehören zu den häufigsten Problemen.
Die Dunkelziffer ist bei Behandlungsfehlern allerdings hoch. „Nach epidemiologischen Studien liegen bei einem Prozent der Krankenhausfälle Behandlungsfehler vor“, sagt Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes. „Nur etwa drei Prozent von all diesen vermeidbaren unerwünschten Ereignissen werden aber nachverfolgt.“Deshalb seien die Zahlen nicht repräsentativ.
Das gilt auch für besonders schwerwiegende Fehler – solche, die gar nicht passieren dürften. Das sind zum Beispiel nach einer OP im Körper vergessene Gegenstände, verwechselte Patienten oder Körperteile, hochgradig wundgelegene Patienten, aber auch Fehler in der Medikation und Pflege. 165 solcher schweren Fehler wurden bundesweit vom Medizinischen Dienst im letzten Jahr erfasst, 35 mehr als ein Jahr zuvor, davon vier im Freistaat. So hatte ein Mann aus Sachsen nach einer OP an der Lendenwirbelsäule immer noch Schmerzen. Eine Ct-aufnahme zeigte die Ursache, berichtet die AOK Plus: Ein Tupfer war im Körper vergessen worden – eindeutig mangelnde ärztliche Sorgfalt. Denn Zählkontrollen nach der OP sind unverzichtbar.
„Jahr für Jahr finden wir die gleichen schwerwiegenden Fehler“, sagt Gronemeyer. „Wir halten deshalb die Einführung einer bundesweiten Meldepflicht solcher Behandlungsfehler für dringend notwendig.“International sei sie längst Standard. Voraussetzung für den Erfolg sei, dass die Anzeige vertraulich und anonym erfolgt, vollkommen losgelöst von haftungsrechtlichen
■ Bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler
■ Die Unabhängige Patientenberatung Konsequenzen. „Denn wenn solche Fehler passieren, dann weist das nicht auf das Versagen Einzelner hin. Es zeigt vielmehr, dass Risiken im Versorgungsprozess bestehen und die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort unzureichend sind“, sagt er.
„Zwei Drittel der 2022 gemeldeten Verdachstfälle bezogen sich auf den stationären Bereich, ein Drittel auf Arztpraxen“, sagt Dr. Christine Adolph, leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes. Mit rund 30 Prozent am häufigsten waren die Bereiche Orthopädie und Unfallchirurgie vertreten, dabei besonders der Hüft- und Kniegelenksersatz, wie auch das Beispiel der 73-Jährigen aus Sachsen zeigt. An zweiter Stelle liegt die Innere Medizin (zwölf Prozent), die Allgemeinmedizin sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe (je neun Prozent). „Aufgrund der geringen Zahl der beurteilten Fälle erlaubt diese Einordnung aber keine Rückschlüsse auf die Fehlerquote einzelner Fachbereiche“, sagt sie. Wenn nach Operationen das Ergebnis nicht zufriedenstelle, würde das eher als Fehler gesehen, als wenn sich nach einer medikamentösen Behandlung
■ Für sein Gutachten
■ Festgehalten werden
■ Wer rechtsschutzversichert
■ Behandlungsfehler verjähren
■ Anlaufstellen:
kein Erfolg einstelle oder sich die Symptome verschlimmerten.
In mehr als 60 Prozent der begutachteten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patienten nur vorübergehend. Das bedeutet, eine Behandlung oder ein verlängerter Krankenhausaufenthalt waren notwendig, die Patienten sind jedoch vollständig wieder genesen. Der Rest trug bleibende Schäden davon. „Im leichtesten Fall sind das zum Beispiel geringe Bewegungseinschränkungen oder eine sichtbare Narbe“, sagt Christine Adolph. Das traf auf rund 14 Prozent der Begutachtungen zu. Eine mittlere Folgenschwere sahen Gutachter bei 13 Prozent. Sie erlitten zum Beispiel chronische Schmerzen, erhebliche Bewegungseinschränkungen oder die Störung einer Organfunktion. Ein schwerer Dauerschaden liege vor, wenn Geschädigte bettlägerig und aufwendig pflegebedürftig geworden sind, wenn sie aufgrund eines Behandlungsfehlers erblinden oder querschnittgelähmt sind. Das war bei etwa acht Prozent der Fall. „In drei Prozent hat der Fehler zum Tod des Patienten geführt oder wesentlich dazu beigetragen“, sagt sie.
Anspruch auf Schadenersatz haben Patienten nur dann, wenn der Behandlungsfehler einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Wer einen solchen Anspruch geltend macht, muss dies im Streitfall beweisen. Das stellt Betroffene vor große Hürden. Deshalb fordern Patientenvertreter schon lange eine Beweislastumkehr, bei der der Arzt nachweisen muss, keine Fehler begangen zu haben.
Der Mann aus Sachsen, bei dem der Tupfer vergessen wurde, hat Anspruch auf Schmerzensgeld. Er musste erneut operiert werden, trägt aber wahrscheinlich keine bleibenden Schäden davon. Bei der 73-Jährigen aus Sachsen dagegen lag aus Sicht des Medizinischen Dienstes kein Behandlungsfehler vor. Das Eintreten von Infektionen sei schicksalhaft. Auch bei sorgfältigstem Arbeiten der Operateure könne eine Wundinfektion nicht immer vermieden werden. Die Zuckerkrankheit der Frau habe möglicherweise mit dazu beigetragen, dass sich die Bakterien ausbreiten konnten.
Nach einem Urlaub hält sich die Lust auf den Arbeitsalltag oft in Grenzen. Dies sei ein normaler „Anpassungsprozess“, heißt es vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft. Meist reguliere sich die fehlende Motivation nach ein bis zwei Wochen.
Die Rückkehr in den Arbeitsalltag kann man sich erleichtern, indem man seinen Wiedereinstieg plant. „Starten Sie beispielsweise erst in der Wochenmitte wieder in den Job, somit können Sie sich schon auf das bald nahende Wochenende freuen“, rät Martina Frost vom Institut. Am ersten Tag solle man mit einfachen Aufgaben starten und möglichst nur die wichtigsten Termine einplanen. „Dann haben Sie Zeit, sich wieder einen Überblick zu schaffen und Aufgaben zu priorisieren“, so Frost.
Den Einstieg erleichtern können zudem kleine Pausen, in die man Entspannungsübungen einbaut. Wichtig: positiv bleiben. Versuchen Sie sich beispielsweise auf die netten Kollegen oder spannende Projekte zu konzentrieren. Und sorgen Sie für ein aufgeräumtes Umfeld: Im Homeoffice sollte alles, was an Haushaltsaufgaben erinnert, aus dem Blickfeld sein. Ablenkungen auf dem Schreibtisch wie das Smartphone oder Essen räumt man besser weg.
Auch Führungskräfte können ihren Mitarbeitern den Wiedereinstieg erleichtern. Dafür sollten sie Frost zufolge Urlaubsrückkehrern ausreichend Zeit für die Einarbeitung geben und störungsfreie Zeit ermöglichen, etwa durch Terminblocker im Kalender oder die Arbeit im Homeoffice. Gemeinsam mit den Mitarbeitern lassen sich realistische Ziele vereinbaren. Absprachen, wie nach dem Urlaub mit der entstandenen E-mail-flut umgegangen werden sollte, sorgen für einen möglichst reibungslosen Start. Besprechen können beide Seiten etwa, welche Mails sofort gelesen werden müssen und welche Zeit haben. Womöglich kann auch die Abwesenheitsnotiz am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub noch eingeschaltet bleiben – und den Beschäftigten so mehr Ruhe bei der Rückkehr verschaffen. (dpa)
Signal hat die Möglichkeit, selbst geschriebene Texte vor dem Abschicken zu formatieren, auf alle von dem Messenger unterstützten Geräteplattformen ausgedehnt. Markierte Wörter oder Sätze lassen sich so nun auch auf iphones und ipads sowie am PC beispielsweise fetten, in kursive Schrift setzen oder durchstreichen. Anfang Juli hatte Signal diese Funktion zunächst nur für Android eingeführt, ab sofort funktioniert es auch auf ios-geräten (ab Signalversion 6.36) und am PC (Windows, Mac und Linux). (dpa)
sollte man sich zuerst an den behandelnden Arzt und an die Krankenkasse wenden. Auch die Gutachterstelle der Landesärztekammer Sachsen ist Ansprechpartner. Bei einem begründeten Verdacht kann ein kostenfreies Gutachten beim Medizinischen Dienst in Auftrag gegeben werden.
berät ebenso kostenfrei. Doch sie arbeitet nur noch bis zum Jahresende. Ab 2024 soll eine unabhängige Stiftung die Aufgaben der Patientenberatung übernehmen.
braucht der Medizinische Dienst verschiedene Unterlagen wie eine Erklärung zur Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht (Mustervordrucke bei der Krankenkasse), die Behandlungsunterlagen wie Arztbriefe, OP- und Pflegeberichte, Bildaufnahmen und Laborwerte, sowie ein Gedächtnisprotokoll, das den zeitlichen Ablauf des medizinischen Geschehens zusammenfasst.
sollte auch, wer alles an der Behandlung beteiligt war und welche Mitpatienten Zeugen sein könnten.
ist, sollte zudem seinen Versicherer informieren.
Im Alter wird der Mensch kleiner, los geht es bereits zwischen 30 und 40 Jahren. Männer verlieren im Laufe ihres Lebens etwa drei, Frauen etwa vier Zentimeter Größe. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Bandscheiben, schreibt der Senioren Ratgeber. Ihr Gallertkern ist mit Flüssigkeit gefüllt und federt Bewegungen ab. Im Alter speichert er weniger Wasser und wird mit den Jahren dünner und kleiner. Die Körpergröße nimmt dadurch ab. Und auch auf die Muskulatur kommt es an: Lässt im Alter die Körperspannung nach, sacken wir in uns zusammen. (dpa)
nach drei Jahren, wenn zwischenzeitlich keine rechtlichen Schritte eingeleitet wurden.
Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Landesärztekammer Sachsen, Schützenhöhe 16, 01099 Dresden, Tel. 0351 82670, www.slaek.de/de/patient/ behandlungsfehler.php Unabhängige Patientenberatung Deutschland, Tel.: 0800 0117722: www.patientenberatung.de