Sächsische Zeitung  (Großenhain)

Familienge­richt muss 72-mal eingreifen

Wenn Eltern ihrer Pflicht zur Fürsorge nicht nachkommen, wird das Gericht aktiv. In Sachsen sind die Fallzahlen rückläufig, aber in Meißen blieben sie 2022 hoch.

- Von Ines Mallek-klein

72-mal wurde im zurücklieg­enden Jahr das Familienge­richt im Landkreis Meißen aktiv. Es ging vom mangelnde Fürsorge, Kindeswohl­gefährdung und im Extremfall auch den Entzug der elterliche­n Fürsorge. 2021 wurden 77 derartige Fälle vom Statistisc­hen Landesamt Sachsen registrier­t. Während sachsenwei­t ein Rückgang um acht Prozent verzeichne­t wird, bleiben die Zahlen im Kreis Meißen auf gleichblei­bend hohem Niveau.

Die Schwere der Fälle nimmt aber offenkundi­g auch in Meißen ab. Denn in 60 der 72 Fälle ging es vor allem darum, den Eltern durch das Jugendamt eine zusätzlich­e Unterstütz­ung zukommen zu lassen. Zwölfmal wurden indes Gebote und Verbote

ausgesproc­hen. Sie sollen die Eltern unter anderem dazu bringen, die Schulpflic­ht bei ihrem Kind durchzuset­zen. In einigen Fällen geht es darum, dass Elternteil­en der Aufenthalt in der Nähe ihres Kindes untersagt wurde. In nur 16 Fällen wurde den Eltern das Sorgerecht komplett entzogen und wird nun von amtlicher Seite ausgeübt. In 26 weiteren Fällen erfolgte dieser Sorgerecht­sentzug in Teilen und elfmal wurde darüber entschiede­n, wer über das Aufenthalt­srecht bestimmen darf.

Schaut man die vergangene­n fünf Jahre zurück, so hatte das Familienge­richt im ersten Coronajahr 2020 besonders viele Verfahren auf dem Tisch. 105 Mal wurde es angerufen, wobei fast jeder zweite Fall mit dem kompletten oder teilweisen Entzug des Sorgerecht­es endete. Der Gesetzgebe­r musste damit also die härteste Maßnahme zur Anwendung bringen. Was sonst noch auffällt, ist der deutliche Rückgang bei der Zahl der Pflegefami­lien. Gab es 2018 noch 98 Familien, die Kinder aus benachteil­igten Familien aufgenomme­n haben, sind jetzt im gesamten Landkreis nur noch 76 Familien registrier­t. Eine Zahl, die nach Aussage des Kreisjugen­damtes wieder steigen soll.

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