Sächsische Zeitung (Großenhain)
Riesaer Riese muss lang gehegten Traum vorerst beerdigen
Maskottchen-darsteller Gunter Spies hatte einst die Idee für eine riesige Zeitkapsel. Warum der zugehörige Behälter nun aber im Schrott gelandet ist.
Sie sollte eine große Attraktion für das kleine Riesa werden und die Stadt überregional ins Gespräch bringen: die Riesen-zeitkapsel. Acht Jahre ist es her, dass Gunter Spies die Idee für das Projekt hatte.
Der hauptberufliche Braumeister und ehrenamtliche Darsteller des Riesaer Riesen wollte eine Zeitkapsel schaffen, wie es sie sonst nicht gibt: Statt der üblichen, etwa unterarmlangen Dokumentenrolle sollte der Behälter geradezu gigantische Ausmaße aufweisen.
Für Riesaer des 22. Jahrhunderts
Allerlei Gegenstände aus dem Hier und Jetzt sollten eingelagert werden – inklusive Erinnerungsstücken von Bürgern, Vereinen, Firmen oder Kinder- und Senioreneinrichtungen.
Laut Gunter Spies hatte Sachsens MP Michael Kretschmer (CDU) zugesagt, seine Armbanduhr mit in die Kapsel zu legen.
Zur 900-Jahrfeier 2019 sollte der befüllte Behälter verschlossen und dann zur 1.000-Jahrfeier im Jahr 2119 wieder geöffnet werden. Damit die Riesaer des 22. Jahrhunderts anhand des Inhalts sehen können, wie ihre Vorfahren so gelebt haben. Unterstützer für das Jahrhundert-projekt gab es einige: Riesas OB Marco Müller (CDU) übernahm die Schirmherrschaft. Die Stadtwerke stellten einen ausrangierten Druckbehälter zur Verfügung. Andere halfen bei Transport des schweren Tanks; stellten Flächen, um ihn bis zu einer Realisierung der Zeitkapsel-idee zwischenzulagern.
Dass die Sache nicht nur Sympathisanten hat, zeigte sich bei der Standortsuche: 2018 zerschlugen sich Pläne, den Behälter auf dem Riesaer Altmarkt vor der Stadthalle Stern zu platzieren. Als neuer Standort kam die Sternwarte in Weida ins Gespräch.
Auf einer Fläche neben der Sternwarten-gelände lag der große Metallbehälter auch bis zuletzt. Kürzlich wurde er aber abgeholt und in den Schrott gebracht, wie
Gunter Spies gegenüber der SZ bestätigt.
Dabei hatte Spies als Riesaer Riese erst im Vorjahr noch einmal offensiv für das Projekt geworben. Da hatte sich die Aufstellung zur 900-Jahrfeier 2019 zwar längst erledigt. Mit der Feier zu 400 Jahren Stadtrecht in diesem Jahr stand aber ein weiteres Jubiläum bevor, das als Anlass gut hätte passen können. Auf der städtischen Facebook-präsenz fiel das Votum Anfang 2022 mehr als eindeutig aus: In diesem Jahr soll die Zeitkapsel aufgestellt werden.
Doch trotz großer Zustimmung – geworden ist es auch diesmal nichts. Woran es letztlich lag? Gunter Spies verweist auf die schwierige Standortfrage. Und findet, es habe zu viele Bedenken gegeben – zu Pflege- und Sicherheitsfragen zum Beispiel. Wenn es beim Anlegen des Riesaer Stadtparks ähnlich viele Bedenken gegeben hätte, gäbe es die Grünanlage heute vermutlich nicht, so der Riesen-darsteller.
Dass der Traum von der Riesen-zeitkapsel erst einmal ausgeträumt ist, bedauert der Ideengeber. Auch, weil Helfer und auch er selbst doch das ein oder andere an Zeit, Mühe und auch Geld investiert hätten. Gunter Spies hofft, dass der Behälter, der dann doch kein Jahrhundertbote wurde, vielleicht noch eine Zukunft als Baustahl hat und so ein zweites Leben findet.
Ein kleiner Trost
Einen kleinen Lichtblick gibt es für den Riesen zwar: So habe Riesas Oberbürgermeister ihm signalisiert, dass er sich bei der geplanten Zeitkapsel für die neue Riesaer Feuerwache einbringen kann, sagt Gunter Spies. „Das werde ich natürlich machen.“Doch der Riesen-darsteller lässt erkennen, dass das im Lichte der eigentlichen Idee eher ein schwacher Trost ist.
Aufgeben will Gunter Spies beim Thema Zeitkapsel nicht, macht er außerdem deutlich. Das Projekt sei nicht gestorben – nur in der Form verschoben. Ihm schwebt jetzt eine digitale Variante vor. Auf jeden Fall soll es etwas sein, das sonst noch keiner gemacht hat – und das Riesa auch überregional ins Gespräch bringt.