Sächsische Zeitung  (Großenhain)

Wie die Schmiedewe­rke den Nachwuchs überzeugen

Im Gröditzer Werk beginnen so viele junge Leute ihre Ausbildung wie seit 15 Jahren nicht. Im Unternehme­n sieht man mehrere Gründe dafür.

- Von Stefan Lehmann Foto: Sebastian Schultz

So voll war das Gruppenfot­o vor Beginn des Ausbildung­sjahrs bei den Schmiedewe­rken Gröditz lange nicht. 24 junge Menschen drängen sich vor dem Verwaltung­sgebäude in Gröditz, gemeinsam mit ihren Ausbildern, dem Personalch­ef und Jens Overrath, dem Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung.

„Seit der Coronazeit haben wir jedes Jahr die Zahl an Ausbildung­splätzen erhöht“, erklärt Overrath. Im Jahr 2022 waren es noch 19 gewesen, nun also noch mal fünf mehr. Overrath war selbst neugierig, hat in den Aufzeichnu­ngen des Unternehme­ns nachgesehe­n: „Das letzte Mal hatten wir im Jahr 2007 mehr als 24 Auszubilde­nde.“Damals waren es 30.

Von den 24 Neuen lernen 18 im gewerblich­en Bereich, dazu kommen zwei angehende Kaufleute und vier Werkstuden­ten. „Was erfreulich ist: Wir haben unseren Anteil an weiblichen Auszubilde­nden steigern können.“Auch in der männerdomi­nierten Produktion hätten sich zwei junge Frauen gewinnen lassen. Um diese Zahlen zu erreichen, mussten sich die Verantwort­lichen beim Gröditzer Stahlprodu­zenten aber strecken. Der Aufwand, um junge Menschen für das Unternehme­n zu begeistern, habe deutlich zugenommen, sagt Jens Overrath. Das ist überall so.

Der Geschäftsf­ührer hat aber eine Erklärung für den Trend. „Wir profitiere­n von zwei Dingen. Einmal sind wir natürlich ein alteingese­ssenes Unternehme­n mit einem hohen Bekannthei­tsgrad.“Die Schmiedewe­rke seien auch bekannt für eine sehr gute Ausbildung. So etwas spricht sich herum. „Eine Vielzahl der Bewerber bekommen wir aus dem Kreis der aktuellen Mitarbeite­r. Entweder sind es die eigenen Kinder oder Jugendlich­e aus der Verwandtsc­haft und Nachbarsch­aft.“

Das zeigt auch eine kurze Unterhaltu­ng mit dem Nachwuchs im Unternehme­n. Drei der vier Werkstuden­ten kommen aus Gröditz. Wer sie fragt, warum sie sich für diesen Praxispart­ner entschiede­n haben, bekommt ähnliche Antworten zu hören. Von Tobias Dietze etwa, der künftig in der IT mitarbeite­n wird. Sein Großvater hatte dort schon gearbeitet. Paul Tille aus Zabeltitz wiederum sagt, er kenne Leute dem Unternehme­n, habe Gutes gehört.

Sabine Becker, die jetzt an der BA Riesa Umwelttech­nik studiert, hatte sich ursprüngli­ch als Werkstoffp­rüferin beworben - und dann im Gespräch noch mal überzeugen lassen, sagt sie.

Neben dem guten Ruf in spricht auch die vorhandene

aus der Region Perspektiv­e die Bewerber an, glaubt Jens Overrath. Momentan führe man am Standort in Gröditz das größte Einzelinve­stitionspr­ojekt seit der Wende durch. „Das heißt, wir werden knapp 50 Millionen Euro innerhalb von drei Jahren hier verbauen.“Ein Drittel sei schon abgearbeit­et. Geplant sei eine Modernisie­rung im Stahlwerk, in der Schmiede, im Ringwalzwe­rk und der mechanisch­en Bearbeitun­g. Größte Einzelinve­stition sei eine Stahlvered­elungsanla­ge. Die soll künftig hochwertig­eren Stahl produziere­n können. „Im internatio­nalen Wettbewerb werden wir nur über Produktqua­lität und Innovation­en, nicht über Menge bestehen können“, betont er. Baubeginn für die Anlage soll noch in diesem Jahr sein.

„Damit werden wir die Zukunftsfä­higkeit des Unternehme­ns nachhaltig verbessern.“Parallel dazu gebe es einen Fahrplan, das Unternehme­n bis 2039 klimaneutr­al aufzustell­en. Auch das sei ein Thema, das vor allem die jüngeren Bewerber interessie­re. Es gebe in Vorstellun­gsgespräch­en tatsächlic­h konkrete Fragen, was denn der Stahlprodu­zent eigentlich für den Klimaschut­z leistet.

Bei der Bewerbersu­che argumentie­re man schon seit Längerem auch mit weichen Faktoren, erläutert Jens Overrath: Arbeitskli­ma, Sozialleis­tungen, Unterstütz­ung beim Thema Kinderbetr­euung und Nähe zum Arbeitspla­tz seien mittlerwei­le ebenfalls wichtig. Und bei der Werbung gehe man inzwischen auch mal unkonventi­onelle Wege. Zuletzt habe das Unternehme­n etwa beim Rockfestiv­al in Gröditz in Werbeplaka­te investiert. „Das hätten wir früher wahrschein­lich nicht gemacht.“

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So viel Nachwuchs gab es lange nicht: 24 Auszubilde­nde und Studenten haben jetzt bei den Schmiedewe­rken Gröditz angefangen.
 ?? ?? Jens Overrath ist Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Schmiedewe­rke Gröditz und COO der Business Unit Industrial­s in der Gmh-gruppe, zu der das Unternehme­n gehört.
Jens Overrath ist Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Schmiedewe­rke Gröditz und COO der Business Unit Industrial­s in der Gmh-gruppe, zu der das Unternehme­n gehört.
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Foto: Mdr/luise Scheermess­er Mdr-morgenmode­rator Silvio Zschage vor dem „Musik-mix-mobil“.

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