Sächsische Zeitung (Großenhain)
Wie die Schmiedewerke den Nachwuchs überzeugen
Im Gröditzer Werk beginnen so viele junge Leute ihre Ausbildung wie seit 15 Jahren nicht. Im Unternehmen sieht man mehrere Gründe dafür.
So voll war das Gruppenfoto vor Beginn des Ausbildungsjahrs bei den Schmiedewerken Gröditz lange nicht. 24 junge Menschen drängen sich vor dem Verwaltungsgebäude in Gröditz, gemeinsam mit ihren Ausbildern, dem Personalchef und Jens Overrath, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung.
„Seit der Coronazeit haben wir jedes Jahr die Zahl an Ausbildungsplätzen erhöht“, erklärt Overrath. Im Jahr 2022 waren es noch 19 gewesen, nun also noch mal fünf mehr. Overrath war selbst neugierig, hat in den Aufzeichnungen des Unternehmens nachgesehen: „Das letzte Mal hatten wir im Jahr 2007 mehr als 24 Auszubildende.“Damals waren es 30.
Von den 24 Neuen lernen 18 im gewerblichen Bereich, dazu kommen zwei angehende Kaufleute und vier Werkstudenten. „Was erfreulich ist: Wir haben unseren Anteil an weiblichen Auszubildenden steigern können.“Auch in der männerdominierten Produktion hätten sich zwei junge Frauen gewinnen lassen. Um diese Zahlen zu erreichen, mussten sich die Verantwortlichen beim Gröditzer Stahlproduzenten aber strecken. Der Aufwand, um junge Menschen für das Unternehmen zu begeistern, habe deutlich zugenommen, sagt Jens Overrath. Das ist überall so.
Der Geschäftsführer hat aber eine Erklärung für den Trend. „Wir profitieren von zwei Dingen. Einmal sind wir natürlich ein alteingesessenes Unternehmen mit einem hohen Bekanntheitsgrad.“Die Schmiedewerke seien auch bekannt für eine sehr gute Ausbildung. So etwas spricht sich herum. „Eine Vielzahl der Bewerber bekommen wir aus dem Kreis der aktuellen Mitarbeiter. Entweder sind es die eigenen Kinder oder Jugendliche aus der Verwandtschaft und Nachbarschaft.“
Das zeigt auch eine kurze Unterhaltung mit dem Nachwuchs im Unternehmen. Drei der vier Werkstudenten kommen aus Gröditz. Wer sie fragt, warum sie sich für diesen Praxispartner entschieden haben, bekommt ähnliche Antworten zu hören. Von Tobias Dietze etwa, der künftig in der IT mitarbeiten wird. Sein Großvater hatte dort schon gearbeitet. Paul Tille aus Zabeltitz wiederum sagt, er kenne Leute dem Unternehmen, habe Gutes gehört.
Sabine Becker, die jetzt an der BA Riesa Umwelttechnik studiert, hatte sich ursprünglich als Werkstoffprüferin beworben - und dann im Gespräch noch mal überzeugen lassen, sagt sie.
Neben dem guten Ruf in spricht auch die vorhandene
aus der Region Perspektive die Bewerber an, glaubt Jens Overrath. Momentan führe man am Standort in Gröditz das größte Einzelinvestitionsprojekt seit der Wende durch. „Das heißt, wir werden knapp 50 Millionen Euro innerhalb von drei Jahren hier verbauen.“Ein Drittel sei schon abgearbeitet. Geplant sei eine Modernisierung im Stahlwerk, in der Schmiede, im Ringwalzwerk und der mechanischen Bearbeitung. Größte Einzelinvestition sei eine Stahlveredelungsanlage. Die soll künftig hochwertigeren Stahl produzieren können. „Im internationalen Wettbewerb werden wir nur über Produktqualität und Innovationen, nicht über Menge bestehen können“, betont er. Baubeginn für die Anlage soll noch in diesem Jahr sein.
„Damit werden wir die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig verbessern.“Parallel dazu gebe es einen Fahrplan, das Unternehmen bis 2039 klimaneutral aufzustellen. Auch das sei ein Thema, das vor allem die jüngeren Bewerber interessiere. Es gebe in Vorstellungsgesprächen tatsächlich konkrete Fragen, was denn der Stahlproduzent eigentlich für den Klimaschutz leistet.
Bei der Bewerbersuche argumentiere man schon seit Längerem auch mit weichen Faktoren, erläutert Jens Overrath: Arbeitsklima, Sozialleistungen, Unterstützung beim Thema Kinderbetreuung und Nähe zum Arbeitsplatz seien mittlerweile ebenfalls wichtig. Und bei der Werbung gehe man inzwischen auch mal unkonventionelle Wege. Zuletzt habe das Unternehmen etwa beim Rockfestival in Gröditz in Werbeplakate investiert. „Das hätten wir früher wahrscheinlich nicht gemacht.“