Sächsische Zeitung (Großenhain)
Zeitung im Wandel
Im Dresdner Haus der Presse ist ab diesem Wochenende eine Zeitreise durch die Geschichte des Hauses und der Sächsischen Zeitung zu erleben. Die Ausstellung zeigt historische Ausgaben, Technik, Dokumente, Fotos und erzählt Anekdoten aus dem Redaktionsallt
Als am 30. April 1966 in Dresden an der heutigen Ostra-allee das Haus der Presse eingeweiht wurde, war das ein Ereignis in der Stadt. Das als „Bestes Bauwerk Dresdens“ausgezeichnete Gebäude hat dreizehn Etagen und in kleinen Büros Platz für Redaktion und Verlag. Ganz oben war das Dachcafé, wo Kolleginnen und Kollegen interessante Diskussionen führten, bei denen oft bessere Ideen geboren wurden als auf den montäglichen Parteiversammlungen. Die Sächsische Zeitung, die am 13. April 1946 zum ersten Mal als Nachfolgetitel der „Sächsischen Volkszeitung“(KPD) und der „Volksstimme“(SPD) erschienen war, war bis 1989 das Organ der Bezirksleitung Dresden der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Doch nicht nur an die Rolle der Sed-zeitungen in der DDR erinnert die neue Ausstellung im Haus der Presse.
In einer Zeitreise zeigt sie, wie das Haus gebaut wurde. Sie dokumentiert, wie sich das Gesicht der auflagenstärksten Tageszeitung in Dresden veränderte und wie die Redaktion diverse Umbrüche bewältigte. Wobei „Umbruch“hier nicht nur als typografischer Begriff zu verstehen ist, sondern als Umdenken, als Umgang mit politischen Veränderungen und Herausforderungen, als flexibles Reagieren in schwierigen Situationen wie im August 2002, als die Weißeritz durch das Haus der Presse schoss, Archivbestände im Keller vernichtete und das Wasser etwa einen Meter hoch im Erdgeschoss stand.
Danach wurden Fotos restauriert, Zeitungsjahrgänge neu beschafft. Als sei künftig jedes Hochwasser ausgeschlossen, lagert das Archivmaterial wieder im Keller. Weil der Blick, den Leser beim Sz-entdeckertag auf 580 Regalmeter mit 7.500 Zeitungsbänden und restaurierte Fotos werfen durften, sie neugierig machte auf das, was drinsteckt, fühlte sich Archivmitarbeiter Jens Jahn in der Idee bestärkt, eine Ausstellung zur Sz-geschichte zu gestalten. Die ist sehr anschaulich geworden und beginnt mit historischen Titelseiten der SZ, zeigt und erläutert Techniken wie Bleisatz, Fotosatz, Autotelefon, gibt Einblick in Brigadetagebücher aus der frühen DDR-ZEIT und präsentiert wichtige Preise, die Reporter für ihre Texte erhielten. Wehmütig erinnert man sich daran, dass die Redaktion anderthalb Jahre eine Sonntagszeitung herausgab. Schöner ist es zu sehen, wie die SZ immer schon engen Kontakt zu ihren Lesern hält. Bereits in den 50ern verreisten Leser mit ihrer SZ, viele Jahre feierten sie in Dresden das Pressefest. Leserbriefe wurden früher in der Rubrik „Der Leser hat das Wort“gedruckt. Heiß diskutiert wurde im Sommer 1946 die Befristung der „Bezugsscheine für Spinnstoffe und Schuhwaren“.
Mancher hatte den Termin verpasst und forderte, dass neue Scheine ausgestellt werden. Der Umtausch sollte ohne besondere Formalitäten vonstattengehen, so stand es in der SZ. Aber die Menschen erlebten es anders ...
Bevor Laptops und Handys in den Redaktionsalltag einzogen und lange, bevor das Portal Sächsische.de an den Start ging, mussten Reporter ihre Texte durchtelefonieren. Was für ein Aufwand! Und welche Fehlerquelle! Im November 1990 tippte Sportredakteur Jochen Mayer den Nachbericht vom Europapokalspiel Malmö FF gegen Dynamo Dresden auf seiner Reiseschreibmaschine. Auf der Ostseefähre rief er über eine Verbindung mit Rügenradio im Haus der Presse an, aber das Schreibbüro war nicht besetzt. In Rostock angekommen, stürmte Mayer in ein Fischrestaurant, bat um das Telefon hinterm Tresen und hatte nun auch Anschluss in Dresden.
Die Ausstellung im Haus der Presse ist ab September jeden ersten Sonntag im Monat geöffnet. Führung jeweils 11, 13 und 15 Uhr und jeden dritten Mittwoch im Monat, 15 Uhr. Tel. Anmeldg.: Di. & Do., 14 – 17 Uhr, 0351 48642483; Mail: sz.archiv@ddv-mediengruppe.de