Sächsische Zeitung (Großenhain)
Immer mehr Tiere finden Zuflucht im Großenhainer Land
Der Gnadenhof von Simone Staatz in Blattersleben platzt aus allen Gehegen. Mit der Finanzspitze der Kreissparkasse Meißen kann eine Voliere errichtet werden.
Für die meisten von ihnen sollte eigentlich schon längst Schluss sein. Geschlachtet im besten Fall als potenzieller Weihnachtsbraten oder schlecht versorgt und dahin vegetierend in irgendeinem Stall. Was die mittlerweile gut 40 Bewohner des Blatterslebener Gnadenhofs eint, ist ein bedauernswertes Schicksal, was sie wieder zum Besseren gewendet hat: Simone Staatz, gelernte Tierpflegerin und inzwischen seit vielen Jahren als Altenpflegerin in Großenhain tätig, schenkte den eigentlich Ungewollten eine unerwartete bessere Zukunft.
Denn gleich nun, ob Enten, Hühner, Pferde, Hunde oder Schweine. All jene, die von ihren bisherigen Besitzen aufgrund ihrer stattlichen Lebensjahre einfach verstoßen oder letztlich sogar mit der Tötung bedroht wurden, haben bei Simone Staatz ein sicheres und vor allem liebevolles Zuhause gefunden. „Unsere Tiere haben alle eine ganz unterschiedliche Herkunft und ihre eigenen Geschichten! Wenn sie bei uns aufgenommen werden, ist manchen von ihnen leider allzu deutlich anzumerken, unter welchen teilweise schlimmen Bedingungen sie ihr Dasein gefristet haben“, bekennt die 52-Jährige.
In Diesbar-seußlitz aufgewachsen, wäre ihr die Hinwendung und die Liebe zu allem, was Fell oder Federn hat, gewissermaßen in die Wiege gelegt worden. Mit viel Geduld, einer großen Portion Einfühlungsvermögen und nicht zuletzt großem finanziellen Aufwand kümmert sich Simone Staatz seit nunmehr vier Jahren gemeinsam mit ihrer Familie um jene, die weggeworfen, ausrangiert, misshandelt oder naturgemäß eben nur gealtert sind.
Hier im Priestewitzer Ortsteil Blattersleben darf noch einmal anfangen, was für manches Tier bedrohlich schon verloren schien. Sichtlich vergnügt genießen an diesem Maitag etwa die drei mitten im Winter ausgesetzten Laufenten-männer ihr Bad im neu angelegten Teich. Minipferd Drops, einst völlig verstört aus Polen gekommen, ist ein zutraulicher und überaus freundlicher Geselle geworden.
Zwergkaninchen Pete – wohl nicht das rechte Geschenk zum Weihnachtsfest gewesen – hat sich häuslich eingerichtet und lauscht neugierig auf das schnatternde Federvieh, welches aufgeregt von seiner weiten Reise aus Niedersachsen zu berichten scheint. Erst am Wochenende seien die bisher in einer Mastanlage gehaltenen zehn Hühner in Sachsen eingetroffen – künftig in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem einbeinigen Ganther Toni und sieben Minischweinen wohnend. Während der Gänsemann ihnen vom aufregenden Kampf mit einem Fuchs in seinem früheren Stall erzählen kann, wissen zwei der grunzenden Vierbeiner bestimmt ein paar lustige Anekdoten aus ihrem einstigen Leben bei einem Wanderzirkus zum Besten zu geben.
Und damit nicht genug. Allein sieben Pferde befinden sich in der aufopferungsvollen Obhut der Blatterslebener Gemeinschaft. Einfach zu alt, um noch entsprechend versorgt oder deshalb nicht mehr beritten werden zu können, entschieden sich immer mehr Besitzer, das einmal angeschaffte Tier doch wieder abgeben zu wollen. Die bisherige Eigentümerin eines Trakehner Wallachs aus Bayern habe zwar seit November noch nicht mal einen gültigen Pass für ihren Schützling beibringen können, hatte offenbar aber kein Problem damit, ihn sang- und klanglos loszuwerden. „Und solche Anfragen haben wir tatsächlich immer mehr. Wir könnten jeden Tag mehrere kleine und große Tiere aufnehmen“, verrät Simone Staatz, die im Herbst 2021 für ihr Engagement mit dem Deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet worden war.
Allerdings: Möglich sei das auf ihrem Grundstück nicht. Begrenzt seien die Kapazitäten und auch wenn sie angesichts des großen zu erahnenden Leidens gern noch mehr tierischen Zwei- oder Vierbeinern einen Unterschlupf gewähren wollte, wäre dies einfach praktisch und finanziell nicht machbar. Perspektivisch möglich könne indes künftig die zwischenzeitliche Beherbergung von Vögeln oder verletzten beziehungsweise in Rekonvaleszenz befindlichen Tieren sein. „Die Kreissparkasse Meißen schüttete Gelder aus der PS Lotterie aus und wir haben uns mit dem VolierenProjekt unseres überaus engagierten Mitglieds, dem Tierschutzhof Staatz, beworben“, erklärt Armin Krake.
Wie der Vorsitzende des landkreisweit tätigen Großenhainer Tierschutzvereins e. V. betont, habe man sich in der vergangenen Woche sehr gefreut, zusammen mit neun anderen Vereinen die beachtliche Summe von 1.000 Euro entgegennehmen zu dürfen.
Bereits in den nächsten Tagen sollen die Arbeiten am Fundament für die Voliere beginnen. Und dann haben künftig nicht nur gefiederten Neuzugänge ein geschütztes Domizil, sondern alle, die es gerade dringend brauchen können. Tiere, mit und ohne Fell, für die meistens eigentlich schon längst Schluss sein sollte und – in Blattersleben doch noch einmal alles beginnen darf.
Wer zugunsten der zu betreuenden Tiere einen Obolus beisteuern möchte, wendet sich bitte an den Tierschutzverein Großenhain, 01558 Großenhain, Alleegässchen 1, oder spendet an: Tierschutzverein Großenhain, Sparkasse Meißen, IBAN: DE 43 8505 5000 3400 002568, Verwendungszweck: Tierschutzhof Staatz.
Wer eine Patenschaft auf dem Gnadenhof in Blattersleben übernehmen oder für die Tiere spenden möchte, kann sich unter ☏0☏522 7277048 oder per E-mail: tierschutzhofstaatz@aol.com mit Simone Staatz in Verbindung setzen beziehungsweise auf diesem Weg über ein Paypal-konto eine Spende entrichten.