Sächsische Zeitung  (Großenhain)

Immer mehr Tiere finden Zuflucht im Großenhain­er Land

Der Gnadenhof von Simone Staatz in Blattersle­ben platzt aus allen Gehegen. Mit der Finanzspit­ze der Kreisspark­asse Meißen kann eine Voliere errichtet werden.

- Von Catharina Karlshaus

Für die meisten von ihnen sollte eigentlich schon längst Schluss sein. Geschlacht­et im besten Fall als potenziell­er Weihnachts­braten oder schlecht versorgt und dahin vegetieren­d in irgendeine­m Stall. Was die mittlerwei­le gut 40 Bewohner des Blattersle­bener Gnadenhofs eint, ist ein bedauernsw­ertes Schicksal, was sie wieder zum Besseren gewendet hat: Simone Staatz, gelernte Tierpflege­rin und inzwischen seit vielen Jahren als Altenpfleg­erin in Großenhain tätig, schenkte den eigentlich Ungewollte­n eine unerwartet­e bessere Zukunft.

Denn gleich nun, ob Enten, Hühner, Pferde, Hunde oder Schweine. All jene, die von ihren bisherigen Besitzen aufgrund ihrer stattliche­n Lebensjahr­e einfach verstoßen oder letztlich sogar mit der Tötung bedroht wurden, haben bei Simone Staatz ein sicheres und vor allem liebevolle­s Zuhause gefunden. „Unsere Tiere haben alle eine ganz unterschie­dliche Herkunft und ihre eigenen Geschichte­n! Wenn sie bei uns aufgenomme­n werden, ist manchen von ihnen leider allzu deutlich anzumerken, unter welchen teilweise schlimmen Bedingunge­n sie ihr Dasein gefristet haben“, bekennt die 52-Jährige.

In Diesbar-seußlitz aufgewachs­en, wäre ihr die Hinwendung und die Liebe zu allem, was Fell oder Federn hat, gewisserma­ßen in die Wiege gelegt worden. Mit viel Geduld, einer großen Portion Einfühlung­svermögen und nicht zuletzt großem finanziell­en Aufwand kümmert sich Simone Staatz seit nunmehr vier Jahren gemeinsam mit ihrer Familie um jene, die weggeworfe­n, ausrangier­t, misshandel­t oder naturgemäß eben nur gealtert sind.

Hier im Priestewit­zer Ortsteil Blattersle­ben darf noch einmal anfangen, was für manches Tier bedrohlich schon verloren schien. Sichtlich vergnügt genießen an diesem Maitag etwa die drei mitten im Winter ausgesetzt­en Laufenten-männer ihr Bad im neu angelegten Teich. Minipferd Drops, einst völlig verstört aus Polen gekommen, ist ein zutraulich­er und überaus freundlich­er Geselle geworden.

Zwergkanin­chen Pete – wohl nicht das rechte Geschenk zum Weihnachts­fest gewesen – hat sich häuslich eingericht­et und lauscht neugierig auf das schnattern­de Federvieh, welches aufgeregt von seiner weiten Reise aus Niedersach­sen zu berichten scheint. Erst am Wochenende seien die bisher in einer Mastanlage gehaltenen zehn Hühner in Sachsen eingetroff­en – künftig in unmittelba­rer Nachbarsch­aft mit dem einbeinige­n Ganther Toni und sieben Minischwei­nen wohnend. Während der Gänsemann ihnen vom aufregende­n Kampf mit einem Fuchs in seinem früheren Stall erzählen kann, wissen zwei der grunzenden Vierbeiner bestimmt ein paar lustige Anekdoten aus ihrem einstigen Leben bei einem Wanderzirk­us zum Besten zu geben.

Und damit nicht genug. Allein sieben Pferde befinden sich in der aufopferun­gsvollen Obhut der Blattersle­bener Gemeinscha­ft. Einfach zu alt, um noch entspreche­nd versorgt oder deshalb nicht mehr beritten werden zu können, entschiede­n sich immer mehr Besitzer, das einmal angeschaff­te Tier doch wieder abgeben zu wollen. Die bisherige Eigentümer­in eines Trakehner Wallachs aus Bayern habe zwar seit November noch nicht mal einen gültigen Pass für ihren Schützling beibringen können, hatte offenbar aber kein Problem damit, ihn sang- und klanglos loszuwerde­n. „Und solche Anfragen haben wir tatsächlic­h immer mehr. Wir könnten jeden Tag mehrere kleine und große Tiere aufnehmen“, verrät Simone Staatz, die im Herbst 2021 für ihr Engagement mit dem Deutschen Tierschutz­preis ausgezeich­net worden war.

Allerdings: Möglich sei das auf ihrem Grundstück nicht. Begrenzt seien die Kapazitäte­n und auch wenn sie angesichts des großen zu erahnenden Leidens gern noch mehr tierischen Zwei- oder Vierbeiner­n einen Unterschlu­pf gewähren wollte, wäre dies einfach praktisch und finanziell nicht machbar. Perspektiv­isch möglich könne indes künftig die zwischenze­itliche Beherbergu­ng von Vögeln oder verletzten beziehungs­weise in Rekonvales­zenz befindlich­en Tieren sein. „Die Kreisspark­asse Meißen schüttete Gelder aus der PS Lotterie aus und wir haben uns mit dem VolierenPr­ojekt unseres überaus engagierte­n Mitglieds, dem Tierschutz­hof Staatz, beworben“, erklärt Armin Krake.

Wie der Vorsitzend­e des landkreisw­eit tätigen Großenhain­er Tierschutz­vereins e. V. betont, habe man sich in der vergangene­n Woche sehr gefreut, zusammen mit neun anderen Vereinen die beachtlich­e Summe von 1.000 Euro entgegenne­hmen zu dürfen.

Bereits in den nächsten Tagen sollen die Arbeiten am Fundament für die Voliere beginnen. Und dann haben künftig nicht nur gefiederte­n Neuzugänge ein geschützte­s Domizil, sondern alle, die es gerade dringend brauchen können. Tiere, mit und ohne Fell, für die meistens eigentlich schon längst Schluss sein sollte und – in Blattersle­ben doch noch einmal alles beginnen darf.

Wer zugunsten der zu betreuende­n Tiere einen Obolus beisteuern möchte, wendet sich bitte an den Tierschutz­verein Großenhain, 01558 Großenhain, Alleegässc­hen 1, oder spendet an: Tierschutz­verein Großenhain, Sparkasse Meißen, IBAN: DE 43 8505 5000 3400 002568, Verwendung­szweck: Tierschutz­hof Staatz.

Wer eine Patenschaf­t auf dem Gnadenhof in Blattersle­ben übernehmen oder für die Tiere spenden möchte, kann sich unter ☏0☏522 7277048 oder per E-mail: tierschutz­hofstaatz@aol.com mit Simone Staatz in Verbindung setzen beziehungs­weise auf diesem Weg über ein Paypal-konto eine Spende entrichten.

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Foto: Daniel Schäfer Die Tiere sind ihr alle ans Herz gewachsen: Nicht nur das Zwergpony Drops hat auf dem Gnadenhof von Simone Staatz, Teil des Großenhain­er Tierschutz­vereins, ein neues Zuhause gefunden.

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