Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Warum arbeitet ihr in Teilzeit?
Ludmila Bartz
Die Serviceassistentin Ludmila Bartz kann sich ihre Arbeit nur in Teilzeit vorstellen. Ihr Sohn ist vier, ihre Tochter sieben Jahre alt. Um genug Zeit für Haushalt, Spielen und Hausaufgaben zu haben, benötigt die Verkäuferin im Autohaus Schreyer in Ottendorf-okrilla die Zeit. „Die Kinder brauchen Aufmerksamkeit.“Ihr Mann ist in Vollzeit weiter tätig. „Da muss man sich finanziell einschränken“, sagt die
32-Jährige, für die feststeht wieder zur Vollzeit zurückzukehren, wenn die Kinder groß genug sind. „Sie arbeitet ja jetzt nicht weniger“, nimmt ihr Chef Florian Schreyer sie in Schutz: „Wir merken den Leuten ja auch an,
wenn sie gestresst auf der Arbeit sind.“10 seiner 75 Angestellten arbeiten in Teilzeit. Nicht nur wegen der Familie, sondern auch wegen des Alters. Bis 65 im
Handwerk arbeiten, das sei hart.
Anne Wilhelm
Die digitale Nomadin arbeitet für das Dresdner Unternehmen
Working Evolution. Das Ungewöhnliche: Ihren Job macht Anne Wilhelm zurzeit von Indonesien aus. Eine Minute ist das Meer von ihrer Ferienwohnung entfernt. Von dort schreibt sie Mails, hält Konferenzen, berät und begleitet Unternehmen. All das in 25 Stunden pro Woche. „Ich kann mir gerade nicht vorstellen, nur noch für ein Unternehmen zu arbeiten“, nennt die gelernte Einzelhandelskauffrau aus Zittau als Grund für den Teilzeitjob. Fünf bis zehn Wochenstunden arbeitet sie zusätzlich als selbstständige Grafikdesignerin. Den Rest der Zeit widmet sie dem Ehrenamt, setzt sich in Indonesien für eine plastikfreie Insel ein: „Ich mag es, meine Zeit zu füllen.
Das bringt mir etwas. Nicht nur finanziell.“Sie weiß dennoch: Es ist ein Luxus, der nicht für alle funktioniert.
Philipp Barth
Freitag ist ein berufsfreier Tag. So zumindest sieht es der Dresdner Familienvater Philipp Barth, der von Montag bis Donnerstag als Jugendtherapeut tätig ist. Seit acht Jahren arbeitet er mit 30 Stunden in Teilzeit, unter anderem, weil er einen dreijährigen Sohn und eine achtjährige Tochter hat. „Einer von beiden Elternteilen muss zurückstecken“, sagt der 39-Jährige, dessen Partnerin als Klinikärztin arbeitet. In ihrem Berufsumfeld werde die Sorge um die Kinder gern mal an Haushaltshilfen oder Nannys abgegeben. „Auch Familie ist Arbeit, so schön sie ist“, bemerkt Philipp Barth, der seine freien Stunden manchmal auch für einen Kletterausflug in die Sächsische Schweiz nutzt. „Ich fände es schön, wenn wir die 40-Stunden-woche in unserer Gesellschaft überdenken“, so der Sozialpädagoge.