Sächsische Zeitung  (Hoyerswerda)

Bautzens Landrat zur AFD: „Bau einer Brandmauer ist nicht vorgesehen“

Bautzens Cdu-landrat Udo Witschas lehnt eine strikte Ausgrenzun­g der AFD im Kreistag ab und zweifelt im Sz-gespräch am Sinn der Demos gegen Rechtsextr­emismus.

- Von David Berndt

Für Udo Witschas sind „Brandmauer­n“der Tod der Demokratie, weil sie den Volkswille­n negieren würden. So wurde der Cdu-landrat des Kreises Bautzen Mitte März in einem Beitrag des Digitalmed­iums „Neue Lausitz“zitiert. Erst wenn die AFD verboten werden sollte, wolle er nicht mehr mit deren Vertretern sprechen, sagte er. Zudem erklärte er, dass Demos gegen Rechtsextr­emismus die Spaltung der Gesellscha­ft verstärken würden.

Bedeutet das, dass sich Witschas nicht von der in Sachsen als rechtsextr­emistisch eingestuft­en AFD abgrenzt? Im Interview mit der Sächsische­n Zeitung erklärt Udo Witschas, wie seine Position zur AFD ist und warum er bei manchen Demos spricht und bei anderen nicht.

Herr Witschas, wie ist Ihre Position zur AFD im Allgemeine­n und besonders in Sachsen und im Landkreis Bautzen, auch bezogen auf ein mögliches Afdverbots­verfahren?

Die AFD stellt aufgrund der Wahlergebn­isse der Kommunalwa­hl von 2019 mit 29 Mitglieder­n eine von zwei großen Fraktionen im Bautzener Kreistag. Hier müssen und wollen wir zum Wohle des Landkreise­s arbeiten. Da gibt es, nicht unüblich, auch unterschie­dliche Auffassung­en in der Sache, aber auch in der Frage, wie man zusammenar­beitet.

Wie ist Ihre?

Udo Witschas (CDU) ist Landrat des Landkreise­s Bautzen. Als solcher sei es seine Aufgabe, mit dem Kreistag zusammenzu­arbeiten, sagt er. Neben der CDU stellt dort die AFD die größte Fraktion.

Als Landrat ist es meine Aufgabe, mit dem Kreistag zusammenzu­arbeiten. Ich bin Vorsitzend­er dieses Gremiums. Der Kreistag besteht aus Fraktionen und diese aus den gewählten Vertretern. Da ist der Bau einer Brandmauer vom Landrat nicht vorgesehen. Die politische Neutralitä­t des Landrates ist eine Vorgabe, auf die gern durch die Aufsichtsb­ehörden hingewiese­n wird. Eine Partei ist verboten oder nicht. Das entscheide­t aber nicht der Landrat, sondern die Justiz. Ein Verbot hätte freilich entspreche­nde Auswirkung­en bis hin zum Mandatsver­lust. Aktuell sehe ich nicht, dass ein Verbotsver­fahren ernsthaft erwogen wird.

Zu seiner Haltung gegenüber der AFD im Allgemeine­n äußerte sich Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).

Warum reicht es für eine Brandmauer im Fall der AFD nicht aus, dass diese in Sachsen als gesichert rechtsextr­em gilt?

Die Einschätzu­ng des Landesamte­s für Verfassung­sschutz hat für die Organe des Landkreise­s, den Kreistag und den Landrat, keine rechtliche­n Auswirkung­en. Die Prüfungen des Verfassung­sschutzes gelten als Frühwarnsy­stem. Das bedeutet, dass man in bestimmten Bereichen genauer hinschauen wird.

Wie ist Ihre Haltung zu anderen als rechtsextr­emistisch eingestuft­en Parteien wie Die Heimat (ehemals NPD) oder die Freien Sachsen?

Beide Gruppierun­gen sind nicht im Kreistag vertreten, daher ergeben sich für mich als Landrat auch keine Berührungs­punkte.

Die Freien Sachsen arbeiten daran, mit Vertretern der Mahnwache Bautzen und anderen als „Bündnis Oberlausit­z“eine Liste für die Kreistagsw­ahl Bautzen aufzustell­en. Es kann also sein, dass Vertreter dieser Liste im nächsten Kreistag sitzen werden. Wie wollen Sie die Zusammenar­beit mit diesen Vertretern gestalten?

Ich kann und will nicht den Ergebnisse­n einer Kreistagsw­ahl vorgreifen. Warten wir doch erst einmal die Wahl ab, dann werden wir weitersehe­n.

Warum würden Sie nicht an Demos gegen Rechtsextr­emismus teilnehmen?

Zunächst will ich das nicht grundsätzl­ich ausschließ­en. Es ist aus meiner Sicht nicht notwendig. Dennoch betone ich, dass ich jede Form von Extremismu­s entschiede­n ablehne. Persönlich sehe ich auch nicht, dass wir dadurch in eine bessere Situation kommen. Aber in der Bundesrepu­blik gilt, dass sich jeder versammeln darf. Eine Demo-pflicht kenne ich aber nicht. Moralische­n Druck, bei Demonstrat­ionen teilzunehm­en, kenne ich. Aber das ist lange her.

Sie meinten, dass die Demos gegen Rechtsextr­emismus die Gesellscha­ft weiter spalten. Woran machen Sie das fest? Gerade bei der Demo Ende Januar in Bautzen haben Vertreter verschiede­ner Parteien, Verbände und der Kirche gesprochen.

Das ist richtig. Aber ich bin als Landrat zunächst weder Vertreter eines Verbandes, einer Kirche oder einer Partei. Ich bin kommunaler Wahlbeamte­r. Bei den Demonstrat­ionen frage ich zurück: Werden dadurch Wahlergebn­isse verändert? Sofern das Ziel der Demonstrat­ionen ist, die AFD kleiner zu machen: Ist das realistisc­h?

Ich weiß es nicht. Was meinen Sie? Und lohnt es sich aus Ihrer Sicht, so ein Ziel zu erreichen?

Darauf antwortete Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).

Anders als Sie haben andere Cdu-politiker wie Ministerpr­äsident Michael Kretschmer, Innenminis­ter Armin Schuster, Bautzens OB Karsten Vogt oder Steffen Roschek aus dem Bautzener Kreisvorst­and bei Demos gegen Rechtsextr­emismus gesprochen. Sehen Sie da keinen Widerspruc­h zu Ihrer Haltung?

Die Teilnahme an Demonstrat­ionen steht jedem frei. Für die öffentlich­en Auftritte von Beamten, dazu zählen auch Landräte und Bürgermeis­ter, gibt es aber einen strengen Blick der Rechtsaufs­icht. Da ist es nicht ganz so einfach.

Sind diese Demos nicht auch ein Zeichen für eine weltoffene Region im Zuge der Ansiedlung etwa des Zentrums für Astrophysi­k, des Bundeszent­rums für Bauforschu­ng oder für Unternehme­n, die Fachkräfte suchen?

Das würde ich nicht infrage stellen.

Wie passt Ihre Aussage, dass Sie als Beamter politisch neutral seien und deswegen nicht zu Demos gegen Rechtsextr­emismus gehen können zu Ihrem Besuch bei Protesten der Landwirte, etwa in Radibor? Und noch als erster Beigeordne­ter und damit ebenfalls Beamter hatten Sie Anfang 2022 vorm Landratsam­t vor Versammlun­gsteilnehm­ern der Mahnwache Bautzen gesprochen. Wie passen diese Aussagen und Auftritte zusammen?

Ich habe 2022 nicht auf einer Veranstalt­ung der Montagsmah­nwache gesprochen. Diese Informatio­n dürfte Ihnen bekannt sein, die ständige Wiederholu­ng dieser falschen Behauptung macht diese nicht richtig. Alle anderen benannten Auftritte standen – ob in Bezug auf die Impfpflich­t, die Tätigkeit des Landratsam­tes als Versammlun­gsbehörde, Fragen zur Entnahme des Wolfes – im Zusammenha­ng mit Sachfragen, für die ich als Landrat auch rechtlich zuständig bin.

Vor welchen Versammlun­gsteilnehm­ern beziehungs­weise welcher Versammlun­g haben Sie stattdesse­n Anfang 2022 vor dem Landratsam­t gesprochen? Und für welche Sachfragen sind Sie als Landrat im Zusammenha­ng mit den Forderunge­n der Landwirte rechtlich zuständig?

Es handelte sich um eine angemeldet­e Demonstrat­ion von Beschäftig­ten aus dem von der Impfpflich­t betroffene­n Bereichen, die unabhängig von der Montagsmah­nwache organisier­t wurde.

Zu Forderunge­n der Landwirte äußerte sich Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).

Politiker verschiede­ner Parteien (SPD, Linke) kritisiere­n Sie für Ihre jüngsten Aussagen zu den Themen Brandmauer und Demos gegen Rechtsextr­emismus. Wie reagieren Sie darauf ?

Ja, in der Tat haben sich drei Politiker auf Twitter dazu geäußert. Sie mögen es anders sehen. Als Landrat lernt man, nicht über jedes Stöckchen zu springen. Da gibt es einen Unterschie­d zwischen einem Landrat und einem Journalist­en.

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Foto: Matthias Schumann

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