Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Bautzens Landrat zur AFD: „Bau einer Brandmauer ist nicht vorgesehen“
Bautzens Cdu-landrat Udo Witschas lehnt eine strikte Ausgrenzung der AFD im Kreistag ab und zweifelt im Sz-gespräch am Sinn der Demos gegen Rechtsextremismus.
Für Udo Witschas sind „Brandmauern“der Tod der Demokratie, weil sie den Volkswillen negieren würden. So wurde der Cdu-landrat des Kreises Bautzen Mitte März in einem Beitrag des Digitalmediums „Neue Lausitz“zitiert. Erst wenn die AFD verboten werden sollte, wolle er nicht mehr mit deren Vertretern sprechen, sagte er. Zudem erklärte er, dass Demos gegen Rechtsextremismus die Spaltung der Gesellschaft verstärken würden.
Bedeutet das, dass sich Witschas nicht von der in Sachsen als rechtsextremistisch eingestuften AFD abgrenzt? Im Interview mit der Sächsischen Zeitung erklärt Udo Witschas, wie seine Position zur AFD ist und warum er bei manchen Demos spricht und bei anderen nicht.
Herr Witschas, wie ist Ihre Position zur AFD im Allgemeinen und besonders in Sachsen und im Landkreis Bautzen, auch bezogen auf ein mögliches Afdverbotsverfahren?
Die AFD stellt aufgrund der Wahlergebnisse der Kommunalwahl von 2019 mit 29 Mitgliedern eine von zwei großen Fraktionen im Bautzener Kreistag. Hier müssen und wollen wir zum Wohle des Landkreises arbeiten. Da gibt es, nicht unüblich, auch unterschiedliche Auffassungen in der Sache, aber auch in der Frage, wie man zusammenarbeitet.
Wie ist Ihre?
Udo Witschas (CDU) ist Landrat des Landkreises Bautzen. Als solcher sei es seine Aufgabe, mit dem Kreistag zusammenzuarbeiten, sagt er. Neben der CDU stellt dort die AFD die größte Fraktion.
Als Landrat ist es meine Aufgabe, mit dem Kreistag zusammenzuarbeiten. Ich bin Vorsitzender dieses Gremiums. Der Kreistag besteht aus Fraktionen und diese aus den gewählten Vertretern. Da ist der Bau einer Brandmauer vom Landrat nicht vorgesehen. Die politische Neutralität des Landrates ist eine Vorgabe, auf die gern durch die Aufsichtsbehörden hingewiesen wird. Eine Partei ist verboten oder nicht. Das entscheidet aber nicht der Landrat, sondern die Justiz. Ein Verbot hätte freilich entsprechende Auswirkungen bis hin zum Mandatsverlust. Aktuell sehe ich nicht, dass ein Verbotsverfahren ernsthaft erwogen wird.
Zu seiner Haltung gegenüber der AFD im Allgemeinen äußerte sich Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).
Warum reicht es für eine Brandmauer im Fall der AFD nicht aus, dass diese in Sachsen als gesichert rechtsextrem gilt?
Die Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz hat für die Organe des Landkreises, den Kreistag und den Landrat, keine rechtlichen Auswirkungen. Die Prüfungen des Verfassungsschutzes gelten als Frühwarnsystem. Das bedeutet, dass man in bestimmten Bereichen genauer hinschauen wird.
Wie ist Ihre Haltung zu anderen als rechtsextremistisch eingestuften Parteien wie Die Heimat (ehemals NPD) oder die Freien Sachsen?
Beide Gruppierungen sind nicht im Kreistag vertreten, daher ergeben sich für mich als Landrat auch keine Berührungspunkte.
Die Freien Sachsen arbeiten daran, mit Vertretern der Mahnwache Bautzen und anderen als „Bündnis Oberlausitz“eine Liste für die Kreistagswahl Bautzen aufzustellen. Es kann also sein, dass Vertreter dieser Liste im nächsten Kreistag sitzen werden. Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit diesen Vertretern gestalten?
Ich kann und will nicht den Ergebnissen einer Kreistagswahl vorgreifen. Warten wir doch erst einmal die Wahl ab, dann werden wir weitersehen.
Warum würden Sie nicht an Demos gegen Rechtsextremismus teilnehmen?
Zunächst will ich das nicht grundsätzlich ausschließen. Es ist aus meiner Sicht nicht notwendig. Dennoch betone ich, dass ich jede Form von Extremismus entschieden ablehne. Persönlich sehe ich auch nicht, dass wir dadurch in eine bessere Situation kommen. Aber in der Bundesrepublik gilt, dass sich jeder versammeln darf. Eine Demo-pflicht kenne ich aber nicht. Moralischen Druck, bei Demonstrationen teilzunehmen, kenne ich. Aber das ist lange her.
Sie meinten, dass die Demos gegen Rechtsextremismus die Gesellschaft weiter spalten. Woran machen Sie das fest? Gerade bei der Demo Ende Januar in Bautzen haben Vertreter verschiedener Parteien, Verbände und der Kirche gesprochen.
Das ist richtig. Aber ich bin als Landrat zunächst weder Vertreter eines Verbandes, einer Kirche oder einer Partei. Ich bin kommunaler Wahlbeamter. Bei den Demonstrationen frage ich zurück: Werden dadurch Wahlergebnisse verändert? Sofern das Ziel der Demonstrationen ist, die AFD kleiner zu machen: Ist das realistisch?
Ich weiß es nicht. Was meinen Sie? Und lohnt es sich aus Ihrer Sicht, so ein Ziel zu erreichen?
Darauf antwortete Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).
Anders als Sie haben andere Cdu-politiker wie Ministerpräsident Michael Kretschmer, Innenminister Armin Schuster, Bautzens OB Karsten Vogt oder Steffen Roschek aus dem Bautzener Kreisvorstand bei Demos gegen Rechtsextremismus gesprochen. Sehen Sie da keinen Widerspruch zu Ihrer Haltung?
Die Teilnahme an Demonstrationen steht jedem frei. Für die öffentlichen Auftritte von Beamten, dazu zählen auch Landräte und Bürgermeister, gibt es aber einen strengen Blick der Rechtsaufsicht. Da ist es nicht ganz so einfach.
Sind diese Demos nicht auch ein Zeichen für eine weltoffene Region im Zuge der Ansiedlung etwa des Zentrums für Astrophysik, des Bundeszentrums für Bauforschung oder für Unternehmen, die Fachkräfte suchen?
Das würde ich nicht infrage stellen.
Wie passt Ihre Aussage, dass Sie als Beamter politisch neutral seien und deswegen nicht zu Demos gegen Rechtsextremismus gehen können zu Ihrem Besuch bei Protesten der Landwirte, etwa in Radibor? Und noch als erster Beigeordneter und damit ebenfalls Beamter hatten Sie Anfang 2022 vorm Landratsamt vor Versammlungsteilnehmern der Mahnwache Bautzen gesprochen. Wie passen diese Aussagen und Auftritte zusammen?
Ich habe 2022 nicht auf einer Veranstaltung der Montagsmahnwache gesprochen. Diese Information dürfte Ihnen bekannt sein, die ständige Wiederholung dieser falschen Behauptung macht diese nicht richtig. Alle anderen benannten Auftritte standen – ob in Bezug auf die Impfpflicht, die Tätigkeit des Landratsamtes als Versammlungsbehörde, Fragen zur Entnahme des Wolfes – im Zusammenhang mit Sachfragen, für die ich als Landrat auch rechtlich zuständig bin.
Vor welchen Versammlungsteilnehmern beziehungsweise welcher Versammlung haben Sie stattdessen Anfang 2022 vor dem Landratsamt gesprochen? Und für welche Sachfragen sind Sie als Landrat im Zusammenhang mit den Forderungen der Landwirte rechtlich zuständig?
Es handelte sich um eine angemeldete Demonstration von Beschäftigten aus dem von der Impfpflicht betroffenen Bereichen, die unabhängig von der Montagsmahnwache organisiert wurde.
Zu Forderungen der Landwirte äußerte sich Landrat Udo Witschas nicht (Anm. d. Red.).
Politiker verschiedener Parteien (SPD, Linke) kritisieren Sie für Ihre jüngsten Aussagen zu den Themen Brandmauer und Demos gegen Rechtsextremismus. Wie reagieren Sie darauf ?
Ja, in der Tat haben sich drei Politiker auf Twitter dazu geäußert. Sie mögen es anders sehen. Als Landrat lernt man, nicht über jedes Stöckchen zu springen. Da gibt es einen Unterschied zwischen einem Landrat und einem Journalisten.