Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Zuversicht schöpfen
Gedanken zum Karfreitag
Die Erzähl- und Kognitionsforschung weiß, dass wir vor allem in Geschichten und Erzählungen denken. Es gibt Megaerzählungen, übergeordnete Erzählungen, die unser Denken und Handeln stark beeinflussen. Positive zum Beispiel: Die Technik wird Lösungen finden für unsere gegenwärtigen Probleme. Oder: Es wird immer Wachstum und Fortschritt geben. Bis vor Kurzem hielt sich auch noch die Erzählung: Wir gehen auf eine Zukunft ohne Kriege zu.
Negative Erzählungen finden sich zum Beispiel in Katstrophenfilmen. Sie folgen der biblischen Erzählung der Apokalypse, allerdings ohne deren Hoffnung auf „einen neuen Himmel und eine neue Erde, in der Gerechtigkeit wohnt“.
Insgesamt hat die Zuversicht nachgelassen. Die Mitglieder der „Letzten Generation“glauben, dass nur noch radikalste Mittel uns retten können. Die meisten Menschen bei uns halten diese eher für Spinner, oder wechseln schnell das Thema, wenn es um Zukunftsprognosen geht. Sie sind mehr von der Angst vor Wohlstandsverlust bestimmt. Da wird der Klimawandel auch schon mal zu einer Verschwörung der Medien erklärt. Irgendetwas muss man doch all den Katastrophennachrichten entgegenhalten, damit man die Zuversicht behält.
Unsere Vorfahren hatten zumeist ein härteres Leben als wir, aber sie haben uns Feiertage hinterlassen, die ihnen trotz Seuchen und Kriegen Zuversicht gaben. In den großen Festen Weihnachten, Ostern und Pfingsten erinnerten sie sich an die Megaerzählung, die unserer Kultur zugrunde liegt. Eine Erzählung, die ihnen Zuversicht selbst über den Tod hinaus gab.
Der Karfreitag, der Tag der Kreuzigung Jesu brachte gleich beides zum Vorschein, die Abgründe (un-)menschlichen Handelns in der Kreuzigung eines Unschuldigen und Gottes Erbarmen mit uns Menschen, für die Christus gestorben ist.
Eine Zeit lang meinten Menschen, diese Erzählung bräuchten sie nicht mehr, weil sie das Paradies auf Erden schaffen könnten. Nun wird es Zeit, sich zu erinnern, denn Zuversicht findet sich nicht in den Zahlen der Prognosen, sondern im Vertrauen auf Gott.