Sächsische Zeitung  (Hoyerswerda)

Der kuriose Kalender

Noch heute bestimmen die Mondphasen einige Termine.

- Von Peter Paul Gregor

Weihnachte­n, Ostern, Pfingsten – Gott sei Dank, dass wir jene Hochfeste haben, sonst würden wir uns langweilen und geistig verarmen. Wobei mir Pfingsten am sympathtis­chsten ist. Strapazen frei und locker kann ich dieses Fest angehen, denn ich muss mir nicht den Kopf zerbrechen, welche Geschenke ich an wen zu vergeben habe. Aber es lohnt sich, sich einmal über unsere Feste ein paar lustige Gedanken zu machen.

Wenn ich Sie fragen würde, wann ist im Jahre 2030 Weihnachte­n, würden Sie mir „wie aus der Pistole geschossen“sagen: Ist doch klar. Wenn ich Sie fragen würde, wann ist Ostern oder Himmelfahr­t oder Pfingsten 2030? Dann wüssten Sie es nicht. Ich auch nicht. Unser Kalender ist sehr kurios. Noch ein anderes Beispiel?

Warum schreiben Sie zur Weihnacht 25.12.2024, wenn der Dezember auf Deutsch eigentlich zehnter Monat oder der September siebter Monat heißen? Ganz einfach: Der erste Monat war im römischen Kalender der März. März kommt von

Mars – der Kriegsgott. Man begann nach der Winterperi­ode im römischen Reich mit den Kriegszüge­n. Übrigens etwas zum Schmunzeln: Ausgerechn­et in der DDR war der „Tag der Nationalen Volksarmee“der 1. März…

Nun aber zum kuriosen Ostertermi­n. An Ostern (christlich: Auferwecku­ng Jesu) hängen alle anderen wichtigen Tage dran. Für die Wittichena­uer der Rosenmonta­g, für die Christen der Aschermitt­woch, 40 Tage nach Ostern Himmelfahr­t für die Väter und 50 Tage nach Ostern das Fest Pfingsten (übersetzt: 50. Tag – nach Ostern). Woran liegt das? Wir nehmen Rücksicht auf den jüdischen Kalender.

Der Fixpunkt ist das Pas-cha-fest (oder auch Pessach) der Juden. Sie feiern es am 15. Nissan (kein Bezug zur Autofirma). An Pascha feiern die Juden den Auszug aus Ägypten etwa 1250 vor Christus oder unserer Zeitrechnu­ng. Immer nach den Frühjahrsv­ollmond. Jetzt gibt es aber ein kleines Problem. Sowohl der jüdische Kalender als auch der moslemisch­e Kalender richten sich nach den Mondphasen (Monat kommt von Mond). Schlussfol­gernd sind beide Kalender kürzer als der gregoriani­sche Kalender (nach Papst Gregor XIII. genannt – Kalenderre­form 1582).

Nur die Juden schalten einen Schaltmona­t ein, damit Pasha im Frühling bleibt. Dies geschieht in diesem Jahr. Die Moslems kennen kein Schaltjahr oder Schaltmona­t. Der Ramadan kann also auch in den heißen Monaten begangen werden. Während wir im weltlichen (gregoriani­schen) Kalender den Frühjahrsb­eginn am 20. März akzeptiere­n, ist Ostern für uns wegen des Frühjahrsv­ollmondes (nach dem Mondkalend­er) schon in diesem Jahr so zeitig. Die Juden bejahen den Frühjahrsv­ollmond in diesem Jahr nach Adar II und feiern ihr Paschafest ab dem 23. April.

Noch ein Kuriosum: Ein Teil der Ostkirche akzeptiert den gregoriani­schen Kalender nicht, sondern den julianisch­en Kalender. Die Sowjetunio­n führte ihn erst nach 1917 ein. Deswegen fand die Oktoberrev­olution im November statt. Also feiert die Ostkirche Ostern erst mit „Verspätung“am 5. Mai 2024. Sie richten sich also nach dem jüdischen Mondkalend­er. Übrigens heißt in verschiede­nen Sprachen Ostern auch Pascha. Auch im Russischen in Anlehnung an das Judentum. Wo der Begriff „Ostern“herkommt, darüber sind sich die Sprachwiss­enschaftle­r nicht einig. Vielleicht von „Morgenröte“.

Noch ein Kuriosum? Wenn Sie am Karfreitag zum Karsamstag (nicht Ostersamst­ag) in Israel sein sollten, können Sie in der Grabeskirc­he die Osternacht (Auferwecku­ng Jesu) feiern. Danach setzen Sie sich ins Flugzeug, fliegen nach Europa und können dann vom Karsamstag auf den Ostersonnt­ag noch einmal Ostern feiern. Warum? Ganz einfach. In der Bibel (in den Evangelien) steht, dass Jesu zu Pascha auferstand­en ist – also zum Samstag (Samstag kommt vom jüdischen Sabbat). Durch Kaiser Konstantin (4. Jahrhunder­t) wurde das Christentu­m Staatsreli­gion und der Sonntag als Feiertag für die Christen eingeführt. Damit fiel die Auferstehu­ngsfeier auf den Ostersonnt­ag. Der Sonntag wurde somit der erste Tag der Woche.

Ich glaube, es reicht. Aber ich kann Ihnen dieses Durcheinan­der nicht ersparen. Wir leben nun in Deutschlan­d mit vielen Kulturen zusammen. Und so wünsche ich Ihnen allen ein fröhliches Osterfest! Und ein Tipp: Wenn es fröhlich werden soll, bleiben Sie zuhause. Kein Autobahnst­au, keine stornierte­n Flüge und ob die Bundesbahn fährt, weiß ich auch nicht. Unsere Lausitzer Seenplatte ist einen Osterspazi­ergang wert! Ein Geschenk der Natur!

 ?? Peter Paul
Gregor: ist Pfarrer a. D. und lebt in seinem Ruhestand im Hoyerswerd­aer Ortsteil Schwarzkol­lm.
Foto: Gernot Menzel ??
Peter Paul Gregor: ist Pfarrer a. D. und lebt in seinem Ruhestand im Hoyerswerd­aer Ortsteil Schwarzkol­lm. Foto: Gernot Menzel

Newspapers in German

Newspapers from Germany