Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Der kuriose Kalender
Noch heute bestimmen die Mondphasen einige Termine.
Weihnachten, Ostern, Pfingsten – Gott sei Dank, dass wir jene Hochfeste haben, sonst würden wir uns langweilen und geistig verarmen. Wobei mir Pfingsten am sympathtischsten ist. Strapazen frei und locker kann ich dieses Fest angehen, denn ich muss mir nicht den Kopf zerbrechen, welche Geschenke ich an wen zu vergeben habe. Aber es lohnt sich, sich einmal über unsere Feste ein paar lustige Gedanken zu machen.
Wenn ich Sie fragen würde, wann ist im Jahre 2030 Weihnachten, würden Sie mir „wie aus der Pistole geschossen“sagen: Ist doch klar. Wenn ich Sie fragen würde, wann ist Ostern oder Himmelfahrt oder Pfingsten 2030? Dann wüssten Sie es nicht. Ich auch nicht. Unser Kalender ist sehr kurios. Noch ein anderes Beispiel?
Warum schreiben Sie zur Weihnacht 25.12.2024, wenn der Dezember auf Deutsch eigentlich zehnter Monat oder der September siebter Monat heißen? Ganz einfach: Der erste Monat war im römischen Kalender der März. März kommt von
Mars – der Kriegsgott. Man begann nach der Winterperiode im römischen Reich mit den Kriegszügen. Übrigens etwas zum Schmunzeln: Ausgerechnet in der DDR war der „Tag der Nationalen Volksarmee“der 1. März…
Nun aber zum kuriosen Ostertermin. An Ostern (christlich: Auferweckung Jesu) hängen alle anderen wichtigen Tage dran. Für die Wittichenauer der Rosenmontag, für die Christen der Aschermittwoch, 40 Tage nach Ostern Himmelfahrt für die Väter und 50 Tage nach Ostern das Fest Pfingsten (übersetzt: 50. Tag – nach Ostern). Woran liegt das? Wir nehmen Rücksicht auf den jüdischen Kalender.
Der Fixpunkt ist das Pas-cha-fest (oder auch Pessach) der Juden. Sie feiern es am 15. Nissan (kein Bezug zur Autofirma). An Pascha feiern die Juden den Auszug aus Ägypten etwa 1250 vor Christus oder unserer Zeitrechnung. Immer nach den Frühjahrsvollmond. Jetzt gibt es aber ein kleines Problem. Sowohl der jüdische Kalender als auch der moslemische Kalender richten sich nach den Mondphasen (Monat kommt von Mond). Schlussfolgernd sind beide Kalender kürzer als der gregorianische Kalender (nach Papst Gregor XIII. genannt – Kalenderreform 1582).
Nur die Juden schalten einen Schaltmonat ein, damit Pasha im Frühling bleibt. Dies geschieht in diesem Jahr. Die Moslems kennen kein Schaltjahr oder Schaltmonat. Der Ramadan kann also auch in den heißen Monaten begangen werden. Während wir im weltlichen (gregorianischen) Kalender den Frühjahrsbeginn am 20. März akzeptieren, ist Ostern für uns wegen des Frühjahrsvollmondes (nach dem Mondkalender) schon in diesem Jahr so zeitig. Die Juden bejahen den Frühjahrsvollmond in diesem Jahr nach Adar II und feiern ihr Paschafest ab dem 23. April.
Noch ein Kuriosum: Ein Teil der Ostkirche akzeptiert den gregorianischen Kalender nicht, sondern den julianischen Kalender. Die Sowjetunion führte ihn erst nach 1917 ein. Deswegen fand die Oktoberrevolution im November statt. Also feiert die Ostkirche Ostern erst mit „Verspätung“am 5. Mai 2024. Sie richten sich also nach dem jüdischen Mondkalender. Übrigens heißt in verschiedenen Sprachen Ostern auch Pascha. Auch im Russischen in Anlehnung an das Judentum. Wo der Begriff „Ostern“herkommt, darüber sind sich die Sprachwissenschaftler nicht einig. Vielleicht von „Morgenröte“.
Noch ein Kuriosum? Wenn Sie am Karfreitag zum Karsamstag (nicht Ostersamstag) in Israel sein sollten, können Sie in der Grabeskirche die Osternacht (Auferweckung Jesu) feiern. Danach setzen Sie sich ins Flugzeug, fliegen nach Europa und können dann vom Karsamstag auf den Ostersonntag noch einmal Ostern feiern. Warum? Ganz einfach. In der Bibel (in den Evangelien) steht, dass Jesu zu Pascha auferstanden ist – also zum Samstag (Samstag kommt vom jüdischen Sabbat). Durch Kaiser Konstantin (4. Jahrhundert) wurde das Christentum Staatsreligion und der Sonntag als Feiertag für die Christen eingeführt. Damit fiel die Auferstehungsfeier auf den Ostersonntag. Der Sonntag wurde somit der erste Tag der Woche.
Ich glaube, es reicht. Aber ich kann Ihnen dieses Durcheinander nicht ersparen. Wir leben nun in Deutschland mit vielen Kulturen zusammen. Und so wünsche ich Ihnen allen ein fröhliches Osterfest! Und ein Tipp: Wenn es fröhlich werden soll, bleiben Sie zuhause. Kein Autobahnstau, keine stornierten Flüge und ob die Bundesbahn fährt, weiß ich auch nicht. Unsere Lausitzer Seenplatte ist einen Osterspaziergang wert! Ein Geschenk der Natur!