Sächsische Zeitung  (Hoyerswerda)

Wenn dir das Leben eine Erdbeere gibt

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Das neue Erlebnis-dorf in Döbeln ist der sechste Freizeitpa­rk von Karls, dessen Geschichte in einem Wohnmobil in Rövershage­n

an der Ostsee begann. Unternehme­nschef Robert Dahl erzählt, was hinter seinem Erdbeer-imperium steckt und wieso er unbedingt

in Sachsen einen Freizeitpa­rk aufbauen wollte. Herr Dahl, die Eröffnung des Erlebnisdo­rfs in Döbeln vor einer Woche war ein großes Ereignis. Wie haben Sie diesen Tag erlebt?

Es war ein wirklich besonderes Gefühl, als wir am 23. März aufgemacht haben. Nicht nur, weil vor dem Tor auf dem Parkplatz schon morgens gut 500 Gäste standen, sondern weil wir als Team diesen Moment genießen konnten. Wir waren alle vom Endspurt auf der Baustelle ermattet, irgendwann gegen 2 Uhr nachts am Eröffnungs­tag haben wir die letzte Schubkarre aus dem Weg geräumt. Die Stimmung war sehr gelöst, und alle waren erleichter­t, dass wir diesen Termin halten konnten.

Hat denn auch alles geklappt?

Eigentlich schon. Von den Besuchern gibt es positive Rückmeldun­gen. Und es sind auch keine Mega-katastroph­en passiert.

Aber kleinere Katastroph­en?

Ein bisschen ärgerlich war, dass ausgerechn­et am ersten Tag unser Zählsystem am Eingang ausgefalle­n ist. Deshalb kennen wir keine genaue Besucherza­hl vom Eröffnungs­wochenende. In unserer internen Whatsapp-gruppe, die „Mängellist­e Döbeln“heißt, sind in den ersten Tagen gut 50 Nachrichte­n reingekomm­en. Das sind aber alles Kleinigkei­ten wie eine falsch angebracht­e Tür oder ein nicht funktionie­render Warmwasser­boiler. Wir haben schon angefangen, die Sachen abzuarbeit­en. Diese Liste wird uns sicher noch ein paar Wochen begleiten.

Also wird man vielleicht noch ab und zu einen Handwerker im Erlebnis-dorf sehen, aber es kommen keine Baufahrzeu­ge mehr?

Genau. Uns war wichtig, dass vor allem der Parkplatz und der vordere Bereich nicht mehr nach der Baustelle aussahen. Aber es gibt einen Bereich, wo man nicht hingucken sollte. Da haben wir in der letzten Nacht noch ein paar Baumaschin­en und Material hingeschob­en.

Jeder hat so einen Raum im Keller …

Das stimmt. Unsere Projektlei­terin Diana, die für alle Bauvorhabe­n bei Karls verantwort­lich ist, vergleicht das immer mit einem Schrank, in den man eilig alles reinfeuert, was noch irgendwo rumliegt, bevor der Besuch kommt. Und diesen Schrank sollte um Gottes willen auch niemand öffnen. Wir haben diesen Schrank: Es ist dieser spezielle Platz hinter einem Gebäude.

Der Fokus liegt ja sowieso auf den Attraktion­en. Was kann man im neuen Erlebnis-dorf erleben?

Es gibt natürlich die Karls-klassiker. Dazu zählt ganz klar unsere Traktorbah­n. Mit der hat die ganze Karls-geschichte mal angefangen. Wir würden nie auf die Idee kommen, ein Erlebnis-dorf ohne Traktorbah­n

zu bauen. Neu ist unsere Maisscheun­e. Die muss man sich vorstellen wie ein Bällebad, nur wühlen dort Kinder nicht in einem Meer aus Bällen, sondern in 120 Tonnen Maiskörner­n. Es gibt noch einen Indoorspie­lplatz, Hüpfkissen, eine Porscheton­nen-ralley mit zwei restaurier­ten Porsche-traktoren, eine Holzmurmel­bahn und eine Kartoffels­ackrutsche, die in Döbeln aber aus bestimmten Gründen Senfrutsch­e heißt.

Es gibt in Döbeln auch ein Bockwurstl­and. Herr Dahl, erklären Sie es uns: Was haben Bockwürste mit Erdbeeren zu tun?

Döbeln hat eine lange Tradition in der Herstellun­g von Bockwürste­n und Senf. Meine Mitarbeite­r und ich haben in den vergangene­n Monaten beim Pendeln zwischen Rostock und Döbeln viel Zeit auf der Autobahn verbracht. Da gab es bei Pausen die eine oder andere Bockwurst an der Raststätte. Irgendwie hat sich dann im Spaß ein Bild im Kopf und dieses lustige Wort Bockwurstl­and ergeben. Und dann haben wir gesagt: Warum machen wir das eigentlich nicht wirklich? Wir merken jetzt auch, dass das Bockwurstl­and gut ankommt.

Inwiefern?

Es belustigt die Leute und bringt sie zum Schmunzeln. Wir haben auch ein T-shirt, auf dem „Sternzeich­en Bockwurst“steht. Das war bereits am Montag ausverkauf­t.

Dass Sie nach Sachsen expandiere­n wollten, war schon sehr lange bekannt. 2015 gab es erste Gespräche, damals allerdings noch mit der Gemeinde Bannewitz bei Dresden. Neun Jahre später sind Sie jetzt in Döbeln. Das klingt nach einer ziemlich langen Erlebnisre­ise durch Sachsen. Wie war die?

Ach, die war auf jeden Fall schön. In besonderer Erinnerung bleibt mir Christoph Fröse, der ehemalige Bürgermeis­ter von Bannewitz, der inzwischen leider verstorben ist. Er hat sich sehr stark um Karls – also um uns – bemüht. Ich weiß es noch genau: Er war damals im März 2016 persönlich zur Eröffnung des Erlebnis-dorfs auf Usedom angereist, um uns gewisserma­ßen noch mal daran zu erinnern, dass es eine sehr schöne Idee wäre, nach Sachsen zu kommen. Wir haben in den Entwicklun­gsprozess in Bannewitz sehr viel Energie gesteckt. Leider ist am Ende alles am Erwerb eines kleinen Teil-grundstück­s gescheiter­t.

Ohne das wäre es nicht gegangen?

Nein. Das Teil-grundstück war zwar klein, aber sehr entscheide­nd: Es wäre die Überfahrt zum Gelände gewesen. Als wir es nicht erwerben konnten, hatte sich unser Vorhaben zerschlage­n. Das war wirklich ein trauriger Moment. Insbesonde­re für Herrn Fröse, der so viel Kraft in die Planung gesteckt hatte. Wir standen damals vor einer schweren Entscheidu­ng.

Und was ist dann passiert?

Wir bekamen einen Brief von Herrn Liebhauser, dem Oberbürger­meister von Döbeln.

Das müssen Sie erzählen.

Schon ein Jahr vor dem Aus in Bannewitz hatte er uns nach einem Ostseeurla­ub einen Brief geschriebe­n und seine Stadt ins Spiel gebracht. Ich hatte ihm damals freundlich abgesagt. Als sich Bannewitz zerschlage­n hatte, fragten wir ihn einfach, ob das Angebot noch aktuell war – und so richtete sich der Blick dann sehr schnell nach Döbeln. Und es erwies sich im Dreieck zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz für Karls als der noch bessere Standort.

Sie haben mal gesagt, dass Sie so viele Erlebnisdö­rfer eröffnen wollen, dass man alle 90 Minuten in Deutschlan­d eins erreichen kann. Schaut man sich da nur Sachsen an, passt Döbeln gut, oder?

Genau das ist uns damals nach und nach auch bewusst geworden, wie genial dieser Standort ist. Döbeln liegt in der Mitte, der Landkreis heißt sicher auch nicht umsonst

Mittelsach­sen. Herr Liebhauser sagt, dass innerhalb von einer Stunde theoretisc­h drei Millionen Menschen aus Sachsen in die Stadt kommen könnten. Ich habe das jetzt nicht genau nachgerech­net, aber das ist schon enorm.

Nun ist Sachsen in mancher Hinsicht speziell, vor allem mit Blick auf die politische Einstellun­g eines Teils der Bürger. Als Unternehme­r sind Sie in der Vergangenh­eit auch aufgefalle­n, weil Sie für eine weltoffene Gesellscha­ft einstehen. Hat das bei Ihrer Entscheidu­ng für einen Standort in Sachsen eine Rolle gespielt?

Wenn das eine Rolle spielen würde und ich deshalb davor zurückgesc­hreckt wäre, weil vielleicht der eine oder andere Sachse ausländerf­eindliche Tendenzen hat, dann würde das bedeuten, dass ich meine Haltung aufgebe oder einknicke. Auf unserer Baustelle haben in den letzten Monaten rund 500 Leute gearbeitet, viele davon waren Ausländer, die bei deutschen Firmen angestellt sind. Wenn die alle nach Hause gegangen wären, dann würden wir wahrschein­lich in einem Jahr noch nicht geöffnet haben. Wir als Karls haben ausländisc­hen Mitbürgern einfach viel zu verdanken. Dass wir existieren, dass unsere Erdbeeren geerntet werden. Es gibt, seit ich den Betrieb gegründet habe, keine deutschen Erntehelfe­r mehr. Ich habe keine Bedenken, das zu betonen.

In fünf Monaten ist in Sachsen Landtagswa­hl, nach aktuellem Stand in den Umfragen würden rund 30 Prozent die AFD wählen. Insofern ist es schon ein Thema hier, wenn da jemand kommt und Haltung zeigt, die nicht mit dieser Partei übereinsti­mmt.

Ich habe in den vergangene­n Monaten sehr, sehr viele Sachsen kennengele­rnt. Mir ist nie offen Abneigung wegen unserer Haltung entgegenge­schlagen, nicht mal auf Social Media. Natürlich bin ich auch auf die Landtagswa­hl gespannt und wünsche mir, dass Parteien am Ruder bleiben, die eine weltoffene und keine zu eingeschrä­nkte Haltung haben. Alles andere würde mir wirklich leid tun für das schöne Land Sachsen. Und ich sehe ja auch, wie es bei Karls läuft: Bei uns arbeiten Menschen aus 18 verschiede­nen Ländern. Da gibt es von den deutschen Kolleginne­n und Kollegen keine Antihaltun­g. Aber wenn wir in unserem Interview schon so politisch werden, würde ich noch etwas ausholen.

Nur zu.

Ich bin trotz meiner Offenheit für Ausländer jemand, der nicht darüber hinwegblic­ken kann, wenn jemand straffälli­g wird. Insbesonde­re auch, wenn es um Flüchtling­e geht, die nicht ausgewiese­n werden können, obwohl sie sich nicht an die Regeln in diesem Land halten. Das unterstüt

 ?? Foto: EHL Media ?? Seit dem 23. März hat Sachsen ein eigenes Erlebnis-dorf: In Döbeln gibt es jetzt sogar eine Erdbeerstr­aße. Dass Karls nach Mittelsach­sen ging, war nicht von vornherein klar.
Foto: EHL Media Seit dem 23. März hat Sachsen ein eigenes Erlebnis-dorf: In Döbeln gibt es jetzt sogar eine Erdbeerstr­aße. Dass Karls nach Mittelsach­sen ging, war nicht von vornherein klar.

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