Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Der Lebensbaum der Stadt rechtfertigt den Abriss
Da ich den Initiator der Abriss-initiative aus alten Zeiten kenne, warf ich ihm meine Zustimmung in den Briefkasten. Ich bin zwar Bewohner des Stadtzentrums, kenne jedoch die Blöcke im WK I unter anderem mit ihren geräumigen Treppenhäusern. Aber in einem kapitalistischen Staat zählt unter anderem die Ökönomie zu den Grundwerten. Und wer soll die Kosten tragen, bis gegebenenfalls in zehn oder zwanzig Jahren eine neue Generation heranwächst? Der Leerstand in Hoyerswerda wird ja weiter steigen. Dieter Otto (besagter Initiator – d. Red.) und ich sind beide 85+ und in Kürze stehen auch unsere Wohnungen leer. Der Bezug der neuen Awo-wohnungen an der Heinrich-mann-straße wird zu einem neuen Leerstandsschub führen. Ein Blick auf den Lebensbaum der Stadt rechtfertigt den Abriss. Das Statistische Jahrbuch der DDR von 1988 weist für Hoyerswerda 67.867 Einwohner zum 31. Dezember 1987 aus – ohne Bröthen/michalken, Dörgenhausen, Knappenrode, Schwarzkollm und Zeißig. Am 31. Dezember 2023 hatte Hoyerswerda 31.788 Einwohner. Zieht man die 4.414 Menschen in den eingemeindeten Orten ab, bleiben 27.374 Einwohner – gegenüber 1987 ein Verlust von 40.493 oder knapp 60 Prozent. Im alten Staat bezeichnete man mich oft als Pessimist. Irrtum, ich bin Realist.
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