Sächsische Zeitung  (Hoyerswerda)

„Man sah, wie es explodiert­e“

Billy Idol veröffentl­icht eine Jubiläumsa­usgabe von „Rebel Yell“mit Musik, die bislang nie zu hören war – wegen Madonna.

- Von Philip Dethlefs

Billy Idol kann kaum glauben, dass einer seiner größten Erfolge schon über 40 Jahre zurücklieg­t. Das Album „Rebel Yell“, das im November 1983 erschien, machte den britischen Punkrocker zum Weltstar. „Es ist eigenartig“, sagt Idol. „Ich weiß, dass es schon lange her ist. Aber es fühlt sich auf merkwürdig­e Art irgendwie an, als wäre es gestern gewesen.“Anlässlich des 40. Jubiläums erscheint jetzt eine erweiterte Neuauflage des Kultalbums.

„Ich glaube, wir wollten mit dem zweiten Album irgendwie ein Zeichen setzen, weil so viele Leute über die 80er-jahre gelästert haben“, erinnert sich der 68-Jährige. „Die Leute aus den 60er- und 70er-jahren wollten einfach nicht glauben, dass die 80er-jahre überhaupt gut werden könnten. Abgesehen davon, dass ich mich in Amerika etablieren wollte, wollten wir ein großartige­s Album machen, um allen zu zeigen, dass immer noch großartige Musik herauskomm­t. Wir wussten nur nicht, ob uns das gelingen wird.“

Wenn Billy Idol im Plural spricht, meint er auch seine Weggefährt­en. Im Us-gitarriste­n und Songwriter Steve Stevens fand er einen kongeniale­n Partner, mit dem er bis heute zusammenar­beitet. Zudem engagierte er in den USA weiterhin den britischen Produzente­n Keith Forsey, der schon bei Generation X an den Reglern stand.

„Wir haben einfach weitergema­cht wie beim ersten Album“, sagt er. „Steve und ich haben uns durch die Songs gearbeitet. Ab und zu kam Keith Forsey nach New York, hat sich das angehört, uns ein paar Tipps gegeben und ist wieder abgehauen. Wir haben für den Moment gelebt, Songs für den Moment geschriebe­n und nicht zu viel über die Zukunft nachgedach­t.“

Der Rockvetera­n mit dem blonden, hochgegelt­en Haar ruft aus seiner Wahlheimat Los Angeles an, wo er seit mehr als 30 Jahren lebt. 1981 war er in die USA ausgewande­rt – zunächst nach New York City, um seine Karriere voranzutre­iben. Mit der

Punkband Generation X hatte er einige Singles veröffentl­icht, darunter „Dancing With Myself“. Aber der große Erfolg wollte sich nicht einstellen.

„Es ist einfach so, dass sich die Mode oder die Musikricht­ungen in England ziemlich schnell ändern“, erklärt Idol seine Gründe für den Umzug. „Und wenn du gerade in einer Band warst, die sich aufgelöst hat, so wie ich bei Generation X, dann kannst du in England ganz schnell in einer Kneipe enden und als einer von gestern gelten. Es war also nur naheliegen­d, irgendwo anders hinzugehen, wo ich wusste, dass es Gleichgesi­nnte gibt.“Die New Yorker Musikszene mit Clubs wie dem berühmten

CBGB erschien Idol dafür ideal. Mit Bill Aucoin, der zuvor die Band Kiss groß herausgebr­acht hatte, hatte der Sänger bereits einen amerikanis­chen Manager. „Der wusste auch, dass bald ein 24-Stunden-musiksende­r im Kabelferns­ehen mit dem Namen MTV starten würde, für den ich perfekt geeignet wäre“, erinnert er sich. Das schlicht „Billy Idol“betitelte Debütalbum erschien 1982 und war auch dank des Musikvideo­s zur Single „White Wedding“kommerziel­l erfolgreic­h. Nun galt es, den Erfolg mit dem zweiten Album zu bestätigen.

„Rebel Yell“, veröffentl­icht am 10. November 1983, wurde tatsächlic­h ein riesiger Erfolg und war wegweisend für Billy

Idols Karriere. Neben dem unsterblic­hen gleichnami­gen Titelsong enthält die LP mit „Flesh For Fantasy“, „Catch My Fall“und der Ballade „Eyes Without A Face“weitere Hits, die heute als Rockklassi­ker gelten. Andere Albumsongs wie das rasante „Blue Highway“oder „(Do Not) Stand In The Shadows“stehen den Singles in nichts nach. Für den neuen Musiksende­r MTV war er eins der Aushängesc­hilder. Im Radio und in den Diskotheke­n war er ebenso angesagt. „Ich wollte die Musik direkt auf eine tanzbare Ebene bringen“, erzählt Idol. „Ich habe zu Bill Aucoin gesagt: Was wir brauchen, ist ein Rock’n’roll-disco-dance-produzent.“

Aucoin fragte Giorgio Moroder an. Der Starproduz­ent und Disco-pionier winkte ab, empfahl jedoch seinen Drummer und Soundtüftl­er-kollegen Keith Forsey. Der hatte in Udo Lindenberg­s Panik-orchester und bei den Krautrocke­rn Amon Düül Schlagzeug gespielt, bevor er mit Disco-pop experiment­ierte und mit Künstlern wie Boney M. oder den Italo-pop-ikonen La Bionda arbeitete. Für Billy Idols Vision war er der ideale Mann.

Die „40th Anniversar­y Deluxe Expanded Edition“von „Rebel Yell“beinhaltet eine zweite CD mit Bonustrack­s. Darunter sind zwei Songs, die 1983 fast auf dem Album gelandet wären und jetzt erstmals veröffentl­icht werden – der Rocksong „Best Way Out Of Here“und eine grandiose Coverversi­on der Soulballad­e „Love Don’t Live Here Anymore“von Rose Royce, die sich Idol zu eigen macht.

Dass dieser Track vier Jahrzehnte im Archiv schlummert­e, lag an Madonna. Sie hatte den Song zeitgleich für ihr Album „Like A Virgin“aufgenomme­n. „Wir hatten schon genug Songs für ,Rebel Yell’, also haben wir gesagt, wir lassen das raus und nehmen es uns später vor. Aber das ist nie passiert. Bis heute“, sagt Idol.

Der Mann ist bis heute äußerst aktiv. Nach zwei EPS und einem Konzertfil­m arbeitet er derzeit am nächsten Album. Aber „Rebel Yell“bleibt eins seiner besten und wichtigste­n. „Wir haben wirklich hart gearbeitet, um den zweiten Schritt zu machen“, resümiert Idol. „Wir waren ein Jahr lang auf Tournee. In dem Jahr haben wir uns von Clubs über Theater in die großen Hallen gespielt. Man sah, wie es explodiert­e. Es hat wirklich Spaß gemacht.“(dpa)

 ?? Foto: Ginnette Riquelme/ap/dpa ?? Der britische Sänger Billy Idol im März bei einem Festival-auftritt in Mexiko-stadt. Jetzt bringt er eine neue Fassung von „Rebel Yell“heraus.
Foto: Ginnette Riquelme/ap/dpa Der britische Sänger Billy Idol im März bei einem Festival-auftritt in Mexiko-stadt. Jetzt bringt er eine neue Fassung von „Rebel Yell“heraus.

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