Sächsische Zeitung (Hoyerswerda)
Das plant die Bundeswehr in Bernsdorf
Deutschlands Streitkräfte wollen in Bernsdorf heimisch werden. Die Frage ist: Kommen wirklich so viele Soldaten von auswärts?
Eine zentrale Frage in Sachen Lausitz und Bundeswehr ist geklärt: die Standortfrage. Das Logistikbataillon 471 bekommt seine neue Heimat im Bernsdorfer Ortsteil Straßgräbchen – dort, wo vor mehr als drei Jahrzehnten auch die Nationale Volksarmee der DDR untergebracht gewesen ist. Die Landkreise Bautzen und Görlitz hatten beide um die Bundeswehr gebuhlt. Letztlich ist die Entscheidung pro Bautzen gefallen.
Nach der Standortfrage gehen jetzt bei Bund, Bundeswehr und im Freistaat Sachsen die Detailplanungen los. Bereits bekannt ist: Der Standort im Wald nahe dem Ortsteil Straßgräbchen soll für bis zu 800 Bedienstete ausgelegt sein, davon etwa 700 militärische Dienstposten. Die Frage ist: Bringt die Bundeswehr die alle in die Lausitz mit? Beim jüngsten Revierstammtisch in Straßgräbchen hatte Oberstleutnant Hendrik Türk in einem Nebensatz gesagt, die Bundeswehr brauche bei der Neuansiedlung auch „Leute aus der Lausitz“.
Hintergrund: Das Logistikbataillon 471 wird zurzeit schon an einem anderen Standort aufgestellt – knapp 500 Kilometer entfernt, in Osterheide in der Lüneburger Heide. Doch diesen Standort sollen die Soldatinnen und Soldaten nur als „Zwischenunterbringung“nutzen, wie ein Sprecher des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (IUD) betont.
Keine konkrete Zeitlinie
Die Frage ist nun: Wann wird der neue Standort in der Lausitz gebaut und wann wird er nutzbar sein? Darauf kann die Bundeswehr derzeit keine Antwort geben. Die Umsetzung sei „von vielen Faktoren abhängig“, heißt es auf TAGEBLATT-NACHFRAGE. „Konkrete Zeitlinien können zu einem so frühen Projektstand noch nicht genannt werden.“Das bedeutet auch: Das Logistikbataillon 471 wird zunächst in der Lüneburger Heide heimisch – und mit ihnen alle Angehörigen. Deren Kinder gehen dann dort in die Kitas und in die Schulen, Partner von Soldatinnen und Soldaten bemühen sich dort um einen Arbeitsplatz.
Was bedeutet es für Bernsdorf, wenn in ungewisser Zeit ein komplettes Bataillon aus einem gewohnten Umfeld wegziehen und 500 Kilometer entfernt wieder von neuem beginnen muss? Die Bundeswehr geht nach aktuellem Stand davon aus, dass das Bataillon 471 mit Fertigstellung von Kaserne, Übungsplatz und Schießanlage zumindest theoretisch komplett in die Oberlausitz umzieht. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr betont jedoch auch, dass derzeit nicht bewertet werden könne, ob ein Umzug für das komplette Personal umgesetzt wird. Aufgrund bestimmter Dienstzeitenden und Personalentwicklungsmaßnahmen sei das eher unwahrscheinlich, heißt es. Das bedeutet: Die Bundeswehr geht davon aus, dass intern wie extern Personal gesucht wird, wenn der Standort Bernsdorf / Straßgräbchen eingerichtet wird. Das könnte auch Lausitzern eine Möglichkeit eröffnen, bei den Streitkräften Arbeit zu bekommen.
Bis es so weit ist, hat die Bundeswehr nach eigenen Angaben noch jede Menge in der Lausitz zu erledigen, damit überhaupt im Wald von Straßgräbchen gebaut werden darf. Zunächst müsse die ausgesuchte Fläche rein rechtlich militärisch nutzbar werden. Dazu braucht es eine formelle Waldumwandlung ebenso wie den Bau sämtlicher Medien wie Wasser, Abwasser, Glasfaser und weiteren. Anschließend muss klar sein, welche Bedarfe die Streitkräfte überhaupt haben. Diese Summen müssen durch das Verteidigungsministerium und durch das Finanzministerium bestätigt und letztlich durch den Bundestag bereitgestellt werden. Wenn diese Fragen geklärt sind, werde die Bauverwaltung des Freistaats Sachsen mit Planung und Durchführung des Baus beauftragt, heißt es.
Auch der Bau selbst wird seine Zeit dauern. Oberstleutnant Hendrik Türk hatte jüngst beim Revierstammtisch am Standort von TDDK in Straßgräbchen betont, die Bundeswehr habe in den vergangenen Jahrzehnten eher Standorte geschlossen als neue entwickelt. Die Schaffung eines komplett neuen Standortes habe die Bundeswehr lange nicht mehr realisiert. In Straßgräbchen sagte Türk, die Bundeswehr benötige etwa 320 Hektar Fläche, dafür allein 40 bis 60 Hektar für die Kaserne.
Bahnanbindung wichtiger denn je
Durch die Ansiedlung der Streitkräfte in der Stadt Bernsdorf, dazu kommt auch noch der Neubau des österreichischen Wärmepumpenherstellers „IDM Energiesysteme Gmbh“im Industriegebiet Straßgräbchen, wird das Thema Infrastruktur und Bahnanbindung wichtiger denn je. Die Strecke von Dresden bis Kamenz und weiter über Straßgräbchen/bernsdorf und Wiednitz Richtung Hosena soll bis etwa 2036 bis 2040 elektrifiziert werden. Bernsdorfs Bürgermeister Harry Habel, Hoyerswerdas OB Torsten Ruban-zeh sowie Vertreter von TDDK sprechen sich jedoch für eine Zwischenlösung aus, die Bernsdorf möglichst schnell an die Bahnstrecke anschließt, die zurzeit in Kamenz endet.