Sächsische Zeitung  (Hoyerswerda)

Wer die Goebbels-villa bei Berlin geschenkt haben will

Die Ankündigun­g, den Nazi-bau von Goebbels am Bogensee kostenlos abzugeben, hat Finanzsena­tor Stefan Evers weltweit bekannt gemacht.

- Von Lorenz Maroldt

Der weltweit berühmtest­e Berliner Politiker dieser Tage? Nein, das ist nicht Kai Wegner, obwohl der in Tokio gerade ordentlich auf die Pauke gehauen hat. Klaus Wowereit ist längst vergessen. Und selbst von Olaf Scholz ist internatio­nal derzeit nicht annähernd so oft zu lesen, zu hören und zu sehen wie von… Stefan Evers! Der Finanzsena­tor und stellvertr­etende Bürgermeis­ter bricht gerade alle Rekorde, und das gelang ihm mit einer Bemerkung zur Goebbels-villa am Bogensee in Wandlitz. „Ich biete jedem an, der das Gelände übernehmen möchte, es geschenkt vom Land Berlin zu übernehmen“, hatte der Cdu-politiker im Abgeordnet­enhaus eher beiläufig und auch nicht zum ersten Mal verkündet.

Der Landsitz, in dem der Propaganda­minister seine Geliebten empfing, steht leer, eine Sanierung würde mindestens 350 Millionen Euro kosten. Allein für den Unterhalt zahlt der Senat jährlich mehrere Hunderttau­send Euro. Aber kaum war das Angebot ausgesproc­hen, verbreitet­e es sich auch schon rund um den Globus.

„Sex and Hitler sells best“

Die New York Times bat Evers um ein Interview, Al Jazeera kündigte ein Kamerateam an. Es erschienen lange Geschichte­n im Guardian und in der Sun, in der Washington Post, in der Times of India, in der Jerusalem Post. Auch TV- und Radiosende­rn weltweit war die Nazi-villa eine Story oder eine Nachricht wert. Ob in der Türkei, in Bolivien, in Kanada oder in China: Überall kam Ever’s Geschenk bestens an, getreu dem bekannten Journalist­enmotto: Sex sells, Hitler sells better, but sex and Hitler sells best.

Die Folge dieser Aufmerksam­keitswelle bekommt vor allem Evers‘ Büro zu spüren: Andauernd, erfuhr der Tagesspieg­el, melden sich per Telefon und Mail Interessen­ten, die gerne die Nazi-villa geschenkt haben möchten. Etwa dieser Herr hier: „I have seen on the news that you want to give away Joseph Goebbel’s house. I’m very interested

Patrick Pleul/dpa because I have no relations with this. I would love to have a house in Germany.“

Einige Bewerber unterbreit­eten auch gleich ihre Nutzungsid­een: „Ich habe gerade erfahren, dass die Villa in Wandlitz verschenkt werden soll. Was halten Sie davon, einen kleinen Campingpla­tz entstehen zu lassen, eventuell mit Tiny Häuser??“

Nur Angebote von Immobilien­profis waren nicht darunter: „Kein privater Projektent­wickler und kein Bauträger wäre so wahnsinnig, sich dieses Gelände ans Bein zu binden“, sagt Anette Mischler von der Groth-gruppe. Und auch der Bund will die Villa nicht haben, allenfalls an einem Ideenwettb­ewerb würde sich das Bauministe­rium beteiligen – aber es fehlt ja nicht an Ideen, sondern an Geld.

Dennoch brachte die wachsende Aufregung um das vermeintli­ch großzügige Geschenk für Evers ganz persönlich auch etwas Ratsames hervor – ein Mediziner schrieb ihm: „Sehr geehrter Herr Bürgermeis­ter, in dem Bericht über die Goebbelsvi­lla sind Sie mehrmals zu sehen. Als Arzt fiel mir bei Ihnen die Hautveränd­erung an der linken Geheimrats­ecke auf. Bitte lassen Sie diese bei einem Hautfachar­zt überprüfen.“

Queen Camilla (76) hat als Mädchen von einem Leben am Hof des französisc­hen Königs Ludwig XIV. geträumt. „Ich kann mich an ein Buch mit dem Titel „Angélique“erinnern, das von einer Frau namens Anne Golon geschriebe­n wurde und in dem es um diese schöne Französin geht, die eine Reihe völlig verrückter Abenteuer erlebt“, erzählte sie dem Bücher-podcast „The Queen’s Reading Room“.

Die Romanheldi­n sei am Hofe des Sonnenköni­gs gelandet. „Ich glaube, ich war ungefähr elf oder zwölf Jahre alt. Es war unglaublic­h aufregend“, sagte die Ehefrau von König Charles III.. „Wir alle wollten wie sie aussehen. Sie war wunderschö­n. Ich erinnere mich, dass es grüne Augen waren und dieses lange goldene Haar.“Das sei nach ihrer Erinnerung die erste Lektüre für Erwachsene gewesen, die sie gelesen habe, sagte sie. (dpa)

 ?? ?? Blick auf den ehemaligen Landsitz von Ns-propaganda­minister Goebbels auf dem Gelände der früheren Fdj-hochschule (Jugendhoch­schule) am Bogensee nahe Wandlitz.
Blick auf den ehemaligen Landsitz von Ns-propaganda­minister Goebbels auf dem Gelände der früheren Fdj-hochschule (Jugendhoch­schule) am Bogensee nahe Wandlitz.
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